3 DAYS TO KILL – Bundesstart 08.05.2014
Wird am Ende aus dem Postman der mit dem Wolf tanzt eine der neuen Inkarnationen des Action-Film? Mit JACK RYAN brachte sich Kevin Costner zurück auf die große Bühne des Kinos, nur leider zog da der Erfolg des Films nicht mit. Aber jetzt hat ihn EuropaCorp für sich entdeckt, und unter dem Luc-Besson-Label könnte die Karriere des FELD DER TRÄUME-Erbauers neuen Aufwind bekommen. Besson hat ja schon aus dem, mit Verlaub, alternden Liam Neeson einen späten Action-Star gemacht – der überzeugt und seine Reife mit Dynamik kombiniert, was ihn glaubwürdiger machte, als so manch aufgepumpten Jungspund. Nun scheint Costner ein ähnliches, durchaus glückliches, Schicksal zu widerfahren. Wo Besson drauf steht, ist nicht immer Tiefgang drin, aber zumindest entspricht die Größe der Packung der Menge des Inhalts.
Ethan Renner will sich aus dem Agentengeschäft zurückziehen, hat er doch erkannt, dass er sich wirklich mehr um seine Tochter Zoey kümmern sollte. Nach einem letzten spektakulären Einsatz mit viel Krawall und einigen Verlusten ist vorerst Schluss. Ist der Anfang erst einmal von typischer Hau-drauf-Routine geprägt, schlägt der Film mit einem Titelvorspann ganz nach den Siebziger Jahren unvermittelt andere Töne an. Wenngleich dieser Vorspann mit Split-Screen und Soul-Musik noch nicht so richtig passen will, kann man schon hier erahnen, dass diese Besson-Produktion zumindest in der Atmosphäre andere Wege einschlagen könnte.
Dann kommt die durchtriebene Vivi Delay und bringt Renners Pläne ordentlich durcheinander, indem sie ihn ermordet. Mehr oder weniger. Ein schleichendes Gift, welches ihm die gerade die Zeit zur Erfüllung eines letzten Auftrages lässt. Gegengift nur bei Erfolg. Für den Rest des Films bleibt nicht die spannende Frage, ob Renner sein Ultimatum einhalten kann, sondern wie. Man könnte 3 DAYS TO KILL vorwerfen, die Prämisse bei CRANK leichtfertig kopiert zu haben. Auch hier muss der Protagonist etwas Ungewöhnliches tun, um den vergifteten Kreislauf in Schwung zu halten. Doch 3 DAYS besticht nicht durch überdrehte Absurdität, sondern mit schwarzem Humor, den man eigentlich eher von britischen Genre-Filmen kennt und schätzt.
Ethan Renner steht nun vor zwei Problemen. Er muss seinen Auftrag erfüllen, bevor er den Gifttod stirbt, und sich gleichzeitig das erste mal seit zehn Jahren um seine pubertierende Tochter kümmern, während Mutter aus der Stadt ist, wobei keine der beiden etwas von seiner Tätigkeit erfahren darf. Das alles bettet sich in fein inszenierte, und originell ausgedachten Action-Sequenzen. Hier enttäuscht weder die Regie von McG, dem alten Krawall-Hasen, noch Kevin Costner, der hier körperlich und darstellerisch in Höchstform agiert. Costner könnte mit dieser Visitenkarte tatsächlich so etwas wie einen augenzwinkernden Gegenpol zu Neesons stoischer Kaltschnäuzigkeit in TAKEN bilden. Nur Amber Heard ist als stets überstilisierte Femme-Fatal eher ein verbrauchtes Klischee von Bessons harten Frauen, und bringt den Film immer ein wenig aus der Spur, die ihn eigentlich von eben jenen anderen Filmen hervorhebt.
