KONG: SKULL ISLAND

KONG: SKULL ISLAND Deutsch­land­start am 9. März 2017

Die ers­te Fest­stel­lung, die ich machen kann, nach­dem ich KONG: SKULL ISLAND gese­hen habe, ist diese:

Ich habe noch nie Film­trai­ler gese­hen, die so exakt die Stim­mung eines Films klar­ma­chen wie die zu KONG. Oft genug fokus­sie­ren sich Trai­ler auf eine bestimm­te Stim­mung oder machen Ver­spre­chen, die dann im Film nur teil­wei­se oder gleich gar nicht erfüllt wer­den. Das ist hier abso­lut nicht so. Die Trai­ler ver­spre­chen wil­de Action, ange­sichts der over the top aus­fal­len­den Gewalt und eher mil­dem Hor­ror, eine epi­sche und sty­li­sche Bild­spra­che, eine – nicht mal klei­ne – Por­ti­on Humor und eine dich­te, gera­de­zu detail­ver­lieb­te sieb­zi­ger Jahre-Atmosphäre.

All die­se Ver­spre­chen wer­den hun­dert­pro­zen­tig gehal­ten. Was aller­dings auch gesagt wer­den muss: Es gibt kei­ne dar­über hin­aus­ge­hen­den Über­ra­schun­gen, denn die Trai­ler zei­gen rund­her­aus alles vor­ne weg, was den Film ausmacht.

Nun zum Film selbst:

KONG: SKULL ISLAND beginnt 1944 mit dem Absturz eines ame­ri­ka­ni­schen und eines japa­ni­schen Jagd­flie­ger-Pilo­ten am Strand einer ein­sa­men Insel. Nach­dem sie erst mal ver­geb­lich ver­su­chen, sich gegen­sei­tig zu erschie­ßen, ent­brennt ein Kampf, der damit endet, dass sie an einem Abgrund vor­ein­an­der ste­hen und dort von Kong über­rascht wer­den, der sie ansieht wie zwei zan­ken­de Kin­der. Oder eher zwei zan­ken­de Lego­fi­gu­ren, um mal die Grö­ßen­ver­hält­nis­se zu klären.

Als nächs­tes sehen wir eine wil­de Mon­ta­ge der Zeit zwi­schen 1944 bis zur fil­mi­schen Gegen­wart der Sieb­zi­ger. Genau­er, bis zum Som­mer 1971, als Prä­si­dent Nixon den Beginn des Rück­zugs des US-Mili­tärs aus Viet­nam erklär­te. Hier begeg­nen uns die ers­ten tat­säch­li­chen Prot­ago­nis­ten in Gestalt von John Good­man und Corey Haw­kins. Die über­re­den einen Sena­tor, eine Expe­di­ti­on zu einer mit der damals neu­ar­ti­gen Satel­li­ten­fo­to­gra­fie neu ent­deck­ten … ach, ich glau­be, die gan­ze Hin­ter­grund­sto­ry dar­über, was die­se Insel ist und wie­so sie bis­lang noch von nie­man­dem betre­ten wur­de kann ich weg­las­sen. Ich hat­te das Gefühl, dass sich die Autoren ohne­hin hier nicht all­zu­sehr um Glaub­wür­dig­keit scher­ten und der ein­zi­ge Grund, war­um man sich mit der Her­kunft der Insel (und sei­ner Fau­na) genau­er beschäf­ti­gen soll­te, kommt erst nach dem Abspann und wäre ein Spoiler.

Wie dem auch sei, eine Hub­schrau­ber­staf­fel, ange­führt von Samu­el L. Jack­son, der kei­ne gro­ße Lust auf das Kriegs­en­de ver­spürt und im Gegen­satz zu sei­ner rest­li­chen Trup­pe froh dar­über ist, doch noch nicht nach Hau­se zu müs­sen, wird ange­heu­ert, die Expe­di­ti­on zu unter­stüt­zen. Dazu kom­men eini­ge Wis­sen­schaft­ler, eine Kriegs­fo­to­gra­fin (Brie Lar­son) und ein erstaun­lich kom­pe­ten­ter eng­li­scher Super­trap­per (Tom Hidd­les­ton), der aus wel­chen Grün­den auch immer in einer Bar eines süd­ost­asia­ti­schen Rot­licht­vier­tels rekru­tiert wird. Es star­ten somit gut zehn Hub­schrau­ber zur Insel, set­zen ein Camp auf und begin­nen direkt mal damit, Bom­ben »für seis­mi­sche Mes­sun­gen« abzu­wer­fen. Die­se Mes­sun­gen schei­nen erstaun­li­che Ergeb­nis­se zu lie­fern, aber bevor hier irgend­ei­ne Erklä­rung gege­ben wer­den kann (auch dafür muss man bis zum Ende des Abspanns war­ten, wenn man die mikro­sko­pisch gesetz­ten Hints zwi­schen­durch nicht bemerkt hat), bricht die Höl­le über der Bom­ben wer­fen­den Hub­schrau­ber­staf­fel aus: Kong holt sie einen nach dem ande­ren in einer Action­se­quenz vom Him­mel, die sich gewa­schen hat. Womit der Ver­lauf und der Kon­flikt der rest­li­chen Sto­ry gesetzt ist: Die Zivi­lis­ten wol­len so schnell wie mög­lich die Insel ver­las­sen und Samu­el L. Jack­son will den Affen töten, der zwei Drit­tel sei­ner Staf­fel umge­bracht hat.

