Details dazu und Quellenangaben zu den Bildzitaten findet man in einem eigenen Artikel.
Was heutzutage mittels computergenerierten Bildern alles so möglich ist, zeigt nicht nur James Camerons AVATAR in beeindruckender Weise, auch TRON: LEGACY eröffnete eine neue Dimension der gerenderten Realität. Insbesondere fast schon erschreckend waren die Sequenzen mit dem nach Jeff Bridges gestalteten Programm CLU oder seinem jüngeren Alter Ego. Die Technik ist inzwischen offensichtlich so weit, dass sie es ermöglicht, Darsteller in Filme einzubauen, die nicht mehr oder nicht in der »benötigten« Form zur Verfügung stehen.
Bei Paramount denkt man derzeit offenbar intensiv darüber nach, ob man sich diese Technik zunutze machen kann, um STAR TREK in einer Form wieder auferstehen zu lassen, wie man sie offiziell zuletzt in den 1960ern sah: TOS, in Deutschland eher bekannt als RAUMSCHIFF ENTERPRISE.
Special Effects Supervisor Dan Curry (TNG, DS9, VOY, ENTERPRISE, CHUCK) erläutert in einem Interview mit der Print-Ausgabe von Variety, dass man sich nicht zu vorschnell freuen soll – zu viel ist derzeit noch unsicher: zwar ist es mit der aktuellen Technik wahrscheinlich machbar, die Szenarien und Sets mit vertretbarem Aufwand (und Kosten) komplett digital wiederverwendbar und glaubwürdig zu erzeugen, allerdings prüft man derzeit erst einmal, ob das auch für eine vollständige am Computer erstellte Besetzung möglich ist. Als Alternative denkt man ebenfalls darüber nach, ob man eventuell Extras und neue Figuren nicht am Rechner erstellt, sondern hierfür echte Schauspieler verpflichtet, die dann vor Greenscreen agieren und mit Computertricks der minimal geringeren Qualität der gerenderten Charaktere angepasst werden sollen. Oder ob man in realen Kulissen dreht und die digital erzeugten Figuren hineinrechnet. Curry sagt:
»Es stehen noch einige Fragen im Raum, die wir bislang nicht beantworten konnten und die wir erst erforschen müssen. Zum einen wissen wir noch nicht genau, wie groß der Aufwand tatsächlich ist, um die Charaktere aus den 60ern für eine Serie oder einen Fernsehfilm unter echten Bedingungen realistisch und glaubwürdig zu rekreieren. Zum zweiten haben wir noch nicht von allen Schauspielern bzw. deren Erben die Freigabe, das Aussehen der Schauspieler bzw. der Rollen in dieser Form nutzen zu dürfen. Manch einer hat offenbar Bedenken. Dennoch experimentieren wir weiter mit der Technik, denn … man weiß ja nie.«
Die mit diesen Experimenten beauftragten CGI-Zauberer um Curry arbeiten offenbar in der extra hierfür gegründeten Firma Next Genesis LLC (die waren bereits für die überarbeiteten Spezialeffekte in der remasterten BluRay-Version von TOS verantwortlich) schon einige Zeit an diesem Projekt, denn sie haben die vorhandenen Techniken bereits verfeinert. Üblicherweise wird die Mimik und werden die Bewegungen der generierten Charaktere mittels Motion Capturing oder Performance Capturing an Schauspielern aufgezeichnet und dann auf das Computermodell übertragen. Der CGI-Spezialist erläutert, dass man in der Lage sei, Mimik und Bewegungen auch von zweidimensionalen Bewegtbildern (zum Beispiel alten Episoden) erfassen und auf die Modelle übertragen zu können. Hierzu werden in einem aufwendigen Verfahren manuell aber computergestützt Referenzpunkte auf dem alten Material angebracht, die allen Bewegungen des Schauspielers folgen, mit dieser Arbeit wurde bereits beim Remastering angefangen. Hat man eine Szene komplett mit solchen Referenzpunkten versehen, kann man diese wiederum für ein Motion Capturing nutzen. Das Verfahren ist eine verfeinerte Fassung desjenigen, das dazu benutzt wird, aus mehreren Fotos eines Gebäudes aus unterschiedlichen Positionen ein dreidimensionales Modell automatisiert zu erschaffen – und das gibt es bereits für Jedermann als Open Source-Software.
Weiter zum technischen Hintergrund befragt führt Dan Curry aus, dass das grundsätzliche Erstellen der Charaktermodelle für die Experimente im Moment mit Autodesks Maya 3D durchgeführt wird, eine Verfeinerung findet in Pixologics ZBrush statt, das letztendliche Rendering der Tests geschieht in Mental Ray, das auch in TRON LEGACY Verwendung fand, um CLU zu erschaffen. Curry fügt hinzu, dass man ein Verfahren entwickelt habe, um die Polygonzahl der computergenerierten Akteure mittels Tessellation (ein Verfahren, das auch in modernen Grafikkarten Verwendung findet, um die Darstellung in Computerspielen zu verbessern) niedrig zu halten, bittet aber um Verständnis dafür, dass man zu Details derzeit noch nichts preisgeben möchte.
Standbilder von Kirk, Spock und Co. sehen auf diese Art erzeugt schon gut aus, nur mit den Animationen ganzer Figuren scheint es noch zu hapern, so dass eine der wichtigsten zu klärenden Fragen derzeit streng genommen nicht direkt mit Computergrafik zu tun hat: ob man grundsätzlich reale Schauspieler einsetzt und »nur« die Köpfe austauscht, wie auch bei TRON: LEGACY geschehen.
