Ich muss mich doch mal aus dem Urlaub melden … Die Veranstalter der Gamescom, die in der übernächsten Woche in Köln stattfindet, haben in der Cosplayer-Szene für einigen Aufruhr gesorgt, denn offenbar aufgrund der Anschläge der letzten Wochen wurden erst jetzt, kurz vor der Veranstaltung Regeln aufgestellt, die Cosplayern das Mitbringen von Waffenattrappen untersagen. Und nicht nur das, dasselbe gilt auch für »waffenähnliche« Gegenstände, ohne dass das weiter ausformuliert wurde, also völlig intransparente Gummianweisungen, mit denen sich vermutlich nach Gutsherrenart alles verbieten lässt.
Besonders pikant war die Antwort auf die Anfrage eine Cosplayerin, die ein Plüschtier und einen Styroporvogel mitbringen wollte und der man antwortete:
Bedauerlicherweise sehen wir uns gezwungen, die Definition »Waffe« sehr hart zu interpretieren. Dies bedeutet, dass alle von Dir aufgelisteten Gegenstände nicht zugelassen sind.
Ein Plüschtier ist eine Waffe? Das hielt ich für äußerst grotesk und fragte deswegen nach:
Sehr geehrte Frau xxxxx,
Da ich die in meinen Augen überzogen paranoide Herangehensweise der Kölnmesse in einem Artikel thematisieren werde, bitte ich um Stellungnahme zu dem als Screenshot angehängten Fall, in dem Sie einer Cosplayerin untersagen wollen, einen Gehstock aus Pappe, sowie einen Plüsch- und einen Styroporvogel mitzubringen.
Warum wird das untersagt? Handelt es sich bei Plüschtieren oder Styroporvögeln Ihrer Ansicht nach um »waffenähnliche Gegenstände«? Falls ja, bitte ich um eine Begründung. Falls nein, bitte ich um eine Begründung für das Verbot. Sind Sie nicht der Ansicht, hier vollkommen überzogen und unverhältnismäßig zu agieren?
Für Informationen bedanke ich mich im voraus. Ich weise darauf hin, dass eine Antwort in einem Artikel zitiert werden wird. Ebenso das Ausbleiben einer solchen.—
Mit freundlichem Gruß,
Stefan Holzhauer
PhantaNews.de
Phantastische Nachrichten
Eine Antwort kam heute, die ist so kurz wie aussagearm:
Hallo Herr Holzhauer,
bitte entschuldigen Sie die Formulierung der Antwort, die in diesem Fall leider nicht ausreichend differenziert war. Plüschtiere und auch Styroporvögel sind keine waffenähnliche Gegenstände und daher als Kostümbestandteile zulässig.
Gruß,
xxxx
Aha. Na das ist doch schon einmal was. Ein Plüschtier ist also keine Waffe. Bahnbrechend. Man muss sich jetzt fragen, wie es dann zu dieser kompletten Falschaussage kommen konnte? Nachlässigkeit? Sind den Mitarbeitern der Kölnmesse diese »Cosplay-Spinner« völlig egal und man kann nach Belieben mit ihnen umspringen? Und: Natürlich bleiben dadurch die Bedingungen für Cosplayer weiterhin völlig intransparent, deswegen habe ich noch eine weitere Frage hinterhergeschickt:
Sehr geehrte Frau xxxx,
wird das auch öffentlich gemacht? Die Cosplayerszene ergeht sich seit gestern in erheblich kritischen Äußerungen und intensiver Diskussion über das Verhalten der Gamescom-Veranstalter und die völlig unklaren Bedingungen hinsichtlich erlaubter Gegenstände. Werden Sie diese noch deutlicher formulieren, damit die Cosplayer eine höhere Sicherheit bekommen, nicht am Eingang abgewiesen zu werden, oder Gegenstände konfisziert zu bekommen? Was ist mit Personen, die keine Kenntnis von den »Regeln« erlangen konnten? Werden die eingezogenen Gegenstände solcher Personen gekennzeichnet, gesammelt und nach Besuchsende zurückgegeben? Oder werden inkriminierte Gegenstände vernichtet? Werden solche Personen trotz gültiger Eintrittskarte abgewiesen, wenn sie mit einer Vernichtung ihres Besitzes nicht einverstanden sind? Wie sind also die konkreten Bedingungen?
Für weitere Informationen bedanke ich mich im voraus.
Wenn sich nun Cosplayer entscheiden, aufgrund der in meinen Augen völlig überzogenen Regeln nicht zur Gamescom zu fahren, dann ist das für die Kölnmesse keinerlei Verlust, denn schließlich sind alle Karten seit Wochen ausverkauft und die Veranstalter haben das Geld bereits. Wenn jemand nicht kommt, weil er oder sie mit den kurzfristig unilateral eingeführen Regeln nicht einverstanden ist, kann das der Kölnmesse also völlig egal sein.
Aber: Es wurde die Ansicht geäußert, dass sich die Vertragsbedingungen für den Kartenkauf durch diese Änderungen der AGB ebenfalls geändert haben, denn die neuen Regeln sind ja nicht optional, sondern bindend und werden damit Teil des Vertrags. Eine solche einseitige, nachträgliche Vertragsänderung ist so aber nicht zulässig, deswegen kann man auch meiner Ansicht nach vom Kauf zurücktreten.
(Update: Nachträgliche einseitige Vertragsänderungen sind laut deutschem Recht nicht zulässig. Und auch eine Klausel in AGB, dass diese sich einseitig ändern können, ohne dass der Vertragspartner zustimmen muss, ist laut BGH nicht zulässig: Urteil vom 11.10.2007, Az. III ZR 63/07)
Wer also jetzt aufgrund der neuen »Regeln« nicht mehr auf die Gamescom fahren möchte (und das gilt nicht nur für Cosplayer), sollte von den Veranstaltern aufgrund einseitig und unerwartet geänderter AGB sein Geld zurückverlangen. Kontaktmöglichkeiten findet man auf der gamescom-Webseite.
Insgesamt hate ich die Sicherheitsvorgaben der Kölnmesse für unverhältnismäßig. Wenn wir uns von Terroristen das Leben einschränken und den Spaß verderben lassen, haben die Terroristen gewonnen, auch ohne dass sie Anschläge verüben. Und wenn sich aufgrund der Taschen- und Latexwaffenkontrollen lange Schlangen bilden, wäre es für einen Irren ein leichtes, einen Anschlag auf eben diese Wartenden zu verüben. Das Sicherheitskonzept erscheint mir in der vorliegenden Form sehr unausgegoren und in jeder Hinsicht zu ungunsten der Besucher schnell zusammengezimmert.
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