Ernie Cline: READY PLAYER TWO

Wenn man einen Nerd-Roman geschrie­ben hat, der nicht nur zum nicht nur von Nerds gefei­er­ten Über­ra­schungs­er­folg wur­de, son­dern auch von Ste­ven Spiel­berg in einen Kino­film ver­wan­delt wur­de, dann hat man für eine Fort­set­zung ein Pro­blem: Egal was man macht, irgend­wer wird mau­len. Die einen wer­den mehr von dem­sel­ben Zeug lesen wol­len und unzu­frie­den sein wenn sie das nicht bekom­men. die ande­ren wer­den was von »ist ja genau das­sel­be wie beim ers­ten Mal!« nör­geln. Letz­te­re haben aller­dings in aller Regel nicht ver­stan­den, dass man so etwas eben »World­buil­ding« nennt – und wenn die Welt erst ein­mal eta­bliert ist, dann kann man die selbst­ver­ständ­lich erneut besu­chen und die Geschich­te in den­sel­ben Para­me­tern vari­ie­ren. STAR TREK und STAR WARS machen das seit Jahrzehnten …

Aber Ernie Cli­ne hat­te das Pro­blem natür­lich mit einer Fort­set­zung von READY PLAYER ONE eben­falls: Egal was er tun wür­de, irgend­wer wäre ver­mut­lich unzufrieden.

Und tat­säch­lich gibt es Stim­men, die sagen oder schrei­ben, dass die Fort­füh­rung ein­fach nur das­sel­be wie im ers­ten Band noch­mal sei. Ich weiß ers­tens nicht, was die gele­sen haben, READY PLAYER TWO kann es ers­tens nicht gewe­sen sein, und zwei­tens haben sie das gesam­te Kon­zept der von Ernie Cli­ne gebau­ten Welt nicht ver­stan­den. Den selbst­ver­ständ­lich geht es um das Abfei­ern von Nerd-Iko­nen, wei­ter­hin han­delt das meis­te davon selbst­ver­ständ­lich erneut in einer Art gigan­ti­schem Mas­siv­ley Mul­ti­play­er Online-Game (von Ein­ge­weih­ten auch »MMO« genannt) – und in MMOs gibt es end­lo­se Quest­rei­hen abzu­ar­bei­ten. Im Prin­zip ist es des­we­gen mei­ner Ansicht nach nur kon­se­quent, wenn Cli­ne das im zwei­ten Roman der Rei­he noch­mal durch­zieht und eine zwei­te Quest­rei­he beschreibt.

Und tat­säch­lich unter­schei­det sich READY PLAYER TWO inhalt­lich ganz maß­geb­lich vom ers­ten TeilUnd tat­säch­lich unter­schei­det sich READY PLAYER TWO inhalt­lich ganz maß­geb­lich vom ers­ten Teil. Ging es da haupt­säch­lich um mehr oder weni­ger obsku­re Com­pu­ter­spie­le und Pop­kul­tur aus den 1980er Jah­ren, kom­bi­niert mit moder­nen MMOs und viel Vir­tu­al Rea­li­ty, erforscht der Autor zusam­men mit den Prot­ago­nis­ten und nicht zuletzt dem Leser in der Fort­set­zung wei­te­re Tei­le der vir­tu­el­len Rea­li­tät OASIS und auch wei­te­re Aspek­te von deren Erschaf­fung und ihrer Schöp­fer. Ja, es geht wie­der um eine Quest­rei­he, das geht auch völ­lig in Ord­nung, wie ich oben bereits erläu­ter­te, aller­dings ist die so ganz anders ange­legt und auch die Begleit­um­stän­de sind so anders als in READY PLAYER ONE, dass es sich ganz und gar nicht um ein Selbst­pla­gi­at handelt.

Sicher: Nerd-The­men ste­hen weit im Vor­der­grund und sicher­lich schim­mern auch Cli­nes per­sön­li­che Vor­lie­ben durch. Wer mit dem gan­zen The­men­kom­plex von 80er-Jah­re Arca­de­spie­len über MMOs, Fil­me, DUNGEONS & DRAGONS, Musik und dem Amal­gam dar­aus, das Cli­ne anfer­tigt, nichts anfan­gen kann, der soll­te die Fin­ger weit von die­sem Buch las­sen, denn er ist nicht in der Lage zu ver­ste­hen, wor­um es hier über­haupt geht. Und wird sich des­we­gen auch die gan­ze Zeit am Kopf krat­zen und fra­gen, was – zum Teu­fel – das über­haupt soll. Aber für Par­ty­po­oper ist der Roman auch über­haupt nicht gedacht. Die Ziel­grup­pe ist die­sel­be wie beim ers­ten Teil – und eigent­lich ist sie viel­leicht sogar noch enger gefasst, denn zusätz­lich benö­tigt man zum Lesen zwin­gend die Infor­ma­tio­nen aus READY PLAYER ONE.

Aus nahe­lie­gen­den Grün­den will ich gar nicht erst auf den Inhalt ein­ge­henAus nahe­lie­gen­den Grün­den will ich gar nicht erst auf den Inhalt ein­ge­hen, denn das wür­de zuviel spoi­lern. Mir hat READY PLAYER TWO als eigen­stän­di­ge Fort­set­zung aus­ge­spro­chen gut gefal­len, auch wenn man­che Ent­schei­dun­gen der Prot­ago­nis­ten viel­leicht ein wenig weit her­ge­holt sind, aber Men­schen tref­fen eben nicht immer ratio­na­le Ent­schlüs­se. Ich gehe wei­ter­hin davon aus, dass es Per­so­nen geben wird, die mit dem Ende gar nicht ein­ver­stan­den sein wer­den. Aber das Ende regt zum Nach­den­ken an – und das ist genau was Bücher neben der Unter­hal­tung tun sol­len. Außer­dem berei­tet Ernest Cli­ne damit den Weg für einen drit­ten Teil, der so ganz anders wer­den könn­te als die ers­ten bei­den, ohne den grund­sätz­li­chen Ansatz zu vergessen.

Für Nerds und Geekin­nen denen der ers­te Teil gefiel spre­che ich eine unbe­ding­te Lese­emp­feh­lung aus. Wer MMOs, Retro-Com­pu­ter­spie­len, Kult­fil­men und Rol­len­spie­len eh nichts abge­win­nen kann, soll­te einen licht­jah­re­wei­ten Bogen um den Roman machen. Ich habe das eng­li­sche Ori­gi­nal gele­sen und gehe davon aus, dass in einer Über­set­zung zwin­gend viel zuviel ver­lo­ren gehen muss, was kaum über­setz­bar ist.

Ach ja: Ich gehe nicht davon aus, dass es eine Ver­fil­mung geben wird. Ers­tens war der Film zu READY PLAYER ONE kein Block­bus­ter an den Kino­kas­sen – und zwei­tens dürf­te es mit diver­sen Inhal­ten in READY PLAYER TWO erheb­li­che Rech­te­pro­ble­me geben, sowohl was Inhal­te als auch Per­so­nen angeht.

READY PLAYER TWO
Ernest Cline
SF-Roman
24. Novem­ber 2020
384 Seiten
Gebun­de­ne Aus­ga­be: ab ca. 21 Euro
ISBN-13 : 978–1524761332
eBook (Kind­le): ca. 14 Euro
ASIN : B08CGP9TJ7
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Cover­ab­bil­dung Copy­right Ball­an­ti­ne Books

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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