Curry erläutert weiterhin, dass man bei Paramount noch nicht endgültig darüber entscheiden hat, ob man das Verfahren wirklich anwenden will, obwohl man gerade eine Menge Geld in die Erforschung steckt. Kein Wunder, denn manch einem mag diese Möglichkeit, erneut Jugend zu verleihen oder gar tote Schauspieler auferstehen zu lassen, gruselig vorkommen. Man muss sich auch die Frage stellen, ob wir so etwas wirklich brauchen.
Und so sagt auch Dan Curry:
»Es zeichnet sich bereits jetzt ab: die Möglichkeiten sind unfassbar – aber auch ein wenig erschreckend. Auf der anderen Seite wurden Charaktere oder historische Figuren immer wieder von neuen, von anderen, Schauspielern dargestellt oder auch in Form von Zeichentrick erneut zum Leben erweckt. Im Prinzip tun wir hier nichts anderes – nur auf eine alternative Art und Weise.«
Unabhängig von den philosophischen Erwägungen ist die technische Seite in meinen Augen nichtsdestoweniger »faszinierend« – wie Spock sagen würde…
Man muss allerdings auch sehen, dass wir hier über Hollywood reden und dort geht es vorrangig um Geld. Es ist abzusehen, dass in Zukunft, wenn diese Technik produktionsreif geworden ist, die Studios mit einiger Sicherheit Rechte am Aussehen von Schauspielern erwerben werden wollen, um bei einem Ableben oder wenn die Person aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung steht (oder stehen will), dennoch auf die von ihnen gespielten Charaktere zurückgreifen zu können. Das wäre eine Entwertung des Berufs des Schauspielers die ich nicht gutheißen mag und man kann nur hoffen, dass hier die Agenten und die Screen Actors Guild gut aufpassen, was geschieht und Verträge aufsetzen, die Missbrauch verhindern.
Bilder: Renderings und Wireframes Copyright Paramount und Next Genesis LLC; CLU Copyright Walt Disney Corporation
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Zu diesem Thema gibt es ein sehr selbstentlarvendes Interview mit Tom Hanks, im Namen der Screen Actors Guild, auf hitfix.com. Ausgerechnet Hanks zeigt sich als größter Gegner von PHASE TWO, der neuen ‘alten’ Star Trek Serie, wo er doch in POLAR EXPRESS, dank Motion-Capture, gleich drei Rollen gespielt hat.
Anmerken möchte ich noch, das hier entscheidende Informationen entweder fehlen, oder falsch sind, was PHASE TWO betreffen. Es wird definitiv KEIN Motion-Capture für die Gesichter der Hauptdarsteller geben. Es wäre rechtlich überhaupt nicht umsetzbar. Es dürfen nur Abbilder aus der Original-Serie verwendet, und diese aber nicht verfremdet werden.
Dan Curry hat sich schon immer weit aus dem Fenster gelehnt, aber mit diesem Interview hat er sich wirklich zuweit aus dem Fenster gelehnt. Das ist kontrproduktiv für PHASE TWO.
Die rechtliche Seite ist meiner Ansicht nach ziemlich klar: die Captures der Mimik gehören den Studios, da nicht das Gesicht als eigentliche Vorlage Verwendung findet, sondern nur die darauf liegenden Referenzpunkte genutzt werden. Wenn man nun jemanden heranzieht, der Shatners Mimik einstudiert und das wird dann gecaptured, kann man dagegen kaum was einwenden.
Das einzige rechtliche Problem ist eben das Recht an der sogenannten »Likeness«, allerdings erwerben die Studios bereits heute Rechte am Aussehen einer fiktiven Figur, also mithin am Aussehen des Schauspielers. Beispielsweise Indiana Jones: In den Dark Horse-Comics sieht der anders aus, weil die zwar die Rechte am Stoff, aber nicht am Aussehen von Harrison Ford erworben haben. IN STAR TREK ONLINE dürfen keine bekannten Figuren vorkommen, da man die Rechte an Aussehen der Figuren nicht lizensiert hat.
Wurden solche Absprachen NICHT getroffen gilt der Celebrities Rights Act: http://en.wikipedia.org/wiki/Celebrities_Rights_Act
Nachtrag: ich denke aber, dass die Schauspieler letztlich nachgeben werden, immerhin bekommen sie nicht unbeträchtliche Tantiemen, wenn ihr Aussehen in dieser Form Verwendung findet. Und Geld einnehmen für Nichtstun ist besser als kein Geld einnehmen… :)
Deine Argumentation klingt nachvollziehbar und logisch. Ist aber leider nicht zutreffend.
http://www.sag.org/files/sag/documents/Theatrical_TV_Digest_2009.pdf
Wenn man den Vertrag mal genau liest, erklärt sich, wie kompliziert und teuer das Unternehmen werden würde. Shatner wie Nimoy sind SAG-Mitglieder, und da gibt es kein Rütteln am Vertrag, auch wenn beide dafür wären.
Auf der im Dezember erschienen Blue-Ray-Fassung der Star-Trek-Movie-Collection, ist ein 5 Minuten Featurette, wie die Serie realisiert werden soll. Und da ist von Motion-Capture keine Rede. Auch wenn es vielleicht besser wäre.
Hm, Du hast offenbar tatsächlich Recht: Das Problem dürfte sein, dass laut den SAG-Verträgen die Vereinbarung der Wiederverwendung des Konterfeis des Schauspielers bei der originalen Produktion und beim originalen Vertragsabschluss geschehen sollte und vor allem muss der Schauspieler später nicht zustimmen (Auszug aus den Vertragsvorlagen der SAG, die Bandit oben verlinkt hat):
Jetzt könnte man damit argumentieren, dass ein Rendering kein »reuse of photography« ist… Immerhin werden die Charaktere im Computer quasi neu erschaffen…