Der Luzifer-Verlag lässt die Leser entscheiden – Steffen Janssen im Gespräch

»Ich bin nicht scharf dar­auf, mit dem zehn­tau­sends­ten Vam­pir­ro­man ins Guin­ness-Buch zu gelan­gen«

Ges­tern bin ich auf Face­book über fol­gen­den Auf­ruf gestol­pert:

Auf die­se Sei­te darf jeder­mann Manu­skrip­t­an­ge­bo­te für den LUZI­FER-Ver­lag ein­stel­len und die best­be­wer­te­ten Ange­bo­te (die meis­ten »Likes« von Lesern) wer­den hin­sicht­lich einer Ver­öf­fent­li­chung geprüft. Dabei spie­len die kri­ti­schen Kom­men­ta­re der Leser natür­lich auch eine gewich­ti­ge Rol­le ;)

Auf die­se Wei­se möch­ten wir jähr­lich ein bis zwei Bücher neu ins Ver­lags­pro­gramm auf­neh­men.
Die ers­te Aus­wer­tung erfolgt am 01.01.2013!

Neben unse­ren Stamm­au­toren möch­ten wir wei­ter­hin unbe­kann­ten Autoren eine fai­re Ver­öf­fent­li­chungs­mög­lich­keit jen­seits von BoD und Co. bie­ten. Doch der Dschun­gel unauf­ge­for­der­ter Manu­skrip­te über­steigt unse­re »Sichtungs«-Möglichkeiten bei wei­tem. Des­halb möch­ten wir die­sen etwas unge­wöhn­li­chen Weg gehen und eine ein­fa­che Bewer­bungs­platt­form für Autoren bie­ten.

Gen­re: Hor­ror, Thril­ler, Sci-Fi, Mys­tery

Da wur­de ich natür­lich sofort hell­hö­rig, denn das ist doch mal ein Kon­zept. Wäh­rend die Publi­kums­ver­la­ge ver­zwei­felt auf der Suche nach dem nächs­ten Trend sind (statt selbst wel­che zu schaf­fen, wie es sich für sie gehö­ren wür­de), macht sich Stef­fen Jans­sen, Betrei­ber des Luzi­fer-Ver­lags dar­an, auf Face­book Roman­kon­zep­te zu sam­meln und die Leser via »Likes« dar­über abstim­men zu las­sen, wel­ches davon rea­li­siert wird.

Auf den Leser zuge­hen und ihn in den Ent­schei­dungs­pro­zess ein­be­zie­hen – und das auf einem kur­zen Dienst­weg – ist in mei­nen Augen ein viel attrak­ti­ve­res Kon­zept, als jenes, von Manu­skript-Tür­ste­hern und Mar­ke­ting-zen­trier­ten Ent­schei­dern aus­wäh­len zu las­sen, was sich als nächs­ter Block­bus­ter gut ver­kau­fen lässt und das dann den Kun­den schlicht vor­zu­wer­fen; wie eben bei Publi­kums­ver­la­gen ver­mut­lich seit kurz nach der Sint­flut üblich. Und dann – natür­lich – hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand zu lamen­tie­ren, wenn sie das dann doch nicht kau­fen.

Um das zu unter­stüt­zen, berich­te ich hier auf Phan­ta­News dar­über und habe Stef­fen  auch flugs per Emaill ein paar Fra­gen gestellt, die die­ser in Rekord­zeit beant­wor­te­te. Das Ergeb­nis der Fra­ge­stun­de fin­det sich im Fol­gen­den:

PN: Hal­lo Stef­fen, vie­len Dank für Dei­ne Bereit­schaft, Dich mei­nen boh­ren­den Fra­gen zu stel­len. :) Wür­dest Du den Lesern zu Beginn ein wenig über Dich und den Luzi­fer-Ver­lag erzäh­len, damit wir wis­sen, womit wir es zu tun haben?

