Nach einer wahren Begebenheit
Wenn George Clooney einen Film beendet hat, dann brennt die Luft. Nicht weil es ein außergewöhnlicher, oder besonders guter Film wäre, sondern weil George dann auf Tour geht, um für diesen Film zu werben. Was auf der Berlinale 2014 als Werbefeldzug begann, wurde zur Farce des deutschen Journalismus. Reporter verließen frühzeitig die Vorstellung von MONUMENTS MEN, oder besuchten sie erst gar nicht, um sich Plätze auf der folgenden Pressekonferenz zu sichern. Leer gingen die meisten Journalisten aus, die sich den Film auch angesehen haben, um des Filmes Willen. Das hatte zur Folge dass unser George weder auf der Pressekonferenz, noch danach, kaum eine Frage ernsthaft beantwortete. Dies wiederum nahmen ihm die Damen und Herren vom Qualitätsjournalismus sehr übel, ohne darauf hinzuweisen, dass es überhaupt keine Fragen an den Superstar gab, die man überhaupt ernsthaft beantworten konnte. So ging letztendlich ein Film komplett am medialen Interesse vorbei, der eine kritische Betrachtung durchaus verdient hat. Von den wahren Begebenheiten hat sich das Drehbuch von Clooney und Langzeitkollaborateur Grant Heslov sehr weit entfernt. Doch der Film hat sich nicht davon entfernt, was die Geschichte an sich, für das kulturelle Kunsterbe betroffener Ländern bedeutete.
Auch nach einer wahren Begebenheit
Während des zweiten Weltkrieges stößt Frank Stokes beim US-Präsidenten auf offene Ohren, als der Kunstexperte um die von den Nazis gestohlenen Kunstwerke bangt, die in allen von Nazis besetzten Gebieten aus Museen und Privatbesitz gestohlen wurden, und bei einer Niederlage Deutschlands der Vernichtung anheim fallen würden. Was Frank Stokes für diese ehrenhafte Mission allerdings erhält sind gerade einmal lächerliche sechs Kunstexperten an seine Seite. Aber sechs Männer, die nach einer qualvollen Grundausbildung, mit Esprit und Tatkraft an die Aufgabe gehen. Sinnbildlich für die Suche nach den Kunstschätzen, sind van Eycks Bilder des Ghenter Flügelaltars, welche für die Bedeutung von Kunsthistorie im Allgemeinen stehen. Und Michelangelos Brügger Madonna, die für die “Monuments Men” als persönliche Inspiration und Motivation fungiert.
Es darf gelacht werden, es muss gebangt werden, es soll geweint werden. Wie bei seinen fünf vorangegangenen Spielfilm-Regiearbeiten, schafft Clooney eine abwechslungsreiche Atmosphäre, die im zwanglosen Wechsel zwischen Spannung, Humor und Dramatik steht. Keines der Elemente wird dabei bevorzugt oder überbeansprucht. MONUMENTS MEN funktioniert als ausgewogener Film, der sich seiner geschichtlichen Verantwortung bewusst ist und diesen Ansprüchen Rechnung trägt, indem er stets auf dem Boden bleibt, Humor dezent und anspruchsvoll präsentiert, und Dramatik angemessen ausspielt, ohne diese künstlich auf die Spitze zu treiben. Doch wirklich rund läuft es trotz allem nicht. Dass das Drehbuch die Geschichte auf zwei Handvoll Menschen reduziert ist für den dramatischen Verlauf der Schatzsuche zuerst von Vorteil. Doch im Handlungsverlauf teilt sich das unentwegt in kleine, vereinzelte Episoden, die in sich schon geschlossen wirken.
Das Buch und Inszenierung so ausgewogen arbeiten, birgt aber auch Nachteile, die als dramaturgische Schwächen auffallen. So gibt es für die “Monuments Men” kaum Aufmerksamkeit, wenn sie Kunstschätze retten. Doch als sie aus Zufall die Goldreserven des Nazi-Regimes ausfindig machen, ist das öffentliche Interesse, und das Interesse der Alliierten umso größer. Eine nachdenklich stimmende Sequenz, die trotzdem ihre humoristische Stimmung nicht verfehlt. Doch die Gold-Episode zieht eine Weitere nach sich, und die ist, fast schon verständlich, in eine dramaturgisch gegensätzliche Richtung inszeniert. Stichwort: Jüdisches Zahngold. Und so funktioniert Clooneys Regie durchweg. Er setzt einen emotionalen Moment in einen humorvollen, dennoch sehr wirkungsvollen Kontext, um diesen später als traumatisches Erlebnis zu wiederholen.
Die wirklich wahre Begebenheit
Wirklich korrekt gibt der Film die Geschichte der MONUMENTS MEN nicht wieder. Doch Heslov, wie Clooney, haben sich darum verdient gemacht, dass sie den Geist der Ereignisse angemessen einem interessierten Publikum vermitteln. Und das mit einem außergewöhnlichem Ensemble. Natürlich ist Clooney der führende Sympathieträger. Aber ob Damon, Murray, Goodman, Dujardin, Bonneville, Balaban, oder Leonidas als schmückendes Beiwerk, sie bilden eine geschlossen Einheit von darstellerischer Leistung, aus der niemand herausgehoben wird, oder sich jemand hervortun darf. Es geht um die Geschichte. Und in der Geschichte der MONUMENTS MEN, retten aufrichtige Helden das kulturelle Kunsterbe verschiedener Nationen. In diesem Film ist es, mit Abstrichen hinsichtlich der tatsächlichen Ereignisse, eine sehr vereinfachte Darstellung der geschichtlich belegten Begebenheiten.
Egal wie weit von der geschichtlichen Wirklichkeit, oder wie fern von filmtechnischer Finesse, MONUMENTS MEN ist eine unterhaltsame und nicht langweilige Geschichtsstunde mit kaum vermittelten, historischen Fakten. George Clooneys Film ist in dieser Beziehung eine echte Augenweide, die mit vielerlei Schwäche in Inszenierung und nachvollziehbarer Trivialisierung, dennoch sein angesprochenes Mainstream-Publikum zu packen und zu unterhalten vermag.
THE MONUMENTS MEN
Darsteller: Matt Damon, George Clooney, Bill Murray, Cate Blanchett, John Goodman, Jean Dujardin, Hugh Bonneville, Bob Balaban, Justus von Dohnányi u.v.a.
Regie: George Clooney
Drehbuch: George Clooney, Grant Heslov
Kamera: Phedon Papamichael
Bildschnitt: Stephen Mirrione
Musik: Alexandre Desplat
Produktionsdesign: James D. Bissell
zirka 118 Minuten
USA 2014
Promofotos Copyright Columbia Pictures / 20th Century Fox