STAR TREK BEYOND – Another Fine Day in The Fleet

Star Trek Beyond Poster

Kann Spu­ren von Spoi­lern ent­hal­ten. Die­se Bespre­chung basiert auf der eng­lisch­spra­chi­gen Version.

Von der Fünf­jah­res­mis­si­on der USS Enter­pri­se sind bereits drei Jah­re ver­gan­gen, und man merkt Schiff und Crew Ermü­dungs­er­schei­nun­gen an. Ins­be­son­de­re Cap­tain James T. Kirk scheint die Faxen nach den Jah­ren im All fern ab von Zuhau­se dicke zu haben. Aber auch Spock sucht nach neu­en Auf­ga­ben und sieht die eher auf New Vul­kan, um sein Volk zu unter­stüt­zen, als wei­ter­hin im Tief­raum auf einem Ster­nen­schiff. Doch bei einem Zwi­schen­stopp auf der Raum­sta­ti­on Yorktown (RAUMSTATION! – man muss das in Groß­buch­sta­ben schrei­ben) ergibt sich eine Auf­ga­be, für deren Lösung die Enter­pri­se das ein­zig sinn­vol­le Schiff weit und breit ist. So weit, so grund­sätz­lich bekannt ist der Beginn die­ses Plots. Aber was dann kommt, ist alles ande­re als bekannt.

Para­mount (mögen die Chefs des Stu­di­os ob der Fan­film-Regeln ohne Waf­fen ins Sto’­Vo’­Kor fah­ren) hat­te nei­disch auf GUARDIANS OF THE GALAXY geblickt, und von den Dreh­buch­au­toren einen Film gefor­dert, der damit in Kon­kur­renz tre­ten kann (dafür wur­de auch Rober­to Orcis ursprüng­li­ches Script kom­plett gekickt, selbst wenn er in den Credits noch genannt wird). Man kann sich leicht vor­stel­len, dass die­ses Ziel nicht erreicht wur­de, aber der Ver­gleich wäre eigent­lich auch unfair, denn der schie­ren krea­ti­ven Genia­li­tät der Mar­vel-Fil­me kann im Moment kaum jemand das Was­ser rei­chen. STAR TREK BEYOND ent­fernt sich schein­bar weit von den Wur­zeln des Fran­chise, denn wie beim Regis­seur Jus­tin Lin zu erwar­ten war, han­delt es sich selbst­ver­ständ­lich um ein Action-Feu­er­werk aller­ers­ter Güte.

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Aber – und das ist der Punkt, war­um es lupen­rei­nes STAR TREK bleibt: Es geht immer noch um Freund­schaft, um Zusam­men­halt, und dar­um, dass man sich für das gro­ße Gan­ze, oder um Men­schen­le­ben zu ret­ten, für Idea­le, in Gefahr begibt. Und dar­über hin­aus funk­tio­niert in die­sem Film das Zusam­men­spiel der Cha­rak­te­re noch ein­mal auf einer ganz ande­ren Ebe­ne als in den den bei­den Fil­men davor. Her­vor­zu­he­ben ist hier ganz sicher die Che­mie zwi­schen Zacha­ry Quin­tos Spock und Karl Urbans Bones, die tat­säch­lich wie ein altes Ehe­paar unter­ein­an­der bickern. Kein Wun­der, denn es haben sich auf den drei Jah­ren im Tief­raum genau die Din­ge zwi­schen den bei­den Cha­rak­te­ren abge­spielt, die man aus TOS kennt. Des­we­gen ist es nur kon­se­quent, das zu nut­zen und genau die bei­den zu einem Team zu machen. Die bei­den schaf­fen es auf vor­treff­li­che Wei­se, die Inter­ak­tio­nen zwi­schen Nimoy und Kel­ley – nun – nicht zu wie­der­ho­len, son­dern erfri­schend und trotz­dem höchst wie­der­erkenn­bar neu zu interpretieren.
Ein wei­te­res bril­li­an­tes Team sind »Mont­go­me­ry Scot­ty« und Jay­lah, deren Inter­ak­ti­on trotz der über­bor­den­den Dra­ma­tik immer wie­der wit­zi­ge Momen­te übrig hat.

Und auch das ist ein zen­tra­ler Punkt: Egal wie dra­ma­tisch, wie lebens­be­dro­hend und wie apo­ka­lyp­tisch die Hand­lung auch sein mag: Es ist doch immer wie­der Zeit für die klei­nen Gags, die STAR TREK schon immer aus­ge­macht haben. Was die One­li­ner angeht, könn­te BEYOND in die Geschich­te eingehen.

