Kommentar: Expertentagung Verlagsrecht 2015 in der Filterbubble?
Natürlich kann man davon ausgehen, dass das eine buchbrancheninterne Veranstaltung ist und allein das führt bereits zu einer eingeschränkten Sicht. Dem Thema »massenhafte Urheberrechtsverletzungen im Web« dürfte sich wahrscheinlich wie üblich genähert werden: kundenfeindliche DRM-Maßnahmen sind das A und O.
Warum ich persönlich die Veranstaltung nicht ernst nehmen kann und worüber ich laut gelacht habe ist allerdings die folgende Aussage im Artikel, die eine Ankündigung der Veranstalter wieder gibt:
Das Urheber- und Verlagsrecht wird seit Jahren in beachtlicher Geschwindigkeit an Digitalisierung und Online-Nutzungen angepasst
Wer angesichts dieses Satzes nicht in schallendes Gelächter aubricht, der lebt meiner unmaßgeblichen Meinung nach in einer Filterbubble oder sogar in einer äußerst subjektiven Wahrnehmung. Denn tatsächlich hinkt gerade die Gesetzgebung in Sachen Urheberrecht fast allen Fällen, die mit dem Web zu tun haben, der Realität Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinterher. Dank intensiver Lobbyarbeit ändert die Politik Gesetze sogar nach wie vor zu Ungunsten der Bürger und entgegen allem gesunden Menschenverstand. Über die fossile Buchpreisbindung gerade auf eBooks noch gar nicht gesprochen.
Wer angesichts dessen den obigen Satz absondert, dass die Gesetze »in beachtlicher Geschwindigkeit« angepasst werden, hat entweder massive Realitätsverluste oder äußert diese falsche Aussage vielleicht sogar vorsätzlich. Woher die Veranstalter kommen, zeigt sich ja allein daran, dass auch hier offfenbar überlegt werden soll, wie man Textsnippets (»Textausschnitte«) schützen und damit das Zitatrecht umgehen kann. Soll hier etwa ein Leistungsschutzrecht ähnlich dem für Verleger geschaffen werden?
Sieht man sich an, wer organisiert und wer Vorträge hält: nahezu ausschließlich Rechtsanwälte oder selbsternannte Hilfssheriffs wie die »Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen« (GVU), dann wundert einen eigentlich nichts mehr …
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Bild »iPad mit @« von mir, CC BY-NC-SA