George A. Mann – THE IMMORALITY ENGINE

Wird Köni­gin Vic­to­ri­as Herr­schaft enden?

Aller guten Bücher sind drei. Tri­lo­gien haben den gro­ßen Vor­teil, dass sie über­schau­bar sind. Man wird aller Vor­aus­sicht nach nicht Jah­re oder gar Jahr­zehn­te lang dar­auf war­ten müs­sen, ob der Autor sein Epos irgend­wann been­det – oder eben auch nicht.

Geor­ge A. Manns Steam­punk-Rei­he um die Son­der­er­mitt­ler der Kro­ne New­bury und Hob­bes sind eine Tri­lo­gie und der letz­te Band ist vor eini­gen Wochen erschie­nen. Ich hat­te nun end­lich die Zeit, auch IMMORALITY ENGINE zu lesen.

Erneut ent­führt der Autor den Leser in ein vik­to­ria­ni­sches Eng­land, das einem zwar in vie­len Aspek­ten über­aus bekannt vor­kommt, aber den­noch mit Steam­punk- und Gru­sel-Facet­ten aufs Vor­treff­lichs­te ange­rei­chert wur­de, um eine ein­zig­ar­ti­ge Stim­mung zu erzeu­gen. Und erneut legt Mann »noch eine Schüp­pe Koh­len« drauf.

Klap­pen­text:

On the sur­face, life is going well for Vic­to­ri­an spe­cial agent Sir Mau­rice New­bury, who has bril­li­ant­ly sol­ved several nigh-impos­si­ble cases for Queen Vic­to­ria with his indo­mita­ble assi­stant, Miss Vero­ni­ca Hob­bes, by his side. But the­se facts haven’t stop­ped New­bury from suc­cum­bing incre­a­singly fre­quent­ly to his dire flir­ta­ti­on with the lure of opi­um. His addic­tion is fue­led in part by his ill-got­ten know­ledge of Veronica’s secret rela­ti­ons­hip with the queen, which New­bury fears must be some kind of betra­yal. Vero­ni­ca, con­su­med by worry and care for her pro­phe­tic but phy­si­cal­ly fra­gi­le sis­ter Ame­lia, has no idea that she is a cata­lyst for Newbury’s steadi­ly wor­se­ning condition.

Vero­ni­ca and Newbury’s dear friend Bain­bridge, the Chief Inves­ti­ga­tor at Scot­land Yard, tri­es to cover for him as much as pos­si­ble, but when the body of a well known cri­mi­nal turns up, Bain­bridge and Vero­ni­ca track New­bury down in an opi­um den and drag him out to help them with the case. The body is clear­ly, irre­fu­ta­b­ly, that of the man in ques­ti­on, but short­ly after his body is brought to the mor­gue, a crime is dis­co­ve­r­ed that bears all the dead man’s hall­marks. Bain­bridge and Vero­ni­ca fear someo­ne is com­mit­ting copy­cat cri­mes, but New­bury is not sure. Somehow, the details are too per­fect for it to be the work of a copy­cat. But how can a dead man com­mit a crime?

Das Aben­teu­er beginnt nicht nur mit der Bei­set­zung von Miss Hob­bes hell­sich­ti­ger Schwes­ter Ame­lia, son­dern auch mit der Ent­de­ckung eines Toten, der offen­sicht­lich trotz sei­nes recht end­gül­ti­gen Zustands und des Auf­ent­halts in der Lei­chen­hal­le Scot­land Yards wei­ter­hin Ver­bre­chen ver­übt, son­dern auch damit, dass Miss Hob­bes und Komis­sar Bain­bridge Sir Mau­rice New­bury aus einer Opi­um­höh­le holen müs­sen. Lei­der ist der Ermitt­ler im Ver­lau­fe der letz­ten Roma­ne der asia­ti­schen Dro­ge immer mehr ver­fal­len und die bei­den ande­ren Prot­ago­nis­ten machen sich erheb­lich Sor­gen um ihren Freund und des­sen kör­per­li­che und geis­ti­ge Gesundheit.
Ab hier zün­det Mann ein wah­res Feu­er­werk an vik­to­ria­ni­schem Steam­punk, immer fein durch­wirkt mit Gru­sel und Okkul­tis­mus. Es ist mir lei­der fast unmög­lich, auf den Inhalt ein­zu­ge­hen, ohne dem Leser den Spaß an der Lek­tü­re zu neh­men, aber die Geschich­te strotzt nur so von abson­der­li­chen oder sinis­tren Gerät­schaf­ten, ein-Mann-Kano­nen, von Uhr­wer­ken ange­trie­be­nen Pfer­de­au­to­ma­ten und Kampf-Exo­ske­let­ten aus Messing.

