(Zweite Unterbrechung der Sommerpause, Anm. d. Red.)
Der des Lebens müde Logan hat sich von der Welt verabschiedet. Sein unkontrollierbares Temperament und soziopathisches Verhalten ließ auch geliebte Menschen sterben. Damit soll für den Mutanten endgültig Schluss sein. So der Plan von einem, der nicht einmal zur Sühne, eigendlich überhaupt nicht sterben kann. Der als Wolverine bekannte Kämpfer, vegetiert in den Wäldern des Yukon vor sich hin, lediglich in Harmonie mit den Grizzlys. Es ist eine der eindrucksvollsten und einprägsamsten Szenen in WOLVERINE, wenn auf den Weg zur täglichen Nahrungsaufnahme Mutant und Grizzly in gegenseitiger Akzeptanz Seite an Seite durch den Wald streifen.
Dies wird kein Action-Abenteuer, auch wenn es dies in vollem Umfang ist. WOLVERINE ist dort angekommen, wo der erste Solo-Film über den Lieblingsmutanten des X‑Men-Universums eigentlich hin wollte.
Man sollte vorwegschicken, dass X‑MEN ORIGINS: WOLVERINE nicht wirklich der schlechte Film war, den Kritiker und Hardcore-Fans zu predigen bereit sind. Was diesen sechsten X‑Men-Film allerdings so interessant macht, ist das gequälte Innenleben der Hauptfigur, das hier viel ausgeprägter behandelt wird. Selbst als ORIGIN-Story war der erste Solo-Auftritt des Wolverine wesentlich mehr actionorientiert. Kein Actionheld, oder eben kein Mutant, hat mehr Schmerzen und mentale Entbehrungen erleiden müssen, wie bei diesem Film. Seit dem ersten X‑Men-Film hat sich Charakter – aber in erster Linie der Darsteller – des Wolverine als etwas Besonderes und als Herausstellungsmerkmal manifestiert. Natürlich ist dies dem Charisma von Hugh Jackman geschuldet, der den Wolverine in der Filmwelt etablierte. Hugh Jackman war nicht einfach nur Darsteller, sondern Offenbarung.
Szenenwechsel: Japan. Der Großindustrielle Yashida lässt Logan aufspüren und zu sich ans Sterbebett bringen. Er möchte sich von dem Mutanten verabschieden, der ihm damals in Nagasaki das Leben rettete. Es sollte eine kurze Stippvisite werden, doch auf einmal ist der, der dem Kampf abgeschworen hat, mittendrin in einer undurchsichtigen Fehde zwischen Konzern-Nachfolgern und Yakuza. Der Szenenwechsel tut der Reihe merklich gut. So wie sich X‑MEN: FIRST CLASS mit einer realen Hintergrundgeschichte von allen vorangegangen Filmen abgehoben hat, gelingt es dem WOLVERINE mit der japanischen Kulisse wieder eine neue Richtung einzuschlagen. Alte Traditionen treffen auf eine neue Welt, und dazwischen wird der getriebene Logan mit Selbstreflexionen konfrontiert. Ronin heißen die Samurai ohne Herren. Der Wolverine wird zu einem Ronin und lernt schließlich aus japanischen Traditionen seine Bestimmung. Auf diesem Weg verliert er fast alles, zuerst seine Selbstheilungskräfte, am Ende sogar seine Adamantium-Krallen. Tatsächlich wird der Mutant gefährlicher, je verwundbarer er ist.
Es gibt einige logische Ungereimtheiten auf dem entbehrungsreichen Weg des Wolverine, wie zum Beispiel ein Versteck, von dem Logan eigentlich eindringlich abgeraten hat, und in dem genau das passiert, vor dem er gewarnt hat. Aber noch ist es ein Action-Film, zwar mit Tiefgang, doch mit dem Recht, einige Dinge zu konstruieren damit die Handlung rund läuft. Und sie läuft rund, indem die Action merklich zurückgenommen wurde, nicht in ihrer furiosen Umsetzung, sondern weil man den destruktiven Level gesenkt hat. In erster Linie sind es Kämpfe Mann gegen Mutant, oder Männer gegen Mutant. Es tut gut, dass für einen Superhelden-Film nicht schon wieder ganze Straßenzüge dem Bombast geopfert werden. WOLVERINE ist physisch, und mit der Präsenz von Hugh Jackman auch glaubwürdig. Unterstützt von Marco Beltramis faszinierender Musik, die hauptsächlich mit traditionellen, japanischen Klängen funktioniert, hat es der WOLVERINE erneut geschafft, seine Beliebtheit gegenüber allen anderen Mutanten weiter auszubauen.
Leider ist THE WOLVERINE mit einer der schlechtesten 3‑D-Filme überhaupt. Den gesamten Film hindurch sind räumliche Eindrücke nur zu erahnen, geschweige denn dass irgendetwas auf den Zuschauer zukommt. Eine 2‑D-Fassung ist auf jeden Fall empfohlen, gerade weil 3‑D viel von der Helligkeit des Bildes nimmt. Was in diesem Fall ein unnötiges Opfer wäre.
WOLVERINE, WEG DES KRIEGERS – THE WOLVERINE
Darsteller: Hugh Jackman, Tao Okamoto, Rila Fukushima, Hiroyuki Sanada, Famke Janssen, Will Yun Lee, Svetlana Khodchenkova, Haruhiko Yamanouchi, Brian Tee u.a.
Regie: James Mangold
Drehbuch: Mark Bombach, Scott Frank
Kamera: Ross Emery
Bildschnitt: Michael McCusker
Musik: Marco Beltrami
Produktionsdesign: Francois Audouy
zirka 126 Minuten
USA 2013
Promofotos Copyright 2oth Century Fox
»Unterstützt von Marco Beltramis faszinierender Musik, die hauptsächlich mit traditionellen, japanischen Klängen funktioniert, hat es der WOLVERINE erneut geschafft, seine Beliebtheit gegenüber allen anderen Mutanten weiter auszubauen.«
Äh, nein. Ich kenne Beltramis Scores ziemlich gut und bis auf die ersten drei Tracks erinnert die Musik stark an eine Wiederverwertung von Predator und Mimic mit sehr wenigen japanischen Klängen. Ich war enttäuscht von dem Score.
Ich dachte schon, unser Kino hätte Schuld, das 3D war gruselig, völlig unnötig und ich hätte gerne drauf verzichtet.
Übermäßig begeistert war ich von dem Film auch nicht, obwohl Hugh Jackman/Wolverine normalerweise zum Fangirl-Squeal bei mir führt. ;)
Für mich waren das einfach viel zu viel zu viele dieser Traumsequenzen, das hat mich wirklich genervt, alle gleich – hätte man ein bisschen anders machen können. *find*
Hallo Roger, ich wollte mir selbst den Soundtrack kaufen und war nach den Hörproben etwas irritiert. Denn ich glaubte während des Films viel mehr Traditionelles vernommen zu haben. Kann es sein, dass das Album entweder unvollständig ist, oder ein Titel während des Films öfter verwendet wurde?
Jedenfalls erinnere mich sehr gut, die von mir angesprochene Musik immer wieder vernommen zu haben, was mir schon während der Vorstellung positiv aufgefallen ist.
Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber da ich eine Tischrollenspielrunde mit einem Superhelden-System in Japan laufen habe, hatte ich gehofft, da das richtige Klangmaterial zu finden. Ich war enttäuscht, um es einfach zu sagen. Ich hatte auf viel mehr Shamisen etc gehofft.