Ich kann meine Frage von gestern nur wiederholen: habt ihr sie noch alle?
Unter anderem die Anbieter von Adblock Plus haben Vorschläge gemacht, wie es möglich wäre Werbung zu zertifizieren, damit sie nicht nervig ist und somit eine Positivwertung bekommen könnte – und dann angezeigt wird. Diese Vorschläge wurden von den Werbetreibenden aber bisher fast komplett ignoriert. Merkt ihr, woher der Wind weht? Die wollen zwar, dass wir die Adblocker ausschalten (oder die hosts-Datei leeren), aber für weniger aufdringliche Werbung wollen sie nicht sorgen, lehnen eine solche Idee wie Adblock Plus´ Acceptable Ads sogar als weltfremd ab. Ein Statement der Adblock Plus-Macher spricht eine deutliche und weitestgehend korrekte Sprache:
Die Online-Werbeindustrie ist aber leider zu einem großen Teil noch nicht innovationsfreundlich genug, um sich auf Alternativen zu blinkenden Bannern einzulassen. Der Grund ist, dass viele das Internet nicht verstanden haben und einfach das Konzept der TV-Werbung (maximale Aufmerksamkeit erzeugen) kopieren. Das Internet aber ist ein demokratisches Medium: Nutzer lassen sich hier nichts aufzwingen und User können mit Hilfe von Tools wie Adblock Plus selbst entscheiden, wann und welche Art von Werbung sie bereit sind zu akzeptieren.
Ich bleibe dabei: mein Adblocker bleibt an.
Allerdings denke ich aufgrund dieser arroganten Aktion der »Großen« und der Leistungsschutzeinforderer darüber nach, diese Handhabung für kleine und kleinste Webseiten, die mit viel Herzblut und Enthusiasmus gemacht werden, und die mir keinen Werbeoverkill aufnötigen, zu lockern und den Blocker dort zu deaktivieren.
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Der nächste Schritt ist ein Gesetzesvorschlag.
Das Werbebannerpopup-Schutzrecht. Oder so…
Ich kann mich noch gut an die Zeit Ende der Neunziger erinnern als Powerpoint mit viel Bling-Bling hipp waren und man die Suchmaschine von Yahoo benutzte. Tja, der Suchmaschine von Yahoo hat ein Übermaß an Werbung das Genick gebrochen und die Grundregeln für Powerpoint besagen heute, ruhig, gedeckte Farben, wenige Schlagworte. Von Tagging und Cookies möchte ich gar nicht erst reden. Übrigens, wer eine gute Suchmaschine mit wenig Werbung sucht, die keine Userdaten sammelt und ausgezeichnete Suchergebnisse liefert, der sollte mal http://www.duckduckgo.com testen.
auf manchen Blogs gibt es sogar Drohnen, die was von 60% Adblocker-Benutzern faseln und damit Stimmung machen wollen.
Frau Meike hat das schon richtig formuliert: zuerst bekommt man den Inhalt kostenlos und ungefragt vorgesetzt, und hinterher wird gejammert? Au weia.
Es bleibt jedem unbenommen, einen Adblocker zu nutzen. Das Internet ist ja »demokratisch«. Deshalb ist es auch genauso »demokratisch«, wenn irgendwann bestimmte Newsportale einfach ihren Dienst einstellen, wenn er sich nicht mehr lohnt, vulgo rechnet. Ah, schon klar, das ist neoliberalistischer Scheiss, aber das Internet ist halt nunmal nicht nur Ponyhof. Und der Verbraucher gibt einen Scheiss auf Paid Content, der dann werbefrei wäre. Das ist ihm einfach nix wert.
Dass wir uns richtig verstehen: ich bin in der Werbung und ich habe schon ne Menge Werbebanner verbrochen. Ich verdiene mein Geld auch damit. Allerdings sehe ich keine TV-Sender mit Werbung (Da zahl ich lieber im Monat einen Obolus für werbefreies Schauen) oder nehme die Dinger mit dem Mac auf um die Werbung dann zu eliminieren. Warum? Weil mir persönlich die TV-Werbung zu blöde und die Bannerwerbung zu invasiv ist (Layer, Banderole etc) und ich meine Kunden immer (leider völlig für die Katz) davon abzuhalten versuche eine solche Kacke dem Konsumenten anzutun. Da müssen erst die Klickraten ins Nirvana gehen, bevor Kunden verstehen, dass das halt nicht so wie in den Zeitschriften ist. ABER: Tatsache ist, dass man eben auch ein Angebot serviert bekommt, das DURCH die Banner (mit-)finanziert wird. Man sollte also durchaus auch die andere Seite sehen.
Ich sehe die andere Seite. Adblocker sind purer Selbstschutz. Wenn Werbung nicht nervend und ressourcenfressend wäre, gäbe es auch keine Adblocker. Es soll sogar Werbung geben, die so gut gemacht ist, dass man sie freiwillig teilt, siehe neulich Quinto und Nimoy. So etwas will sich nicht jeder leisten und die meisten Werbenden haben noch nicht begriffen, dass nervende Werbung gerade im Netz kontraproduktiv ist.