An die­ser Stel­le ist der Film etwa eine hal­be Stun­de alt und da es – wie schon erwähnt – nicht vie­le Über­ra­schun­gen gibt, die nicht schon im Trai­ler ver­ra­ten wor­den sind (sie fin­den einen älte­ren bär­ti­gen Mann auf der Insel, es gibt neben schlicht sehr groß gera­te­nen »nor­ma­len« Tie­ren auf der Insel auch noch die­se rich­tig fie­sen, rep­ti­lo­iden Lebens­for­men, die kei­ner­lei Ähn­lich­keit mit bekann­ten Tier­ar­ten hat und die Repor­te­rin freun­det sich mit Kong an), erzäh­le ich lie­ber etwas dar­über, was mir an die­sem Film gefal­len hat.

Da wäre zum Einen die Aus­stat­tung. Hab ich oben detail­ver­liebt gesagt? Ich mein­te detail­ver­ses­sen. Im Sin­ne von gera­de­zu obses­siv detail­ver­ses­sen. Klei­dung, Fri­su­ren, Spra­che, die Benut­zung von Tele­fo­nen und ande­ren Gerä­ten (jün­ge­re Men­schen erfah­ren unter ande­rem, wie Fotos ent­wi­ckelt wer­den, wie sich Funk­ge­rä­te tat­säch­lich anhö­ren und wie Plat­ten­spie­ler benutzt wer­den), die Musik, die Ört­lich­kei­ten vom Büro des Sena­tors gleich am Anfang bis zur Kaschem­me im Sai­go­ner Rot­licht­vier­tel, selbst kleins­te Details wie Feu­er­zeu­ge und Ziga­ret­ten sind hun­dert Pro­zent authen­tisch und offen­sicht­lich war es dem Regis­seur so wich­tig, dass er ger­ne in brei­ten Kame­ra­fahr­ten und Nah­auf­nah­men in die­ser gera­de­zu über­bor­den­den Atmo­sphä­re schwelg­te. Natür­lich fiel davon eini­ges weg, sobald sich die Hand­lung nur noch auf Skull Island abspielt, aber da gibt es ja dann die Monster.

Die wären näm­lich das Ande­re: CGI-Mons­ter ber­gen ja durch­aus ger­ne mal Pro­ble­me: Sie füh­len sich zu leicht an, die Grö­ßen­ver­hält­nis­se sind nicht wirk­lich erfass­bar und sie bewe­gen sich ger­ne mal zu schnell oder zu lang­sam. Wir erken­nen sowas nicht mal unbe­dingt bewusst, aber wir bemer­ken es doch irgend­wie. Vie­le Mons­ter-Fil­me ver­lie­ren uns daher schnell. Kong tut das nicht. Sicher ist er auch nicht an allen Stel­len per­fekt, aber er ist nach dem dies­be­züg­lich noch immer unge­schla­ge­nen PACIFIC RIM der Film, der es am bes­ten hin­be­kommt, sei­ne Mons­ter durch­ge­hend glaub­wür­dig als Teil der rea­len Welt ein­zu­bin­den. Die Kämp­fe sind atem­be­rau­bend wie Wrest­ling­s­hows cho­reo­gra­phiert und insze­niert und egal wie nah, fern oder shaky die Kame­ra ist und wie fet­zig die Schnit­te sind, kann man ihnen jeder­zeit fol­gen und weiß immer, wer gera­de wem und wie auf die Fres­se haut.

