Ich war in der Zwischenzeit ebenfalls nicht untätig, und habe mich hinsichtlich der Markeneintragungen schlauer gemacht, als ich es vor dem Zutagetreten der Sachlage am Freitag war. Gleich vorneweg: Der zentrale Punkt ist, dass über eine solche Beantragung der Markeneintragung und einem eventuellen Widerspruch dagegen, gar nicht, wie in seiner Stellungnahme fälschlich angedeutet, sichergestellt werden kann, dass die Wortmarke »Steampunk« in Zukunft nicht von irgendwem geschützt wird oder werden kann. Und damit fällt Stefan Arbes´ Argumentationskette leider wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Meine Email an Stefan Arbes:
Hallo Stefan,
ich stehe natürlich für Fragen zur Verfügung. Sie dürfen mich gerne alles fragen, was sie möchten und dies auch weitergeben. […]
Wenn Sie noch weitere Fragen haben, gerne. Sie dürfen mich auch gerne duzen ;-)
Ich habe in der Tat noch Fragen und auch Kommentare zu Deiner Stellungnahme, die ich – und das sage ich gleich zu Anfang ganz offen – inhaltlich so nicht akzeptieren kann, da sie sachlich keinen Sinn macht.
Zentraler Punkt der Stellungnahme ist:
Ich habe deshalb im März schon (ist auch in der Anmeldung leicht zu sehen), den Begriff »Steampunk« in den Klassen 28, 9 und 41 beim Deutschen Patent- und Markenregister angemeldet, um zu klären, dass »Steampunk« kein schützenswerter Begriff ist.
Und da haben wir schon den ersten Fehler. Wie eine Recherche beim DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) schnell zutage bringt, wurde bereits 2009 versucht, den Begriff in einer Vielzahl von Klassen zu schützen. Dagegen ist damals erfolgreich Widerspruch eingelegt worden. Das zeigt aber auch, warum diese Argumentation tatsächlich keine ist: jeder kann in Zukunft jederzeit erneut versuchen, den Begriff schützen zu lassen, auch wenn Dein Antrag abgelehnt wird, oder wenn er aufgrund eines Widerspruchs gelöscht wird. Das wurde mir von einem Mitarbeiter des DPMA auch genau so bestätigt.
Du schreibst weiter:
b) Das DPMA lehnt die Markeneintragung mit der Begründung eines nicht schützenswerten Begriffs ab. Das ist dann eine klare Aussage der qualifizierten Fachbehörde, die in jeglicher späteren Abmahnung oder Prozess gegen irgendjemanden, der versucht, aus einer Marke »Steampunk« Gewinn zu schlagen, Gewicht hat. Und zwar wesentlich mehr Gewicht als alle sonstigen Argumentationen.
Das ist falsch. Wie ich soeben schrieb, kann jeder jederzeit nach einer solchen Ablehnung erneut versuchen, den Begriff als Wortmarke zu beantragen. Die einzige Möglichkeit, festzustellen, dass »Steampunk« kein schutzwürdiger Begriff ist, wäre, das von einem Gericht prüfen zu lassen. An dessen Urteil müssten sich dann auch die Beamten und Markenanwälte des DPMA halten.
Aus diesem Grund kann ich die Argumentation »ich habe das getan, um für alle Sicherheit herzustellen« nicht anerkennen. Hast Du keinerlei Recherche dazu durchgeführt, ob der Begriff schon einmal geschützt werden sollte? Hast Du Dich nicht von einem Anwalt beraten lassen, der darauf hingewiesen hätte, dass man auf diesem Wege keine dauerhafte Rechtssicherheit feststellen kann? Und das, obwohl Du in Deiner Stellungnahme vorgibst, Erfahrung mit Markenstreitigkeiten zu haben? Falls nein, war das dumm. Falls ja, kann man nur davon ausgehen, dass diese Stellungnahme vorgeschoben ist, und der Grund der Eintragung tatsächlich war, die Hoheit über den Begriff »Steampunk« zu erlangen.
Weiter schreibst Du:
c) Das DPMA trägt die Marke ein und die Widerspruchsfrist beginnt. Dann kann der Eintragung widersprochen und dem Widerspruch stattgegeben werden. Auch hier ist das Ergebnis wie bei a), nämlich einigermaßene Klarheit.
Dabei muss allerdings gesehen werden, dass Du zum einen für die Eintragung der Marke 300 Euro bezahlen musstest (möglicherweise zzgl. Anwaltsgebühren) und wenn jemand die Löschung beantragt, dann muss er entweder 120 Euro zzgl. Anwaltskosten berappen (für eine Beanstandung wegen bestehender Rechte) oder sogar 300 Euro zzgl. Anwalt aufbringen (für einen Löschungsantrag aufgrund nicht schutzwürdigen Begriffs). Im Prinzip alles völlig überflüssige Kosten, da dadurch eben nicht dauerhaft festgestellt werden kann, ob der Begriff schutzwürdig ist. Übrigens erläuterte mir ein Mitarbeiter des DPMA, dass auch jeder Beamte, der einen solchen Fall bearbeitet, neu entscheidet, und die nicht im geringsten interessiert, was vorher schonmal jemand in gleicher oder ähnlicher causa entschieden hat. Ganz deutlich: Es ist beim DPMA keine dauerhafte Klarheit herzustellen.