Leider folgt auch 3 DAYS dem fragwürdigen Trend, seine Handlung in ein osteuropäisches Land zu verlegen. Hier können sich die schießwütigen Agenten und Terroristen durch die Bevölkerung kämpfen, ohne Rücksicht auf den Kollateralschaden nehmen zu müssen. Und den gibt es auch hier in Mengen. Zudem wird so unterschwellig vermittelt, dass in diesen Ländern alles möglich wäre, unter anderem der nicht ins Gewicht fallende Verlust von unbeteiligten Passanten. Eine Vorstellung, die man in einer westeuropäischen Metropole einfach nicht akzeptieren würde, geschweige denn in irgendeiner Richtung für realistisch erachten könnte. Und vielleicht würde der Zuschauer es sogar als geschmacklos empfinden. Das ist keine sehr schöne Darstellung der besagten Länder, in diesem Fall Serbien.
Aber 3 DAYS TO KILL ist nicht der gewohnte Action-Thriller, dem ein bekannter Handlungsverlauf voraus geht. Seinen unterhaltsamen Teil bezieht er aus seinen zynischen, teilweise schwarzhumorigen Handlungssträngen. Wie zum Beispiel der immer wieder anstehenden Folterung von Mitat, dem Informanten. Eine geprügelte und gequälte Figur, die für so mancherlei bitterböse Situation herhalten muss. Denn da ist Renners Mobiltelefon, welches stets in dem Moment den Klingelton seiner Tochter von sich gibt, wenn der ehemalige Agent seinem Informanten Schaden zufügen sollte, damit dieser redet. Anstelle von expliziten, weil möglichen, Splatter-Szenen, entstehen groteske Umstände, bei denen sich der Zuschauer sich nur zu gut ausmalen kann, wie schlimm es Mitat ohne rettenden Klingelton ergangen wäre. Die Handlung wird wie in einer Opernarie unterbrochen und dann neu angesetzt. Es gibt nach dem eigenwilligen Titelvorspann also mehr als genug Szenarien, welche den Ton des Films neu definieren. Und das ist zumeist auch seine höchst amüsante, und erfrischende Inszenierung.
Der Wahnwitz in der Geschichte durchzieht wie ein Geflecht den ganzen Film. Da ist die marokkanische Familie, die einfach in Renners Appartement Zuflucht gefunden hat, und der eiskalte Killer es nicht schafft sie vor die Tür zu setzen. Oder der Streit zischen ihm und Vivi über einen Schnurrbart und Ziegenbärtchen. Oder wie er die Gewaltausbrüche seiner Tochter vor der Schulrektorin auch noch verteidigt. Es gibt viel zu lachen, viel zu schmunzeln, und gelegentlich bleibt einem Ersteres im Halse stecken. Joseph McGinty Nichol mag sich im Kino etwas rar gemacht haben in den letzten Jahren, aber es scheint, als wäre er bei EuropaCorp richtig aufgehoben, um wieder Vollzeit zuzuschlagen. Auch wenn 3 DAYS den unverkennbaren Stempel des Produzenten Besson trägt, ist die bitterböse Umsetzung eine unbestreitbare Leistung des McG genannten Regisseurs. Aber auch nicht minder der Erfolg eines merklich sehr gut aufgelegten Kevin Costner. Wo Luc Besson drauf steht, ist eben auch Besson drin. Dabei ist Costner so etwas wie eine beigelegte Spielfigur in der Verpackung. Die sind bekanntlich das eigentliche Highlight.
3 DAYS TO KILL
Darsteller: Kevin Costner, Hailee Steinfeld, Amber Heard, Connie Nielsen, Tómas Lemarquis, Richard Sammel, Marc Andréoni u.v.a.
Regie: McG
Drehbuch: Adi Hasak, Luc Besson
Kamera: Thierry Arbogast
Bildschnitt: Audrey Simonaud
Musik: Guillaume Roussel
Produktionsdesign: Jeremy Cassells, Sébastien Inizan
zirka 117 Minuten
USA – Frankreich – Griechenland – Russland 2014
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