Es ging vor Kurzem durch die Presse: Zum Auftakt des 3. Internationalen Mediendialogs in Hamburg jammerten führende deutsche Verlage in Richtung Politik und legten eine Resolution gegen den Diebstahl geistigen Eigentums im Internet vor. Jammern auf hohem Niveau und fast vollständig ohne sachlich zu begründende Hintergründe, denn tatsächlich gibt es kaum nennenswerte Zahlen an Raubkopien von Büchern im Netz. Tatsächlich geht es hier wieder einmal hauptsächlich um die übliche und von Rechteverwertern bekannte Pfründesicherung und Lobbyarbeit. Ich prophezeihe mal, dass die Verlage mit ihrer konservativen Herangehensweise in Sachen Web und elektronische Medien ebenso scheitern werden wie die Musik- und Filmindustrie seit Jahren scheitern.
Bezeichnend ist auch, dass es wohl hauptsächlich um die Rechte der Verwerter geht und nicht um die der Autoren, denn wer schonmal Literatur veröffentlicht hat, kennt die Knebelverträge und die lächerlichen Ausschüttungen an Urheber.
Die Geldscheffelmaschine wurde mit völlig überteuerten Ebooks bereits angeworfen. Dass die aufgrund ihres unverschämten Preises keiner kauft, lässt man selbstverständlich nicht gelten.
Groß auch die Ähnlichkeit zum Gewimmer von Musikmogul Gorny, der die abgesagte Popkomm mit Raubkopien begründet. Lächerlicher geht’s kaum noch. Haben sich etwa die Hersteller von Faxgeräten an die Politik gewandt, als immer mehr Emails geschrieben wurden und ihr Geschäftsmodell den Bach runter ging? Mit welchem Recht dürfen dann Verlage über technischen Fortschritt, mit dem sie nicht Schritt halten können, heulen?
Der Themenkomplex geht aber noch weiter: Mit Sorge betrachtet man die entstandene Kultur an Blogs und Bürgerjournalismus im Internet, die massiv an den Absatzzahlen der Printmagazine und Tageszeitungen knapsen. Es wird gern die Worthülse »Qualitätsjournalismus« verwendet, die man auf die eigenen Produkte bezieht. Wer Tageszeitungen und Magazine verfolgt, der weiss genau, was davon zu halten ist: Leider allzu oft nicht viel. Zahllose falsch recherchierte oder schlichtweg inhaltlich falsche Artikel in diversen Mainstream-Publikationen sprechen eine deutliche Sprache. Von Inhalten, die an allen Zielgruppen vorbei gehen, wollen wir hier erst gar nicht reden.
Auch hier gibt es tatsächlich Bestrebungen, mit Hilfe der Politik solch lästerliches Tun, wie das Betreiben eines Blogs oder einer Bürgerjournalismus-Seite unterbinden zu wollen – natürlich nur im Interesse aller: Gesetze sind vielleicht sogar schon in Arbeit, man begutachte diesen Telepolis-Artikel. Auszug:
So durfte beispielsweise der Literaturwissenschaftler Roland Reuß, der auch Leiter des Editionsprojekts »Historisch-Kritische-Franz-Kafka-Ausgabe« ist (und der es angeblich nie verwunden hat, dass Zweitausendeins »den ganzen Kafka für eine Packung Kaffee« veröffentlichen durfte), im FAZ-Text »Unsere Kultur ist in Gefahr« seine Zensurforderung gegen Blogs und News-Aggregatoren allen Ernstes mit dem Schutz der Pressefreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes begründen und dazu noch ungestraft einen Nazivergleich anbringen.
Tja, dann lest uns, solange es uns noch gibt. Nach dem Zensurgesetz halte ich die gesetzliche Unterstützung derartiger Lobby-Auswüchse nicht mehr für abwegig…