Gern. Ich selbst bin Jahr­gang ’74, gebo­ren im beschau­li­chen Mer­se­burg. Nach Abitur und Bund eine Leh­re als Hotel­kauf­mann, seit­dem lei­ten­de Posi­tio­nen in ver­schie­de­nen Bran­chen. Was ich schät­ze: gute Bücher, gute Wei­ne, guten Sin­gle Malt, mei­ne Plat­ten­samm­lung.

Der »LUZI­FER-Ver­lag« wur­de im Janu­ar 2011 gegrün­det und hat bis­her sie­ben Bücher als Print- und eBook-Aus­ga­be her­aus­ge­bracht und zwei Bücher als rei­ne eBook-Publi­ka­tio­nen. Elf fes­te Pro­jek­te ste­hen für 2012/​13 in den Start­lö­chern. Der Schwer­punkt liegt auf Fan­tas­tik im wei­tes­ten Sin­ne, wobei ich (ehr­lich gesagt) nicht scharf dar­auf bin, mit dem zehn­tau­sends­ten Vam­pir­ro­man ins Guin­ness-Buch zu gelan­gen. Span­nen­de Ideen, gut umge­setzt – das ist es, was ich suche. Dabei gehe ich gern auch Wege, von denen mir (ver­nünf­ti­ger­wei­se) schon mal abge­ra­ten wird ;)

Initi­iert wur­de das Pro­jekt »eige­ner Ver­lag« tat­säch­lich aus einer fixen Idee her­aus. Schnell wur­de mir aber klar, wie ernst­haft sich die gan­ze Geschich­te ent­wi­ckel­te. Dann hieß es: Ganz oder gar nicht – nun ja – ich habe mich für Ers­te­res ent­schie­den.

PN: War­um hast Du einen Ver­lag mit Schwer­punkt Phan­tas­tik gegrün­det?

Ganz ein­fa­che Sache – Wenn man schon in der kom­for­ta­blen Lage ist, sich aus­su­chen zu dür­fen, was man machen will, dann soll­te man auch das tun, was einen selbst inter­es­siert. Dann ist man mit Herz­blut dabei.

PN: Wie bist Du auf die Idee gekom­men, Leser auf Face­book über ein­ge­reich­te Manu­skript­ideen abstim­men zu las­sen?

»Trend« ist mir eh zu­wi­derWie­der so eine fixe Idee. Ich habe ein paar Bei­trä­ge über den Ver­lauf der Frank­fur­ter Buch­mes­se gele­sen und den Unmut, dass nie­mand zu wis­sen scheint, in wel­che Rich­tung der »Trend« in nächs­ter Zeit geht. Na ja, »Trend« ist mir eh zuwi­der. War­um soll ich als Ver­le­ger dem Leser etwas »vor die Füße wer­fen«, in der Hoff­nung, dass er es schon »fres­sen« wird. Viel inter­es­san­ter ist es doch, wenn der Leser mir zei­gen kann, was er lesen möch­te!

PN: Hast Du kei­ne Sor­ge wegen Mani­pu­la­ti­ons­ver­su­chen, oder hältst Du es für schon okay, wenn ein Teil­neh­mer Freun­de und Fami­lie akti­viert, um vie­le Likes zu bekom­men?

Ja, schwie­ri­ges The­ma. Aber die Likes allein wer­den nicht ent­schei­dend sein. Es sind Leu­te als Test­le­ser ange­tre­ten, auf deren loya­le und ehr­li­che Mei­nung ich mich 100% ver­las­sen kann (die zer­rei­ßen auch mei­ne Publi­ka­tio­nen schon mal mühe­los, wenn ich »Blöd­sinn« ver­zap­fe). Da sieht man schnell, was künst­lich »geschönt« und »gepimpt« wird.

PN: Die letz­te Ent­schei­dung, ob ein Buch rea­li­siert wird, liegt aber natür­lich bei Dir. Es gibt also kei­ne auto­ma­ti­sche Publi­zie­rung für das Manu­skript mit den 10000 Likes?

