Dass ich mit dieser Annahme vermutlich richtig liege, zeigt die Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, das der Verlag Carl Hanser bemühen wollte, um die eigenen Pfründe gegenüber den rechtmäßigen Forderungen von Übersetzern zu sichern. Bereits mehrfach hatte der Bundesgerichtshof bestätigt, dass Übersetzer nachträglich gerichtlich prüfen lassen können, ob ihre Vergütung angemessen ist, um gegebenenfalls Nachforderungen zu stellen.
Hanser gefiel es offenbar nicht, dass man die Übersetzer angemessen an Gewinnen beteiligen muss. Ist ja auch eine Unverschämtheit, wollen die einfach so Geld für ihre Arbeit. Wo kommen wir denn da hin? Um nicht zahlen zu müssen, legte man, unterstützt vom Börsenverein, zwei Verfassungsbeschwerden ein, zum einen gegen die Urteile des BGH, zum anderen gegen das Urheberrechtsgesetz. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Verfassungsbeschwerden zum Zwecke der Gewinnoptimierung und um den Übersetzern ihnen zustehende Zahlungen vorzuenthalten.
Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt beide Beschwerden zurückgewiesen – der Justiziar des Börsenverein äußert sich »enttäuscht«.
Urheberrechtsgesetze gelten offenbar im Selbstverständnis des Börsenvereins wieder einmal nur für »die anderen«, nicht für diesen und seine Mitglieder. Die meiner Ansicht nach miserabel entlohnten Übersetzer dürfte das Urteil freuen. Mit Recht.
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Bild: eBook-Paragraph von mir, CC BY-NC-SA
Die Kommentare unter dem Artikel sind z.T. auch haarsträubend. Was dabei vergessen wird, ist, WAS übersetzt wird. Wenn Verlage aufhören, sich für Lizenz von HIT A die unbekannten US-Autoren B, C, und D unterjubeln zu lassen, kann das deutschen Autoren nur recht sein. Dann wird vielleicht endlich mal wieder mehr auf den deutschen Autorenmarkt geschaut, statt immer nur billig zu importieren.
Korrekt ist daran, dass sie nur die billigen importieren. Es gibt in den USA brilliant zu nennende Phantastik, die wir hier nie zu sehen bekommen, weil die Torwächter der Meinung sind, das liest hier keine Sau, weil die Phantastik-Leser ja dumme Hohlköpfe sind. Stattdessen werden fast ausschließlich Epigonen von Erfolgen wie Potter oder Twilight importiert und übersetzt. Und von Deutschen Autoren erwartet, dass man auch so etwas schreibt. Originelle ideen bleiben außen vor.
Gut, wenn man in der Lage ist, englischsprachige Originale zu lesen. Das macht unabhängig von den Verlags-Honks.
Ich teile iGuG Deine kritische Skepsis gegenüber den Torwächtern der Programmgestaltung, aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch Marketing und das Publikum selbst ihren Teil an Dummheit und Ungeschick dazu beitragen, dass gute ausländische Phantastik bei uns oft nicht funzt.
Ich kann mich erinnern, dass in den 70ern bis 90ern haufenweise gutes Material auf den Markt gekommen ist. Das hörte plötzlich auf, weil bei den Publikumsverlagen auf einmal Gewinnoptimierung eingeführt wurde. Ist vermutlich eher ein Teufelskreis: man hat aus Gewinnstreben das von Dir beschriebene Publikum herangezogen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Phantastik-Freunde, die ich kenne, dazu übergegangen sind, das Zeug gleich in Englisch zu lesen. An die verkauft man hierzulande natürlich auch nichts mehr.