Und da kommen wir zu einem weiteren Punkt, der mir extrem merkwürdig vorkommt: Du bringst ja vor, nur das Beste für die Szene im Sinn zu haben. Das hätte allerdings dann auch bedingen müssen, dass Du transparent gegenüber der deutschen Szene bist. Kurz nach der Eintragung hätte eine öffentliche Erklärung erfolgen müssen, wer Du bist, was das soll, und was Du damit bezweckst. Dann hätte man Dir den Einsatz für die Szene abkaufen können. Da das allerdings monatelang nicht geschehen ist, kann zumindest ich das nicht glauben.
Weiter:
d) Es kommt zur Eintragung der Marke. Dann werde ich die Marke an eine unabhängige Institution übertragen (das ist dann wahrscheinlich sinnvollerweise ein Verein oder Ähnliches), die die Marke verwaltet und an jeden Interessierten symbolisch weiter lizensiert. Damit sind alle, die in den Klassen irgend etwas in dem Bereich machen, einigermaßen geschützt.
Ebenfalls nicht schlüssig. Wenn das der Plan war, dann müsste doch jetzt nach all den Monaten von Deiner Seite zumindest etwas deutlich Konkreteres dazu zu sagen sein, wer die Marke bekommen soll, als »irgendeine Organisation« oder »irgendein Verein«. Es gibt keinen »Zentralrat der Deutschen Steampunks«, die Szene ist wie das Genre heterogen. Glücklicherweise. Ich war in genug deutschen Vereinen, um zu wissen, dass das allerletzte, was wir wollen ist, dass irgendein bürokratischer Haufen von Wichtigtuern die Oberhoheit über einen Begriff wie »Steampunk« hat. Und über den dann vermutlich alle Aktivitäten im Bereich »Steampunk« laufen müssten. Denn de facto und rechtlich gesehen gehörte die Marke dann der Institution, wie immer die auch aussehen würde. Jeder, der den Begriff »Steampunk’ « für irgendwas nutzen möchte, müsste sich von dem Verein rechtsgültig schriftlich geben lassen, dass die Nutzung erlaubt ist. Einen solchen Bürokratiemoloch wird niemand ernsthaft wollen, und es sieht für mich aus, als wolle sich hier jemand an eine Schnittstelle setzen, um Kontrolle über den Begriff auszuüben, auch wenn keine Markentrollerei wie Abmahnung etc. betrieben wird.
Abschließend sage ich ganz offen, dass die Stellungnahme für mich in keinem Punkt schlüssig ist, da die Grundprämisse »Sicherheit für alle herstellen« aus den oben aufgeführten Gründen nichtig ist.
Es gibt jetzt in meinen Augen zwei Möglichkeiten.
Möglichkeit eins: Das ist aus Unwissenheit geschehen, ohne sich vorher beraten zu lassen. Das würde ich dann als Dummheit bezeichnen. Eine Dummheit die zudem irgend jemanden 300 Euro kosten wird, falls die Behörde den Begriff einträgt.
Möglichkeit zwei: Es war von vorneherein nicht die Absicht, Sicherheit für die Szene herzustellen, sondern tatsächlich nur, den Begriff für eigene Zwecke schützen zu lassen. In dem Fall wären Shitstorm und erboste Anrufe absolut gerechtfertigt.
Da durch die Markeneintragung keinerlei Rechtssicherheit hergestellt wird, sehe ich keinen inhaltlich nachvollziehbaren Grund, warum Du den Antrag nicht umgehend zurückziehen solltest. Auch jeder weitere, der versucht, den Begriff eintragen zu lassen, wird den nicht ohne Gegenmaßnahmen aus der Szene bekommen. Insbesondere, da der nach dieser Aktion jetzt besonders unter Beobachtung steht.
Ich bin überaus gespannt auf Deine erneute Stellungnahme und bedanke mich dafür im voraus.
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Mit freundlichem Gruß,
Stefan Holzhauer
PhantaNews.de
Phantastische Nachrichten
Steampunk-Chroniken.de
aethermanufaktur.de
Email Ende.
Das Logo »Free Steampunk« ist von mir, ich stelle es unter CC0, also Public Domain, es kann somit jeder kostenfrei und ohne irgendwelchen urheberrechtlichen Bedenken nutzen, der seine Unterstützung dafür zeigen möchte, dass der Begriff »Steampunk« keine Wortmarke werden und auch nicht anders geschützt werden darf. Von niemandem, ganz im Sinne von K.W. Jeter.
(für eine größere Version: draufklicken. Wer eine druckfähige oder freigestellte haben möchte, mailt mich an)
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