So ist es. Und bis­her hat mich mei­ne Nase, was inter­es­san­te und lesens­wer­te Geschich­ten angeht, noch nicht getäuscht. Den­noch suche ich mehr Nähe zum Leser, denn ich ver­ste­he den Ver­lag als Dienst­leis­ter am Leser.

PN: Habe ich es kor­rekt ver­stan­den, dass es aus­schließ­lich um Wer­ke aus dem Bereich Phan­tas­tik geht? Oder anders gefragt: wie groß muss der Phan­tas­tik-Anteil eines Manu­skripts sein?

Phan­tas­tik ist ein so schö­ner, gro­ßer, schwam­mi­ger Begriff. Den deh­ne ich gern nach Gut­dün­ken ;)
Mal ehr­lich: Lie­be Autoren – Traut euch! Schiebt ein­fach die Tex­te her­über, bei denen die gro­ßen Ver­la­ge kopf­schüt­telnd die Nase rümp­fen, aus Angst sich die schö­nen Bilan­zen zu ver­sau­en ;)

PN: Hat die Phan­tas­tik es heut­zu­ta­ge schwer? Oder hat sie es nur bei den Publi­kums­ver­la­gen schwer? Die sind ja aktu­ell offen­bar ver­zwei­felt auf der Suche nach dem nächs­ten Trend …

Lasst sie mal suchenLasst sie mal suchen. Klar ist es ein Traum vom und mit dem Ver­lag leben zu kön­nen, aber da muss man rea­lis­tisch blei­ben. Es wird auf jeden Fall eini­ge Jah­re dau­ern, über die­ses Gen­re einen Ver­lag auf­zu­bau­en, der ernst­haft zu betrei­ben ist.

PN: Die Ver­lags­web­sei­te ist äußerst anspre­chend, über­sicht­lich und gut zu navi­gie­ren (ins­be­son­de­re wenn man sie mit man­chem Moloch der eta­blier­ten Ver­la­ge ver­gleicht). Hast Du in der Rich­tung Vor­kennt­nis­se oder hat­test Du gute Hil­fe­stel­lung?

Oh, vie­len Dank. Vor­kennt­nis­se hat­te ich tat­säch­lich kei­ne. Aber kla­re Vor­stel­lun­gen, wie die Sei­te aus­se­hen soll­te. Danach such­te ich nach Mit­teln, dies umzu­set­zen. Na ja, dann ein paar schlaf­lo­se Näch­te … also bit­te ich höf­lichst um Ver­zei­hung, wenn es an der ein oder ande­ren Ecke noch »klemmt«.

PN: Nutzt die eta­blier­te Buch­bran­che Dei­ner Ansicht nach das Inter­net sinn­voll und mit all sei­nen vie­len Mög­lich­kei­ten, oder sehen die das nur als Ver­kaufs- und Wer­be­platt­form und las­sen es außer Acht, den Leser ein­zu­be­zie­hen (wie Du es gera­de tust)?

Das wage ich gar nicht zu beur­tei­len. Aber mit Sicher­heit ste­hen Wer­be­pro­fis und IT-Spe­zia­lis­ten auf deren Gehalts­lis­ten, von deren Wis­sen und Kön­nen ich nicht ein­mal was ahne.

PN: Lohnt sich der Buch­ver­kauf als Klein­ver­lag in finan­zi­el­ler Hin­sicht, oder ist das eher eine Beru­fung?

Abso­lu­te Beru­fung ;) Ganz, ganz ehr­lich – da gebe sich mal nie­mand irgend­wel­chen Illu­sio­nen hin! Immer­hin trägt sich der Ver­lag nach einem Jahr nun selbst, das ist doch zumin­dest ein net­ter Anfang und ich kann ein paar neue »Expe­ri­men­te« wagen.

