REBEL MOON – A CHILD OF FIRE – Netflix seit 21. Dezember 2023
Dem Vernehmen nach konzipierte Regisseur Zack Snyder diesen SciFi-Film als Teil des STAR WARS-Universums und pitchte ihn an Disney, kurz nachdem Lucas den Laden ans Maus-Haus verkauft hatte. Daraus wurde allerdings nichts und irgendwann griff Netflix zu, um daraus einen Film für den Streamingdienst zu machen.
Dabei herausgekommen ist REBEL MOON – A CHILD OF FIRE, als erster Film eines Zweiteilers, die Fortsetzung soll im April laufen.
Meine Güte. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Das eine ist es, sich von Genre-relevanten Quellen inspirieren zu lassen, das tun viele Filmemacher°Innen und oftmals sind in den Streifen nicht nur Inspirationen zu erkennen, sondern auch Hommagen. Das andere ist es, wenn man Vorlagen einfach nur stumpf kopiert und plagiiert – und das sogar bis ins Detail.
Das eine ist es, wenn man mit Klischees spielt und es versteht, sie gezielt und subtil einzusetzen oder sie gar konterkariert. Das andere ist es, wenn man meint, eine Abfolge von zusammenfummelten Klischees würde einen guten Film ausmachen.
A CHILD OF FIRE ist ein schlecht zusammengestoppeltes Sammelsurium an Ideen, die aus anderen Science Fiction- und Fantasyfilmen (und Samuraifilmen) zusammengeklaut wurde. Das kann klappen, wenn es inspiriert ist, hier geht es auf so vielen Ebenen schief, dass ich – wie bereits geschrieben – gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Und leider schimmert auch allzu oft allzu deutlich durch, mit diversen Szenen bei denen man genau weiß wie die im ursprünglichen Kontext abgelaufen wären, dass dieser Film ein STAR WARS-film hätte sein sollen, es aber nicht durfte.
Dazu kommt, dass Art Direction und Production Design zahllose Abkürzungen genommen haben. Offenbar waren die SFX und/oder die Schauspielenden so teuer, dass für Szenerien nicht mehr viel Geld übrig blieb. Das sieht stellenweise so aus, als ob man irgendwelche noch vorhandenen Wildwest-Kulissen genommen und schnell ein paar SF-Elemente angefrickelt hätte, dazu ein paar schlecht designte Aliens (mit zwei, drei Ausnahmen) und fertig ist der Hinterwäldler-Planet. Und natürlich channelt der Blick über die Hinterwäldler-Hauptstadt den Blick auf Mos Eisley und natürlich gibt es eine Cantina, hier Saloon, und natürlich gibt es eine Kneipenschlägerei, initiiert durch jemanden, der aussieht wie der Große Nagus aus DEEP SPACE NINE. Und natürlich schoss Han, Entschuldigung, Kai, zuerst. Seufz.
Warum muss man die Pferde als Pferde erkennen, denen man schnell eine Kopfmaske übergestülpt hat?
Warum sieht die Spinnenfrau aus wie die Borg-Queen, spielt auch so und warum hat sie Boob-Armor?
Die Inkonsistenzen im Set- und Art-Design ziehen sich durch den ganzen Film, klar könnte man argumentieren, dass jedes Schiff im Inneren anders aussieht, aber selbst die einzelnen Schiffsausstattungen nicht konsistent. Ja, manche der Raumer sind zusammengefrickelt, aber dennoch: so etwas konsistent zu präsentieren haben andere schon viel besser hinbekommen. Man kann sich zudem des Eindruck nicht erwehren, alle Szenerien und Sets genau so oder sehr ähnlich schonmal irgendwo gesehen zu haben. Bloß gut, dass die Hauptfigur am Ende nicht noch GLADIATOR-mäßig übers Korn streichelt.
Was mich bei solchen Produktionen ebenfalls ungeheuer nervt: Wenn das alles in einer fernen Zukunft spielen soll und die Kostüme aussehen, als hätte man sie im Fundus zusammen gesucht (was vermutlich aus Kostengründen auch so war). Die Farmer tragen Schiebermützen, Blaumänner, Hosenträger und Hemden, wie man sie von heute kennt. Die Bösewichte laufen in SS-artigen Uniformen herum (angereichert mit ein paar NPCs in exotischeren Outfits). Personen tragen Krawatten. Die Rebellen sehen aus wie aus einem MAD MAX- oder sonstigen Endzeit-Film, inklusive schwarzer Striche über die Augenpartie. Mein Güte, so etwas geht doch mit einfachsten Mitteln viel besser, das haben sogar manche billige SF-Produktionen in den 1980ern schon kreativer hinbekommen.
Und dann die visuellen Effekte und CGI. Ich habe selten eine derartige Bandbreite an Qualität zwischen atemberaubend und cringe gesehen wie hier. War nicht genug Zeit, um alle Effekte fertigzustellen? War nicht genug Geld da, um alle Effekte auf einem Niveau zu produzieren? Schon die Anfangsszene, bei der Genre-typisch seit STAR WARS, ein großes Raumschiff an der Kamera vorbeizieht … sowas habe ich von Hobby-Animateuren schon besser umgesetzt gesehen. Warum müssen die Raumschiffe der Bösen aussehen wie U‑Boote? Ging das nicht origineller? Bei 166 Millionen Dollar Produktionskosten muss doch genug Geld für sowas da sein. Oder wollte die Star-Riege zu viel Gage?