Man merkt, dass die gesam­te Geschich­te auf drei Bücher aus­ge­legt war und der Autor hier zu einem Schluß­punkt kommt, denn im Ver­gleich zum eher gemäch­li­chen ers­ten Band und auch zum schon etwas dyna­mi­sche­ren zwei­ten Buch zieht er das Tem­po deut­lich an. Und man stellt fest, dass eben die jewei­li­gen behan­del­ten »Fäl­le« eigent­lich nur eine Teil einer weit­aus grö­ße­ren Geschich­te waren, in deren Mit­tel­punkt selbst­ver­ständ­lich Ame­lia steht, die Schwes­ter von Miss Vero­ni­ca Hob­bes, New­burys »Assis­ten­tin«. Und eben­so selbst­ver­ständ­lich sitzt die durch Tech­nik künst­lich am Leben erhal­te­ne Queen Vic­to­ria wie einee Spin­ne in der Mit­te eines gigan­ti­schen Net­zes und glaubt, alle Fäden in Hän­den zu hal­ten. Im letz­ten Teil der Serie wer­den Hin­ter­grün­de offen­bar, mit denen man in die­ser Form nicht gerech­net hät­te und die bis­wei­len auch sehr über­ra­schend sind.

Wer die ers­ten bei­den Bän­de gele­sen hat, wird sicher­lich erst gar nicht lan­ge über­le­gen, und auch den drit­ten kau­fen. Wer das nicht getan hat, soll­te aller­dings beim ers­ten anfan­gen, da es sich bei den New­bury & Hob­bes-Ermitt­lun­gen eben wie oben bereits ange­spro­chen um eine Tri­lo­gie han­delt, deren ein­zel­ne Bücher kei­nes­falls so in sich abge­schlos­sen sind, wie der ers­te es sug­ge­rie­ren mag. Nur den drit­ten zu lesen macht über­haupt kei­nen Sinn.

Für den Freund von Steam­punk ist IMMORALITY ENGINE eine Offen­ba­rung und zwar genau des­we­gen, weil Mann das Gen­re ver­gleichs­wei­se spar­sam ein­setzt. Wie die­ser Wider­spruch zu erklä­ren ist? Ein­fach: ande­re Autoren und Ver­la­ge hän­gen sich ans The­ma und über­frach­ten ihre Roma­ne zu Teil gera­de­zu mit den übli­chen Ver­satz­stü­cken. Bei Mann sind sie ein­deu­tig vor­han­den, aber weder mas­siv in den Vor­der­grund gerückt noch Selbst­zweck. Der Steam­punk ist auf gekonn­te Wei­se der­art mit dem his­to­ri­schen Hin­ter­grund und der Geschich­te ver­quickt, dass er zwar vor­han­den, aber nie­mals auf­dring­lich ist. Zumin­dest kommt mir als Fan des Gen­res so vor – wer noch nie damit zu tun hat­te, mag das anders sehen und den Steam­punk deut­lich erken­nen. Mir scheint aber den­noch, dass Geor­ge Mann es geschafft hat, erneut einen sehr homo­ge­nen und unauf­dring­li­chen Roman des Gen­res abzu­lie­fern und dafür muss man ihm ange­sichts der Holz­ham­mer-Metho­de ande­rer Autoren sehr dank­bar sein.

Wer noch nie Steam­punk gele­sen hat, dem sei­en die­se drei Bücher drin­gend ans Herz gelegt, denn mei­ner Ansicht nach beinhal­ten sie das, was das Gen­re aus­macht: Aben­teu­er, ver­rück­te Wis­sen­schaft­ler selt­sa­me, damp­fen­de oder ticken­de Maschi­nen, Okkul­tis­mus, ehren­haf­te Hel­den, üble Schur­ken und den ein oder ande­ren Adli­gen, man­cher davon nett, man­cher davon böse. Alles ein­ge­bet­tet in ein eng­li­sches Kolo­rit der vik­to­ria­ni­schen Zeit, das trotz (oder gera­de wegen?) der Steam­punk-Ele­men­te eigent­lich sehr rea­lis­tisch wirkt und dem Leser bekannt vor­kommt. Mann will unter­hal­ten und das gelingt ihm auch ohne jeg­li­che Fra­ge – der Roman steht in der Tra­di­ti­on klas­si­scher Aben­teu­er­ro­ma­ne und will mehr auch glück­li­cher­wei­se gar nicht sein. Des­we­gen ist der Ein­steig auch für neue Leser des Gen­res leicht: man kennt das Set­ting und wird von den Steam­punk-Antei­len nicht überfordert.

Alles in allem ist die Tri­lo­gie und ist auch ins­be­on­de­re die­ser Abschluß­band ganz gro­ßes Kino und ich bin höchst betrübt, dass damit die Aben­teu­er von New­bury, Hob­bes und Bain­brig­de been­det sein soll­ten. Doch die letz­ten Absät­ze des Romans las­sen Hoff­nung auf­kei­men, dass noch mehr kom­men könnte …

Ich ver­ge­be fünf von fünf Zahnrädern.

Der ers­te Band ist übri­gens vor Kur­zem in deut­scher Spra­che erschie­nen, ver­blüf­fen­der­wei­se mit sei­nem eng­li­schen Titel (sie­he unten).

 

Rezen­si­on AFFINITY BRIDGE (Band I)

Rezen­si­on THE OSIRIS RITUAL (Band II)

Creative Commons License


Cover Copy­right Snowbooks

 

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AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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