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Ja, es geht bei­na­he die gan­ze Zeit unge­heu­er die Post ab, STAR TREK BEYOND ist ganz und gar ein moder­ner Film, nicht mehr Opas STAR TREK – aber wir haben eben auch nicht mehr die 60er oder die 80er. Und man soll­te objek­tiv ein­fach aner­ken­nen, dass auch in den Kino­fil­men, sei­en es die um Kirk und Co, oder um Picard und Crew immer deut­lich mehr die Post abging, als in der Fern­seh­se­rie. Klar: Grö­ße­res Bud­get und weni­ger Zeit, um eine gro­ße, abge­schlos­se­ne Geschich­te zu erzäh­len, die nicht nur die Fans ins Kino holt. Und so muss man auch BEYOND als Kind unse­rer Zeit, als STAR TREK des 21. Jahr­hun­derts sehen. Einer Zeit, in der Sci­ence Fic­tion Fil­me sich aller CGI und Spe­zi­al­ef­fek­te bedie­nen, die man nur auf­war­ten kann, um das Publi­kum zufrie­den­zu­stel­len, und um Ahs! und Ohs! zu erzeu­gen. Und so ist BEYOND erwar­tungs­ge­mäß eine Tour de For­ce, mit atem­be­rau­ben­den Effek­ten, bei­spiels­wei­se Kralls Schwarm-Mini­schif­fe, bei denen die Par­ti­kel-Algo­rith­men der CGI-Akro­ba­ten sicher eine Men­ge zu tun hat­ten. Oder eben die RAUMSTATION! Yorktown, die schlicht­weg gran­di­os ist und bei mir Gän­se­haut aus­ge­löst hat – das war der oft beschwo­re­ne »sen­se of won­der« wie ich per­sön­lich ihn nicht mehr oft im Kino erle­be. Den Desi­gnern die­ses gran­dio­sen Kon­strukts gehört ein Orden … äh … Oscar ver­lie­hen (und es soll mir jetzt kein Spiel­ver­der­ber mit »phy­si­ka­lisch unmög­lich« oder ähn­li­chen Nit­pi­cke­rei­en kom­men). Und auch die stel­len­wei­se unor­tho­do­xen Kame­r­a­po­si­tio­nen oder ‑Fahr­ten im All machen ver­bun­den mit dem exzel­lent kon­ver­tier­ten 3D wirk­lich Freu­de. So rich­tig Spaß hat man mit den 3D-Effek­ten auch noch­mal beim Flug durch den Abspann (auch wenn Cine­max Wup­per­tal den Film in der Ori­gi­nal­ver­si­on nur im klei­nen Kino drei zeig­te – da ist die Lein­wand bei mir zuhau­se ja gefühlt grö­ßer – und mal wie­der mit der Hel­lig­keit knauserte).

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Doch – und jetzt kommts: Von ein oder zwei klei­ne­ren Logik­lö­chern abge­se­hen (an denen sich aber nur hart­ge­sot­te­ne Nit­pi­cker stö­ren), sind weder Action noch Spe­zi­al­ef­fek­te Selbst­zweck, denn es WIRD nicht nur eine Geschich­te erzählt, son­dern es wird auch noch eine Geschich­te erzählt, die die Figu­ren und das Schiff im Mit­tel­punkt hat, wie es sich für STAR TREK gehört. Dabei fällt auf, dass sich der Plot weit­aus weni­ger auf Kirk und Spock fokus­siert, als in den bei­den ers­ten Fil­mes des Reboots, son­dern alle mehr oder weni­ger Screen­ti­me und etwas zu tun bekom­men. Wobei natür­lich immer noch ein gewis­ser Fokus auf dem Tri­um­vi­rat Kirk, Spock und McCoy liegt.

Hat mir etwas nicht gefal­len? Ja, tat­säch­lich gab es etwas: Die Kampf- und Action­s­e­ze­nen waren teil­wei­se zu nah dran an den Per­so­nen. Das kann gut sein, wenn es hand­werk­lich sau­ber gemacht ist, das war hier aber nicht wirk­lich der Fall, wodurch die Nah­kampf­sze­nen stel­len­wei­se abge­hackt und irri­tie­rend wirk­ten und bei ent­spre­chend ver­an­lag­ten Per­so­nen mög­li­cher­wei­se für Schwin­del sor­gen könn­ten. Das ist ange­sichts des Films streng genom­men Meckern auf hohem Niveau, aber den­noch wäre es nicht wirk­lich nötig gewe­sen, bei den Kämp­fen mit der Kame­ra so nah an den Akteu­ren zu sein. Ich gehe davon aus, dass das Action-Fach­mann Jus­tin Lin zu ver­dan­ken ist. Letzt­end­lich tut es einem guten Film aber kei­nen Abbruch.

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Klei­nig­kei­ten erfreu­en, bei­spiels­wei­se ein Hin­weis auf »Who Mourns For Adonais« oder die Hom­mage an die TOS-Kino­fil­me am Ende, als der Spock der Kel­vin-Zeit­li­ne, der die Hin­ter­las­sen­schaf­ten des Spocks der Prime-Zeit­li­ne erhal­ten hat, die­se aus­packt. Wel­chem lang­jäh­ri­gen TREK-Fan da nicht das Herz auf­geht, der hat ver­mut­lich keins.

