Warner Music, Copyright-Trolle und Lobbyhuren
Ich habe auf Youtube seit 2013 ein Video von der Intermodellbau, das Miniatur-Dampfmaschinen zeigt. Hinterlegt hatte ich den Clip mit Ragtime-Musik aus der Public Domain-Sammlung von freemusicarchive.org. Die verwendeten Dateien sind Originalaufnahmen aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts (ungefähr 1900 bis 1916) und selbstverständlich sind alle Urheber schon so lange tot, dass sämtliche Rechte erloschen sind.
Das hindert natürlich die Algorithmen der Copyright-Trolle nicht daran, die bekannteren der verwendeten Musikstücke als geklaut zu flaggen, insbesondere Gershwins Chinese Blues oder Scott Joplins Maple Leaf Rag (aus dem Jahr 1899!). An sich schon eine Unverschämtheit (insbesondere da im Abspann des Video die Quellen eindeutig genannt sind, das hat allerdings logischerweise weder die Automatismen von Warner noch die von Youtube gejuckt), aber normalerweise sollte ein Claim damit aus der Welt sein, dass man Youtube die Quelle nennt. Im Falle von Koch Media war das auch so (da hat sich das offenbar tatsächlich jemand angesehen), aber Warner Music trieb das Spiel bei George Gershwin auf die Spitze, indem mein Einspruch als nicht valide abgeschmettert wurde. Da blieb mir schon die Spucke weg, denn offensichtlich hatte sich das beim Musikmulti niemand inhaltlich angesehen – denn dann wäre sofort klar gewesen, dass das alles kompletter Bullshit ist.
Wenn man dann nochmal widersprechen möchte, weist Youtube einen dann auch mit dramatischen Worten darauf hin, dass ein weiterer Einspruch drastische rechtliche Konsequenzen haben kann, es wird also eine Drohkulisse aufgebaut, die möglicherweise Ängstlichere dazu verführen kann, ihre Ansprüche aufzugeben und den Copyright-Trollen von Warner und Co. das Feld zu überlassen. Nicht mit mir, also noch einen Einspruch eingereicht und nochmal dieselben Hinweise wie beim ersten hinterlassen.
Dann passierte lange nichts und nach 30 Tagen kam die Meldung von Youtube, dass bei Warner niemand auf den Einspruch reagiert habe und der Fall nun geschlossen sei. Neues von Captain Obvious, denn selbst wenn sich das irgendein Erfüllungsgehilfe bei Warner angesehen haben sollte, was ich nicht glaube, wäre sofort klar gewesen, dass der Claim, der sofort dazu führte, dass sämtliche Monetarisierung des Videos sofort an Warner geht, völlig für die Füße ist.
Verdammte Copyright-Trolle. Ich habe kurz darüber nachgedacht, Warner Music Deutschland wegen Betrugs anzuzeigen, habe es dann aber gelassen, weil ich mir das daraus resultierende Generve nicht antun wollte, und weil vermutlich eh niemand ermittelt hätte, da die Einnahmen aus der Video-Monetarisierung schlichtweg Peanuts sind.
Wie dumm die von Contentmafia (Musik, Film, egal) verwendeten Verfahren tatsächlich daher kommen, zeigt der Bericht darüber, dass sie ihre eigenen Seiten oder sogar Shopseiten Amazons, auf denen sie selbst ihre Filme verkaufen, als Urheberrechtsverstöße bei Google melden. Man darf an dieser Stelle darüber spekulieren, wieviele völlig legale Google-Suchergebnisse aufgrund unberechtigter Ansprüche seitens irgendwelcher Rechteinhaber-Vollidioten gesperrt werden.
Auch hier gehört das Urheberrecht dringend zugunsten der Urheber und Nutzer reformiert, damit nicht Copyright-Trolle in großen Massen Claims ins Netz bomben dürfen, sondern bei falschen Anschuldigungen und Mißbrauch des Urheberrechts (das nach Vergabe von Lizenzen »Verwerterrecht« heißen sollte) auch Konsequenzen zu tragen haben. Das würde die automatisierten Trollereien erheblich verringern.
Ich gehe aber davon aus, dass in der Hinsicht dank unserer lobbylutschenden Politik nichts passieren wird. Der geleakte Entwurf des »reformierten« Urheberrechts der EU-Kommission und des in meinen Augen mehr als peinlichen Internet-Kommissars Oettinger (wenn man irgendwelche Vögel in der deutschen Politik nicht mehr brauchen kann, werden sie nach Brüssel abgeschoben, um dort Unheil anzurichten) zeigt ja eindeutig, dass der Verwertermafia alles in den Hintern geschoben werden soll, und man die Interessen und Rechte der Urheber und Nutzer erneut mit Füßen tritt. Teile des Gesetzes lesen sich, als seien sie von den Contentanbietern diktiert worden, und vermutlich war das auch so.
Wenn diese Gesetze so durchkommen, wird Raubkopieren zu zivilem Ungehorsam.