PN: Du bie­test man­che Bücher nur als eBooks an. Ist das eBook gera­de in Sachen Spe­cial Inte­rest Dei­ner Ansicht nach das Medi­um der Zukunft?

Die Ent­wick­lung ist ein­deu­tig und nicht zu leug­nen, nicht ein­mal von alten Papier-Ver­fech­tern, wie auch ich einer bin. Die Arbeit ist für bei­de Medi­en gleich, ein­zi­ger gro­ßer Vor­teil der elek­tro­ni­schen Publi­ka­ti­on für den Ver­lag ist die nicht vor­han­de­ne Lager­hal­tung, die doch sehr viel Kapi­tal und Risi­ko bin­det.

PN: Und zum Abschluss: Was sind dei­ne Phan­tas­tik-Favo­ri­ten?

Herr­je, wen soll ich denn jetzt alles auf­zäh­len? Ach nee … ich lass es …

PN: So weit Stef­fen, bei dem ich mich für die Beant­wor­tung mei­ner Fra­gen bedan­ken möch­te.

Um dem Infor­ma­ti­ons­auf­trag auch voll­stän­dig nach­zu­kom­men noch ein paar Links. Zum einen selbst­ver­ständ­lich zum Luzi­fer-Ver­lag, des­sen Ange­bot sich jeder an Phan­tas­tik Inter­es­sier­te ein­mal anse­hen soll­te. Zum ande­ren der Link zur Face­book-Grup­pe, in der sogar trotz der kur­zen Zeit seit dem Auf­ruf bereits die ers­ten Bewer­bun­gen bzw. Lese­pro­ben ein­ge­tru­delt sind.

Ich bin über­aus gespannt, wie sich das ent­wi­ckelt, wer­de es wei­ter beob­ach­ten und wün­sche viel Erfolg!

Das Inter­net ist nicht ein­fach nur die Lit­faß-Säu­le des 21. Jahr­hun­dertsp.s.: Ach ja – bevor jemand rum­schlau­en möch­te: ich weiß, dass es ähn­li­che Ansät­ze bereits an ande­rer Stel­le und in ähn­li­cher Form gibt, aber ins­be­son­de­re man­che Publi­kums­ver­la­ge machen das – und man möge mir die deut­li­chen Wor­te ver­ge­ben – doch nur mit einem hal­ben Arsch, weil man halt irgend­was mit »die­sem Inter­net« ver­su­chen muss. Ich kann mir wahr­lich nur schwer vor­stel­len, dass dort jemand die ver­krus­te­ten und in Jahr­zehn­ten gewach­se­nen Struk­tu­ren zügig und nach­hal­tig auf­bre­chen kann, und wenn er oder sie es auch noch so ver­sucht. Und so bleibt es vor­erst an den neu­en und klei­nen, agi­len Ver­la­gen, den Leser in die Ent­schei­dungs­fin­dung ein­zu­be­zie­hen. Weil man da weiß, dass das Inter­net nicht ein­fach nur die Lit­faß-Säu­le des 21. Jahr­hun­derts oder Fern­seh­wer­bung 2.0 ist, son­dern eine Zwei­we­ge-Kom­mu­ni­ka­ti­on ermög­licht. Das zu wis­sen und es gekonnt umzu­set­zen ist ein Allein­stel­lungs­merk­mal – und ein gutes noch dazu!

 

Bild Stef­fen Jans­sen Copy­right Stef­fen Jans­sen, Logo Luzi­fer-Ver­lag, Cover Antho­lo­gie STYX und Cover GRAUES LAND Copy­right Luzi­fer-Ver­lag

3 Kommentare zu „Der Luzifer-Verlag lässt die Leser entscheiden – Steffen Janssen im Gespräch“

  1. Pingback: 6 Verlage, die eBooks verstanden haben » lesen.net

  2. Avatar-Foto
    Stefan Holzhauer

    Das hier ist Phan­ta­News, nicht der Luzi­fer-Ver­lag … und der Arti­kel ist neun Jah­re alt …

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