Quotengeiler TERROR in der ARD
Kürzlich lief im ersten Programm der ARD das in ein Fernsehspiel umgewandelte Theaterstück TERROR. Darin ging es um einen Piloten, der entgegen seinen Befehlen ein Passagierflugzeug abgeschossen hatte, um zu verhindern, dass es in ein vollbesetztes Stadion stürzt. Der vermeintliche Clou an der Sache: Nach der kammerspielartig dargestellten Gerichtsverhandlung sollten die Zuschauer entscheiden, ob der Pilot schuldig ist, oder nicht.
Ich finde das zum Kotzen.
Nicht nur, dass die Medien, darunter ganz weit vorne die öffentlich-rechtlichen Medien, die Terrorangst völlig über Gebühr und klickgeil schüren. Denn tatsächlich ist die Gefahr, von einem Terroranschlag betroffen zu werden, äußerst gering. Die Chance, bei der Arbeit von der Leiter zu fallen, oder insbesondere im Straßenverkehr zu verunglücken, ist um Zehnerpotenzen größer. Und trotzdem gibt es keine drastischen Eingriffe in die Arbeitswelt oder den Straßenverkehr. Warum? Weil solche Geschehnisse als »Unglücke« klassifiziert und schulterzuckend hingenommen werden, weil »passiert halt«. Das könnte man bei Terroranschlägen genauso sehen, stattdessen wird eine unfassbare Paranoia geschürt und verbreitet, und das eben nicht nur durch die sensationsgeilen Spinner bei RTL oder das Populistenpack bei der BILD, sondern eben auch durch die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, die nun wirklich besseren Journalismus abliefern sollten.
Und als ob die überzogene »Berichterstattung« nicht reicht, muss das Thema dann natürlich auch noch als Fernsehspiel mit Publikumsbeteiligung abgehandelt werden, um die Ängste noch weiter aufzupeitschen. Bin ich der einzige, der diese Quotengeilheit ganz erbärmlich findet?
Noch dazu ist die Bürgerabstimmung eine einzige Nullnummer, denn tatsächlich hatten die gezeigten rechtlichen Hintergründe mit tatsächlichem deutschem Recht offenbar so viel zu tun, wie eine Folge BOSTON LEGAL: Nämlich nichts. Schon deswegen konnten die Zuschauer gar nicht auf Grund präsentierter Fakten abwägen, sondenr nur aufgrund von scheinbaren Justizfakten, zurechtgebogen, wie sie dem Autor passten. Bundesrichter Thomas Fischer schreibt in der Zeit:
Die lieben Zuschauer werden nach Strich und Faden verarscht, und zwar sowohl vom rechtsgelehrten Autor als auch vom quotengeilen Sender. Ihnen werden Belehrungen über die Rechtslage zuteil, die hinten und vorne falsch sind und die entscheidende Fragestellung gar nicht enthalten. Auf dieser Bananen-Ebene dürfen sie dann »abstimmen« und »über das Schicksal eines Menschen entscheiden«. Eine Kunst, die aus Lüge, Denkfaulheit und Inkompetenz besteht, ist nicht mehr als die Imitation ihrer selbst.
Die ARD wollte mir vor der Ausstrahlung andienen, doch Werbung für dieses »außergewöhnliche Event« auf PhantaNews zu machen. Ich hatte dankend abgewunken, weil ich eine Zuschauerabstimmung für alles andere als »innovativ« halte, und weil ich nicht davon ausgegangen bin, dass die Terror-Thematik irgendwie sinnvoll abgehandelt werden würde – sondern nur in Form von Pantoffelkino-Clickbait.
Ich hatte Recht.
Mit solchen »innovativen« Formaten wird sich das ÖR-Fernsehen ganz sicher nicht aus dem schnarchlangweiligen Tal eines Programms retten, für das sich im Durchschnitt nur noch Personen oberhalb von 60 Jahren interessieren. Und dass der Rettungsversuch dann auch noch mit Quote durch Terrorangst durchgeführt werden soll, macht es umso schlimmer.
Pressefoto TERROR Copyright ARD