Der Phantastik-Freundin mit größerer Bandbreite als Romantasy ist der Name Brandon Sanderson sehr wahrscheinlich bekannt, der ist einer der umtriebigeren englischsprachigen Genre-Autoren. Er schrieb die MISTBORN-Trilogie oder beendete Robert Jordans WHEEL OF TIME-Reihe nach dessen Tod.
Jetzt hat er ein Crowdfunding unter dem Titel »Surprise! Four Secret Novels by Brandon Sanderson« auf Kickstarter … äh … gestartet, bei dem es um eine neue Reihe aus vier Büchern geht, die er auf diesem Weg finanzieren und unter die Fans bringen möchte. Worum es darin im Detail geht ist derzeit noch unklar, Sanderson will Inhalte allerdings im Lauf des März 2022 auf seinem Youtube-Kanal anteasern.
Das hat seine Fangemeinde allerdings nicht daran gehindert, ihm in den ersten fünf Tagen sagenhafte 16,5 Millionen Euro hinterher zu werfen. Er ist damit auf dem Weg sämtliche Rekorde auf der Plattform zu brechen.
Für 40 USD erhält man im Verlauf des Jahres 2023 (jeweils zu jedem Quartalsbeginn einen der vier Romane der Reihe als eBook. Für 60 USD bekommt man die Hörbücher (plus eBooks) und für 160 USD gibt es Premium Hardcover (plus eBooks, plus Hörbücher).
Auf dem bereits genannten Youtube-Kanal hat Sanderson sich in ziemlich witziger Weise zum Projekt geäußert:
Ich hatte in der Vergangenheit, als Selfpublishing noch ein neueres Thema war als es heute ist, erklärt, dass die Verlage sich noch umsehen werden, wenn sich Bestsellerautoren dem Selfpublishing zuwenden – und so etwas ähnliches gerade auf Facebook kommentiert. Dort wurde ich auch gleich belehrt, dass das ja alles ganz anders sei, das habe auch John Scalzi in einem Blogpost bereits besprochen.
Gut, dass mir das mal erklärt wird, ich beschäftige mich ja erst seit deutlich über einer Dekade intensiv mit dem Thema und kenne mich deswegen vermutlich nicht so aus … :)
Dass Bestsellerautor°innen auch weiterhin mit Verlagen zusammenarbeiten werden, nachdem sie erfolgreich Bücher durch Crowdfunding und für Selfpublishing finanziert haben ist selbstverständlich eine Binsenweisheit. Natürlich werden sie das tun und die Produktionsarbeit und den Vertrieb gern diesen Verlagen überlassen – zumal man davon ausgehen kann, dass Bestsellerautor°Innen deutlich bessere Konditionen herausschlagen können, als unbekanntere Vertreter°innen der Zunft.
Aber, um mal den zentralen Punkt herauszustellen:
Wie viele Millionen hier am Ende auch immer zusammen kommen werden (aber bei der noch offenen Laufzeit des Crowdfundings dürften die Beiträge noch deutlich steigen) – den Umsatz hat kein Verlag gemacht.
Auch wenn ich Scalzi sehr schätze, stimme ich diversen seiner Einordnungen im Blogartikel nicht zu. Kickstarter-Projekte sind nicht hart, sie müssen nur gut geplant werden und machen Arbeit und sie können absolut nicht nur von Personen mit gigantischer Reichweite und Fanbase durchgeführt werden. Ich habe zahllose Crowdfundings für Bücher von völlig unbekannten Projektstartern unterstützt und selbst wenn keine Rekordbeiträge dabei zusammen kommen: Das waren alles Projekte, die kein Verlag haben wollte und an denen dann eben auch kein Verlag verdient hat, das übrig gebliebene Geld (nach Abzug von Kickstarter-Gebühren und Produktionskosten) floss vollständig an die Projektstarter. Deswegen ist es auch völlig irrelevant, wie bekannt jemand ist. Bestseller-Autor°innen können eine Fanbase aktivieren und wie Sanderson Rekorde brechen, aber auch unbekannte Protagonist°innen können abseits von Verlagen veröffentlichen – und tun das seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten.
Trotzdem werden auch und insbesondere bekannte Autor°Innen in der Zukunft verstärkt auf diese Art der Veröffentlichung zurück greifen, beispielsweise wenn kein Verlag Interesse am Stoff hat, oder die Konditionen nicht stimmen. Und je bekannter die jeweilige Person ist, desto mehr Geld wird an den traditionellen Verlagen vorbei fließen.
Und deswegen bleibe ich dabei: Die klassischen Publikumsverlage werden sich in Zukunft immer wärmer anziehen müssen. Zudem insbesondere dieser überragende Erfolg mit seinen gebrochenen Kickstarter-Rekorden Strahlwirkung haben dürfte und zahllose Nachahmer nach sich ziehen wird.
Relevant ist das hauptsächlich für den englischsprachigen Markt, denn der ist gigantisch viel größer als der deutschsprachige, deswegen kann man das auf hiesige Verhältnisse nicht eins zu eins übertragen – allein weil die schiere Menge an Zielgruppe in Deutschland um ein Erhebliches geringer ist (aber auch hierzulande kann man mit etwas Reichweite durchaus Herzensprojekte abseits von Großverlagen umsetzen – reich wird man damit allerdings nicht werden).
Promografik Copyright Brandon Sanderson