Börsenverein vergrätzt: doofes Urheberrecht ist doof
Der Onlinehändler buch.de hatte Rezensionen aus der FAZ ganz oder teilweise abgedruckt, die Zeitung war dagegen gerichtlich vorgegangen. Nun hätte man annehmen können, dass der Fall eindeutig ist: das Urheberrecht liegt beim Autoren, das Verwertungsrecht (vermutlich via total buyout des Urhebers, wie in der Zeitungsbranche üblich) liegt bei der FAZ. Doch beim Branchenverband sah man das anders. Ein Gerichtsurteil trieb dem Börsenverein (mir gegenüber haben Autoren neulich geäußert, dass man ihn spaßeshalber inzwischen auch den »Bösenverein« nennt) seine Flausen aus. Das Urteil ist eindeutig – und auf der Webseite des Börsenblattes zeigt man sich ob des nicht unerwarteten Ergebnisses (Urheberrechtsverstoß, Ordnungsgeldes in Höhe von 250000 Euro, alternativ Haft) maulig. Denn:
Bedauerlich ist, dass das symbiotische Miteinander von Buch- und Presseverlagen bei der Verwendung von Rezensionen nach diesem Urteil faktisch aufgekündigt ist.
Ach so. Was sie anderswo als (Sarkasmus on) unerträgliches, geradezu todeswürdiges Verbrechen verdammen (Sarkasmus off) – nämlich das nichtlizensierte Kopieren von Inhalten – ist wenn es ihre Mitglieder tun auf einmal ein »symbiotisches Miteinander«. Ich komme aus dem Lachen heute gar nicht mehr raus …
Besonders interessant finde ich die Argumentation der Börsenvereins-Rechtsverdreher-Juristen:
[…] Im Übrigen entspreche die Verwendung von Rezensionsauszügen und Rezensionen – unabhängig von ihrer prinzipiellen urheberrechtlichen Schutzwürdigkeit – einer »langjährigen, bisher von allen Beteiligten akzeptierten oder zumindest geduldeten und infolgedessen zum Gewohnheitsrecht erstarkten Branchenübung.«[…]
Verstehe. Weil man das seit Jahrzehnten so handhabt, ist es also quasi gottgegebenes Recht. Na denn, ich kopiere auch schon mein ganzes Leben Dinge …
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Bild von mir, CC BY-NC-SA