Dazu passt auch, dass am Ende, wenn der Admiral mit dem Regenten redet, man den falschen Bart bei letzterem deutlich erkennt – und auch die geschminkte Alterung aussieht, wie bei einem schlechteren Fanfilm.
Zwischendurch fragt man sich immer wieder, was das jetzt wieder soll. Warum hält man einen Greif in einem Corral für Pferde (weil man den auch noch von irgendeiner Western-Produktion herumstehen hatte)? Warum muss es ausgerechnet ein klassischer Greif sein, der genau wie ein Greif ausseht, statt etwas Originelleres zu nehmen? Und warum, um Himmels Willen, channelt man irgendwelche alten Winnetou-Filme, in denen der edle Wilde (Staz Nair als Tarak) den Mustang (Greif) zureitet?
Warum schmiert ein mittelgroßes Raumschiff ab, weil einer beim Kanonier an einem Hebel zieht? Gibt es keine anderen Besatzungsmitglieder, die da eingreifen können? Keine Sicherheitssysteme? Das ist so dermaßen blöd, es ist handlungstechnisch eine Beleidigung der Zuschauerin.
Und die Laserschwerter, die keine Laserschwerter sein durften. Ächz.
Die Riege der Charaktere ist eine Zusammenstellung laufender Klischees, die im Verlauf des Films kaum bis keine nachvollziehbare Entwicklung durchmachen. Nur ein kleines bisschen besser ist das mit Sofia Boutellas Kora, der Hauptperson, der ihre Background-Story aber auch mit dem schweren Vorschlaghammer aufgedonnert wird. Ed Skrein als sadistischer Admiral Atticus ist bis ins Groteske hinein überzogen. Der einzige, der mich halbwegs überzeugte, ist Michiel Huisman als Farmer Gunnar, denn der Charakter entwickelte sich tatsächlich weiter.
Und auch der Verrat gegen Ende, der vermutlich die große Überraschung sein sollte, kam absolut nicht überraschend. Hier hatte der Schmuggler also kein Herz aus Gold. Wie originell …
Ebenso wenig originell ist der Showdown, der daraus besteht, dass sich zwei Figuren minutenlang auf die Omme hauen. Man wünscht sich sofort einen Angriff auf eine mond- oder planetengroße Raumstation, oder wenigstens auf einen Cylonen-Basisstern statt dieses Klein-Klein. Aber vielleicht (wahrscheinlich) möchte man sich das für den zweiten Teil aufsparen.
REBEL MOON: A CHILD OF FIRE ist ein Testament dafür, dass es nicht reicht, große Mengen Geld in ein Projekt zu stecken, wenn man dafür nicht die richtigen Künstler für Drehbuch, Art Direction und Set Design einkauft. Und wenn man versucht, zum einen einen STAR WARS-Film in etwas Eigenständiges umzufrickeln und es dazu mit beliebigen Versatzstücken und Klischees aus dem Genre und früheren Produktionen anzureichern, als habe man ChatGPT nach einem Drehbuch gefragt. Dadurch entsteht kein guter Film, ebenso wenig, wenn man versucht, fehlenden Inhalt durch sinnlose Gewaltszenen zu übertünchen. Und meiner Meinung nach beweist A CHILD OF FIRE endgültig, wie überbewertet Zack Snyder als Regisseur ist. 300 habe ich nie gesehen. WATCHMEN war grandios, ebenso wie SUCKER PUNCH, ARMY OF THE DEAD war ziemlich unterhaltsam, aber spätestens seit er die DC-Superhelden übernommen hat, produziert er ein teures Desaster nach dem anderen. Kein Wunder, dass Lucasfilm und Disney das nicht haben wollten.
Wenn man von all dem eben Gesagten absieht, ist der Film wenigstens über seine Laufzeit von zweieinviertel Stunden unterhaltsam, aber eben leider auf einem Fremdschäm-Niveau, weil man ständig auf die nächste Peinlichkeit wartet. Und weil immerhin das Pacing halbwegs stimmt. Ich könnte noch zahllose Peinlichkeiten aufzählen, könnte auch über SEVEN SAMURAI rumschlauen, aber ich habe keine Lust mehr.
REBEL MOON – A CHILD OF FIRE
Besetzung: Sofia Boutella, Djimon Hounsou, Ed Skrein, Michiel Huisman, Bae Doona, Ray Fisher, Charlie Hunnam, Anthony Hopkins, Staz Nair, Fra Fee, Cleopatra Coleman, Stuart Martin, Ingvar Sigurdsson, Alfonso Herrera, Cary Elwes, Rhian Rees u.v.a.m.
Regie: Zack Snyder
Drehbuch: Zack Snyder, Kurt Johnstad, Shay Hatten
Produzenten: Wesley Coller, Eric Newman, Deborah Snyder, Zack Snyder
Ausführende Produzenten: Sarah Bowen, Shay Hatten, Kurt Johnstad, Bergen Swanson
Kamera: Zack Snyder
Schnitt: Dody Dorn
Musik: Tom Holkenborg
Produktionsdesign: Stefan Dechant, Stephen Swain
Casting: Kristy Carlson
134 Minuten
USA 2023
Promofotos Copyright netflix
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…und da hätte ich noch viel mehr hinzuzufügen. Aber warum.
Ich habe nach 70 Minuten wirklich sehr verärgert abgeschalten.
Mit einer Affinität für das bewegte Bild, macht man das eigentlich nicht.
In den letzte Jahren ist mir nichts ähnlich uninspiriertes untergekommen,
obwohl ich Hobby-mäßig auch extrem viel Trash vor Augen habe.
Alleine die Figurenzeichnungen waren unter aller Sau.