Ach ja: »Klas­si­sche Musik« wie die der Beas­tie Boys kann defi­ni­tiv zu einem STAR TREK-Film pas­sen. Gran­dio­se Szene.

Ach ja, die zwei­te: Es gab vor der Ver­öf­fent­li­chung des Films Kon­tro­ver­sen um das Schwul­sein von Hika­ru Sulu. Bes­ser als in die­sem Film gezeigt, hät­te man das kaum umset­zen kön­nen. In jeder Hin­sicht. Nicht nur, dass es kei­ne Rol­le spielt, es wird auch noch völ­lig nor­mal insze­niert, fast neben­säch­lich aber dadurch umso genia­ler, und neben dem schwu­len Part­ner des Cha­rak­ters wird auch noch die Toch­ter der bei­den gezeigt. Genau so muss das gehen, man wird nicht mit der Nase ins Gay-The­ma gerie­ben, son­dern das ist alles schlicht­weg ein­fach ganz nor­mal und nicht bemerkenswert.

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Ich bin sehr zufrie­den mit die­sem Block­bus­ter im STAR TREK-Gewand, der den ers­ten bei­den noch einen drauf­set­zen konn­te. Der ers­te muss­te die neu­en Schau­spie­ler und das neue Set­ting ein­füh­ren, der zwei­te ori­en­tier­te sich an einer Vor­la­ge (Khaaaaa­an!), die­ser hier ist das ers­te wirk­lich eigen­stän­di­ge Aben­teu­er der Crew der Kel­vin-Zeit­li­nie. Und was für eins … Es macht defi­ni­tiv Lust auf mehr von die­sen moder­nen Block­bus­ter-Aben­teu­ern mit ein­deu­ti­gem Bezug zu dem Wur­zeln von STAR TREK. Und laut Pro­du­zent J.J. Abrams wer­den wir mehr bekom­men. In ST4 soll James Kirk auf sei­nen Vater Geor­ge tref­fen, erneut dar­ge­stellt von Chris Hems­worth. Ich freue mich darauf.

Dis­c­lai­mer: Ich habe mei­ne ers­te Fol­ge STAR TREK im Jahr 1972 im zar­ten Alter von sie­ben Jah­ren gese­hen (und konn­te in der Nacht danach nicht schla­fen: DOOMSDAY MACHINE). Nur falls mir jemand was von »neu­mo­di­schem Kram« oder »frü­her war alles bes­ser!« erzäh­len möchte …

p.s.: Ich gehe davon aus, dass Jay­lah im nächs­ten Film Che­kovs Funk­ti­on über­neh­men könnte.

Star_Trek_Beyond_charaktere

STAR TREK BEYOND
Dar­stel­ler: Chris Pine (Kirk), Zacha­ry Quin­to (Spock), Zoe Sald­ana (Uhu­ra), Simon Pegg (Scot­ty), Karl Urban (Bones), Anton Yel­chin (Che­kov), John Cho (Sulu), Idris Elba (Krall), Sofia Bou­tel­la (Jay­lah), Joe Tas­lim (Manas), Lydia Wil­son (Kala­ra), Deep Roy (Keen­ser)
Regis­seur: Jus­tin Lin
Dreh­buch: Simon Pegg, Doug Jung, Rober­to Orci, Patrick Mck­ay, John D. Payne
Pro­du­zen­ten: Rober­to Orci, J.J. Abrams, Bryan Burk, Jef­frey Cher­no, David Elli­son, Dana Gold­berg, Tom­my Har­per, Lind­sey Weber
Kame­ra: Ste­phen F. Windon
Schnitt: Greg D’Auria, Dyl­an Highs­mith, Kel­ly Mats­u­m­o­to, Ste­ven Sprung
Musik: Micha­el Giacchino

Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pictures

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

2 Kommentare for “STAR TREK BEYOND – Another Fine Day in The Fleet”

sagt:

Ich hab mir den Film letz­te Woche ange­se­hen, und bin mit kei­nen Erwar­tun­gen rein­ge­gan­gen. Vor allem die Film­kri­tik in einem Main­stream­por­tal mit der Über­schrift »Papp­fel­sen« hat mich etwas ver­un­si­chert. Ich habe aber wegen der Spoilerge­fahr kei­ne Kri­tik gele­sen nur über die Head­lines mit­ge­kriegt, dass das Feuil­le­ton die­sen Film wohl nicht mag.

Fazit: glän­zen­de Unter­hal­tung, mit super­ge­laun­ten Schau­spie­lern, einer Sto­ry die span­nend war und atem­be­rau­ben­den Auf­nah­men, egal ob CGI oder was ande­res. Die­ser Star Trek Film ran­giert im obe­ren Drit­tel ALLER Star Trek Kino­fil­me. Sehr empfehlenswert.

sagt:

Das Feuil­le­ton mag doch SF- und Fan­ta­sy­fil­me nie. Das Feuil­le­ton inter­es­siert mich nicht. Wer außer ver­kopf­ten selbst­er­nann­ten Bil­dungs­bür­gern braucht schon das Feuilleton? :)

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