Mehr als 30 Jahre, nachdem er mit ALIEN und BLADE RUNNER Genre-definierende SF-Klassiker gedreht hat, kehrt Ridley Scott mit PROMETHEUS zur Science Fiction zurück – noch dazu in das ALIEN-Universum. Die Erwartungen sind entsprechend hoch, nicht zuletzt, da das Weltraum-SF-Angebot in TV und Film in den letzten Jahren eher mager ist.
PROMETHEUS ist im ALIEN-Universum angesiedelt, aber kein Prequel im engeren Sinne. Wer ALIEN kennt, wird viele Kleinigkeiten und Anspielungen besser verstehen – aber auch ohne diese Kenntnisse kann man den Film bedenkenlos genießen. Die Handlung setzt einige Jahrzehnte vor ALIEN ein: Auf der Erde findet das Archäologenpaar Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) im Jahr 2089 eine Vielzahl von frühmenschlichen Piktogrammen und Höhlenzeichnungen, die alle große Gestalten zeigen, die auf das selbe Sternbild deuten.
Vier Jahre später erreicht das Forschungsschiff »Prometheus« dieses Sternbild. An Bord die beiden Archäologen, weitere Wissenschaftler und Crew sowie Meredith Vickers (Charlize Theron) von der Weyland Corporation, die eine Billion Dollar in den Flug investiert hat. (Ja, genau die Weyland-Corporation, die später einmal Weyland-Yutani heißen wird …) Nach dem Erwachen der Crew aus dem Kälteschlaf (nur Android David 8, meisterhaft gespielt von Michael Fassbender, war während des Fluges wach) erläutert ihnen und dem Zuschauer der 103jährige Konzernchef Peter Weyland (Guy Pearce) als Hologramm die Hintergründe der Mission. Kurz darauf landet die Prometheus – und findet eine künstliche Struktur, die natürlich erkundet werden will. Findet das Team die »Engineers«, die möglicherweise das Leben auf unserer Erde geschaffen haben?
Weitere Einzelheiten zum Plot sollen nicht gespoilert werden – wer das Alien-Franchise kennt, kann sich ausmalen, was die Crew erwartet. Dennoch ist Prometheus kein ℗remake von ALIEN, auch wenn sich der Film vom Design, Charakter und Plot-Elementen stark an das Original von 1979 anlehnt. Dieser machte Sigourney Weaver als Ripley zu ersten weiblichen Actionheldin – und auch diesmal sind Noomi Rapace und Charlize Theron die Charaktere, die den Film vorantreiben. Doch Scott setzt nicht so sehr alleine auf den Horror wie bei Alien oder auf Action wie James Cameron bei Aliens, sondern nimmt sich Zeit für seine Charaktere und für einige philosophische Fragen. Und bis auf Elizabeth Shaw sind eigentlich alle Figuren weder gut oder böse, sondern folgen einfach verschiedenen ethischen und moralischen Richtschnüren – und ihrer eigenen Agenda. Vor allem Michael Fassbender als David 8 stiehlt regelmäßig den anderen Darstellern fast die Show – was dieser virale Clip in Ansätzen erkennen lässt:
Der Film ist in vielen Aspekten ein »klassischer«, fast schon altmodischer SF – angefangen bei der Frage »wer sind unsere Schöpfer und was hat sie motiviert?«, über das Design, die Special Effects, den orchestralen Soundtrack und natürlich auch bei Spannung und Action. Angenehm fallen dabei vor allem die langen Schnittsequenzen und grandiosen Landschafts- und Weltraum-Szenen auf – der Film sucht gezielt ein älteres, anspruchsvolles Publikum und ist kein geistloses Popcornkino. Die Schauspieler, allen voran Michael Fassbender, können weitgehend überzeugen, auch wenn leider die Nebencharaktere etwas farblos bleiben. Der Plot gefällt durch einige Wendungen, mit denen Scott die Erwartungen des Publikums hier und da durchbricht – wer Bahnbrechendes vom Schlage eines BLADE RUNNER oder INCEPTION erwartet, wird hingegen enttäuscht. Leider werfen sich hin und wieder einige Figuren gegenseitig den »Idiot Ball« zu – aber so funktionieren halt Horror- und Spannungs-Plots…
Wie nicht anders zu erwarten, beantwortet der Film einige, aber nicht alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Herkunft des »Aliens« auftreten – weitere Filme sind laut Branche bereits in Vorbereitung. Dennoch endet PROMETHEUS nicht als Cliffhanger, sondern steht für sich – einer der besseren SF-Filme der letzten Jahre. Nicht so mutig bei der Story wie beispielsweise MOON, aber um einiges besser als »Pocahontas-im-Weltraum« (AVATAR). Wer vom Alien-Franchise durch die ALIEN VS. PREDATOR-Reihe enttäuscht wurde, kann hier bedenkenlos zugreifen. Für den Fachkenner gibt es nicht nur zahlreiche Anspielungen auf die Alien-Reihe, sondern auch generell auf SF-Klassiker, nicht zuletzt 2001 – ODYSSEE IM WELTRAUM.
PROMETHEUS
Darsteller: Noomi Rapace, Charlize Theron, Michael Fassbender, Logan Marshall-Green, Idris Elba, Guy Pearce u.a.
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Damon Lindelof, Jon Spaihts
Kamera: Dariusz Wolski
Bildschnitt: Pietro Scalia
Musik: Marc Streitenfeld
Produktionsdesign: Arthur Max
Länge: 124 Minuten
USA 2012
Promofotos Copyright 20th Century Fox
Siehe auch:
PROMETHEUS – Teil 1: Die positive Betrachtung von Bandit
PROMETHEUS – Teil 2: Eine metaphysische Betrachtung von Bandit