Das ist doch ein Streit um des Kaisers Bart. Insbesondere solange die Werbetreibenden keinerlei Einsicht zu zeigen bereit sind und nur vom Nutzer das Abschalten des Adblockers einfordern. Sogar mit der offensichtlichen Lüge »bei uns ist die Werbung ja gar nicht so schlimm«. Entweder haben die einen mittelschweren Sockenschuss, oder sie wissen selbst gar nicht, was da wie auf ihren Seiten eingeblendet wird.
ich würde sogar für ordentliche Berichterstattung ohne Werbegenerve zahlen, aber solange die Totholzbedrucker im Netz einfach dieselben Scheißhausparolen der Parteien verbreiten wie in ihren Papierausgaben, werde ich dafür keinen Cent ausgeben.
Naja, das ist schon richtig – der Streit um des Kaisers Bart. Es geht aber immer die Mär rum, dass bei echtem »Qualitätsjournalismus« die Leute bereit wären, für Content zu bezahlen. Ich verrate dir was: sind sie nicht – bzw. es sind viel zu wenige, und deshalb beisst sich die Katze in den Schwanz. Das Internet als lukrative Plattform für die Werbetreibenden – das ist eine Mär, die uns die Horizonts und W&Vs dieser Welt gerne weiß machen wollen, aber es bleibt eine Mär. Natürlich nehmen die Spendings zu, und eine Menge Unternehmen versuchen (fast drollig anmutend) über Soziale Netze wie twitter und Facebook zu kompensieren. Aber echt: wie wollen die da was »kompensieren« wenn sie schon die Bannerwerbung nie richtig verstanden haben. Shitstorm anyone?
Nein. Die wirkliche Problematik liegt in der Orientierungslosigkeit einer ganzen Branche – den Medien (gefangen im Gestern), den Werbetreibenden (wohin mit dem Euro, damit er sich LOHNT?) und den Konsumenten, die zwar alles haben möchten (werbefreie Newsseiten mit Qualitätsjournalismus) aber die Konsequenzen nicht ziehen wollen (Paid Content). Dabei ist es unerheblich, was vorher da war: der miese, unterbezahlte Kommentarjournalismus von linksliberalen Praktikanten oder das unterirdische Niveau der »Qualitätsmedien« im Netz, das dazu führte. Und ja, es sind Scheißhausparolen, die auf den grossen Sites kolportiert werden, SPON, ZEIT etc. – zum Teil mit sehr bedenklichen antidemokratischen Auswüchsen (siehe brutale Zensur bei der Zeit, bei Haltungen, die nicht zum politischen Diskurs der Plattform passen). Ich persönlich bin in diesem Falle ziemlich ratlos geworden, denn was soll ich meinen Kunden raten? Und vor allem – soll ich ihnen weiter »Sand in die Augen streuen«, dass das Banner eine grandiose Idee ist?
Die Zeitungen haben sich bei mir allerspätestens durch ihre Berichterstattung zum Leistungsschutzrecht als nicht mehr glaubwürdig disqualifiziert. ich sehe keinen Grund, warum ich für Medien zahlen sollte, die die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit verdrehen, nur weil es ihnen in den Kram passt. Bei anderen Themen ist das nicht anders, weil man offenbar keinem Politiker mehr ans Bein pinkeln möchte – und der Wirtschaft schon gar nicht.
Warum sollte ich für so etwas zahlen wollen?
Ich glaube, dass Paid Content durchaus funktionieren kann, wenn der Inhalt, wenn das Gebotene stimmt. Ich kauf mir ja auch immer noch treu und brav alle zwei Wochen meine c’t und hin und wieder mal die IX. Oder jede Woche den Perry Rhodan.
Ein Grundproblem ist, dass zahllose Publikationen um die Lesergunst buhlen. Im Zeitungsbereich ist das ein Relikt aus Vor-Internet-Zeiten, als jede Hundehütte auf dem Dorf ihre eigene Zeitung rausgebracht hat. Heute ist das nicht mehr nötig und deswegen wird (nein: muss!) dieser Markt sich konsolidieren. Sprich: es werden haufwenweise Zeitungen wegsterben. Das macht aber auch gar nichts, denn sie copy&pasten alle ohnehin nur noch die DPA. Auch dafür werde ich sicher nichts bezahlen.
Im Internet ist das Problem, dass jeder eine Webseite aufmacht und dann auch noch meint, damit Geld verdienen zu müssen, obwohl es schon ca. zehn Millionen Seiten gibt, die dasselbe Thema beackern. (wie ich hier, aber diese Seite ist explizit unkommerziell, über die Amazon-Partnerlinks brauche ich ein halbes Jahr, bis die 25 Euro Mindestauszahlung zusammen sind).
Wenn diese Branche endlich mal wieder damit anfangen würde, Qualität zu liefern, würde auch die Bereitschaft wieder steigen, Geld für die Dienstleistung auszugeben. In der vorliegenden Form ist mir das keinen Pfifferling wert, egal, ob auf Papier, im Browser oder auf dem Tablet. Und ich weiß, dass das vielen anderen genauso geht.