Es war bislang völlig an mir vorbei gegangen, dass Intel einen Appstore eröffnet hat – und das will schon etwas heißen, treibe ich mich doch schon beruflich ständig im Web herum und Apps sind üblicherweise von Interesse für mich, egal für welche Plattform. Intel AppUp ist der Name der Plattform, die Apps für PCs anbietet, also ähnliche wie Apples Appsore für Macs. So wie ich lesen konnte, war AppUp ursprünglich hauptsächlich für Windows-basierte Netbooks gedacht, da sich Netbooks seit dem Siegeszug von Smartphone und insbesondere Tablet jedoch auf dem absteigenden Ast befinden, hat man das Angebot auf Windows-PCs allgemein erweitert.
In dem Moment, als ich das verdaut hatte, fand sich zum ersten Mal ein Fragezeichen in meinem Gesicht. Was soll ein Appstore auf dem PC, wenn ich doch haufenweise Programme im Netz finde, ohne dafür einen AppStore zu benötigen? Warum sollte ich mir Libre Office (das wird dem Nutzer massiv angedient) über einen Appstore von Intel installieren, das geht doch ganz einfach so? Weil es so bequem ist?
Mitnichten: vor der Nutzung von AppUp muss man zuerst einmal das zugehörige Center installieren, das dann – ähnlich wie Steam – die Verwaltung der Apps übernimmt – und selbstverständlich kann man die kostenpflichtigen auch gleich darüber erwerben. Bei Apples einheitlichem Ansatz ist das sinnvoll, bei der heterogenen Umgebung in Sachen Programmiersprachen und Anwendungen auf dem PC handelt es sich meiner Ansicht nach nur um noch eine weitere überflüssige Anwendung, die unnütz Festplattenplatz und Speicher verbraucht.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich das AppCenter bei der Installation natürlich ungefragt als Autostart einträgt und fortan beim Rechnerstart geladen wird – auch wenn man es nicht benötigt und das dürfte wohl die meiste Zeit so sein. Zum anderen wird man auch noch aufgefordert, Adobe Air zu installieren. Das braucht man auch eher nicht, zumindest habe ich noch keine Air-Anwendung gefunden, ohne die ich nicht leben konnte.
Und wofür das alles? Auf der RPC gab es einen Intel AppUp-Stand, an dem man auf Netbooks ein Spiel namens CALL OF CTHULHU – THE WASTED LAND präsentierte. Da sich dieser Stand direkt neben der oben erwähnten Randale-Bühne befand, war der Versuch, sich zu informieren gleich zum Scheitern verurteilt und aufhalten wollte ich mich da auch nicht länger.
Aber: es lagen Karten aus, mit denen man sich diese Software – ein Strategiespiel vor CoC-Hintergrund mit Chaosium-Lizenz kostenlos installieren durfte. Also habe ich einen der Gutscheine eingesteckt und mich darauf gefreut, dass ich das dann zu Hause in aller Ruhe ausprobieren würde können. Bei der Anmeldung wurde mir dann erläutert, dass ich das Intel AppUp-Center installieren und einen Nutzeraccount anlegen müsse. Von mir aus, Wegwerf-Emailadressen für solche Zwecke habe ich ein paar.
Zum Hintergrund wurde nur verraten, dass THE WASTED LAND in den Schützengräben des ersten Weltkriegs spielte, grundsätzlich eine passende Umgebung für ein wenig lovecraftschen Horror. Man sollte mehrere britische Armeeangehörige mit unterschiedlichen Fähigkeiten durch die Gräben steuern und hatte Zugriff auf Waffen und weitere Ausrüstungsgegenstände wie Gasmasken oder Erste Hilfe-Kästen. Es stand zu vermuten, dass dann der ein oder andere Shoggote aus dem Schlamm ploppen würde.
Nach dem Start des Spiels, das grafisch auf den ersten Blick altbacken aber ganz okay aussah, fiel als erstes auf, dass alle Bedienelemente auf meinem 1680x1050-Pixel-Bildschirm übermäßig groß daher kamen. Lässt sich aber leicht erklären: wie oben bereits erläutert ist AppUp ja für Netbooks mit niedrigerer Auflösung gedacht und dann macht das natürlich wieder mehr Sinn.
Wenig Sinn machte dann auch das Tutorial, das zwar in die Steuerung einführen wollte, allerdings aufgrund der miserablen Umsetzung der Steuerung zu einem Masochistenabenteuer erster Güte wurde. Die überdimensionierten Bedienelemente (Buttons) weigerten sich in vier von fünf Fällen auf meine Klicks zu reagieren, ebenso wie die Spielfiguren oder Feinde. Erstere musste man anklicken und konnte sie dann Actionpunkt- und Runden-basiert durch den Schützengraben scheuchen. Nur leider – wie oben bereits geschildert – war in zu vielen Fällen überhaupt nichts mit Anklicken, alternativ konnte man auch den Feind nicht anwählen, um ihm eins über zu braten.
Ich habe mir das mit stoischer Gelassenheit ca. eine halbe Stunde gegeben, dann habe ich THE WASTED LANDS hochgradig frustriert wieder deinstalliert.
Das Spiel ist mit »Unverschämtheit« noch viel zu positiv beschrieben, die Entwickler soll Shub-Niggurath holen. Ein GUI, das 80% der Benutzereingaben komplett ignoriert lässt sich nicht entschuldigen und man muss sich fragen, wie solch ein Bullshit als Vollversion in Intels App-Shop kommen konnte? Gibt es bei den Herstellern oder Intel keine Qualitätskontrolle? Besonders spannend ist hierbei übrigens die Tatsache, dass der Anbieter Red Wasp Design das verbuggte Machwerk normalerweise für 5 Dollar unter die Leute bringen will – ich bin ja nur aufgrund des RPC-Gutscheins an eine kostenlose Test-Vollversion gekommen.
Traurig auch, dass Chaosium eine Lizenz vergibt, sich aber offensichtlich nicht davon überzeugt, ob das Endprodukt (von einem »fertigen Produkt möchte ich an dieser Stelle definitiv nicht sprechen) wenigstens grundsätzlichen Qualitätsstandards entspricht. Aber vielleicht wollte man auch nur ein paar schnelle Dollars mit der Lizenz verdienen. Dann hätte man aber vielleicht darauf verzichten sollen, das Spiel mit Chaosium zu bewerben.
Fazit: Finger weit weg, so weit es geht. Bloß nicht installieren – und wenn man schon beim nicht Installieren ist, auch gleich die Finger von Intels komplett überflüssiger AppUp-Plattform lassen, die braucht nämlich auch kein Mensch
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