Und das Drit­te: Man hat es tat­säch­lich geschafft, einen in sich funk­tio­nie­ren­den, eigen­stän­di­gen, neu­en King Kong zu erschaf­fen. Kein zigs­tes Remake, kei­ne Rück­grif­fe auf den bestehen­den King Kong-Kanon (well … nicht die­sen Kanon) wie Dino­sau­ri­er oder ver­lieb­te Rie­sen­af­fen. Nein, der Sinn der dich­ten Sieb­zi­ger-Atmo­sphä­re und der sehr klar iko­ni­siert gezeich­ne­ten Prot­ago­nis­ten hat auch einen Zweck erfüllt. Näm­lich alle Erwar­tun­gen und alles Vor­wis­sen, das man aus der nun mal sehr lan­gen Geschich­te der Figur King Kong mit ins Kino bringt, weg­zu­spü­len und mit neu­en Bil­dern, Tönen, Per­so­nen und Details zu beset­zen. Das gelingt dem Film, wenn­gleich einen die Dich­te der vie­len gleich­zei­ti­gen Ein­drü­cke manch­mal überfordert.

Womit wir zu den Din­gen kom­men, die mir nicht so gut gefal­len haben. Bei­des habe ich schon erwähnt, daher mache ichs kurz.

Ers­tens: Die Sto­ry hät­te ruhig etwas über­ra­schen­der sein kön­nen. Sie ver­lässt sich – durch­aus mit Recht – auf die Bil­der, aber es wird einem den­noch schnell klar, dass es hier kei­nen Plot-Twist mehr geben wird, sobald das Ziel unse­rer Über­le­ben­den ist, wie­der lebend von der Insel zu kommen.

Zwei­tens: Die Cha­rak­te­re sind alle­samt gut gecas­tet und wer­den auch gut gespielt. Aber sie blei­ben am Ende doch arg ein­di­men­sio­nal und machen auch kei­ne spür­ba­re Ent­wick­lung durch. Dass eini­ge der Neben­cha­rak­te­re, vor allem die Sol­da­ten, da wesent­lich eigen­stän­di­ge­re Per­so­nen sind und sogar mehr Back­sto­ry bekom­men, mag der Not­wen­dig­keit geschul­det sein, dass für sie mehr Empa­thie erzeugt wer­den muss, um Betrof­fen­heit sei­tens des Publi­kums zu errei­chen, wenn der ein oder ande­re das Zeit­li­che seg­net. Das macht aber erst Recht offen­sicht­lich, wie scha­blo­nen­haft die Haupt­per­so­nen kon­stru­iert sind. Da hät­te ich mir doch mehr gewünscht. Gera­de bei Tom Hidd­les­tons und Brie Lar­sons Cha­rak­te­ren bie­tet es sich mehr­mals an, dass man erfährt, war­um sie über­haupt tun, was sie tun. Es ist sehr scha­de, dass kei­ne der Chan­cen wahr­ge­nom­men wurde.

Ins­ge­samt aber ist KONG: SKULL ISLAND eine Emp­feh­lung. Ich ver­su­che mal mit einem Ver­gleich: Er macht alles rich­tig, was JURASSIC WORLD falsch gemacht hat. Wer also befürch­tet, dass SKULL ISLAND ein­fach nur der übli­che King Kong in grö­ßer, schnel­ler, wei­ter ist, kann beru­higt sein. Ist er nicht. Und dass mir bloß nie­mand wäh­rend des Abspanns aus dem Kino rennt! Der Aha-Effekt dürf­te für vie­le ein ziem­lich gro­ßer sein.

Noch ein Hin­weis zur Tech­nik: Ich habe den Film im Ori­gi­nal­ton und in 2D gese­hen. Der O‑Ton ist sehr gut ver­ständ­lich und gera­de Tom Hidd­les­tons bri­ti­scher Akzent und John Good­mans mar­kan­te Stim­me sind eine Berei­che­rung. Der Film kommt auch in 3D her­aus. Da aber in 3D-Fil­men vor allem in wei­ten Auf­nah­men die Grö­ßen­ver­hält­nis­se ver­lo­ren gehen, da das Auge durch die 3D-Dar­stel­lung grö­ße­re Gegen­stän­de nicht als weit ent­fernt son­dern als eine nahe Minia­tur erfasst, kann ich mir nicht vor­stel­len, dass Kong in 3D so gut funk­tio­niert wie in 2D.

KONG: SKULL ISLAND
Dar­stel­ler: Tom Hidd­les­tonSamu­el L. Jack­sonBrie Lar­sonJohn C. Reil­lyJohn Good­manCorey Haw­kinsJohn OrtizTian JingToby Keb­bell u.v.a.m.
Regie: Jor­dan Vogt-Roberts
Sto­ry: John Gatins
Dreh­buch: Dan Gil­royMax Boren­stein und Derek Con­nol­ly
Produzenten:
Aus­füh­ren­de Produzenten:
Kame­ra: Lar­ry Fong
Schnitt: Richard Pear­son
Musik: Hen­ry Jackman
Beset­zung: Sarah Finn
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ste­fan Dechant
Set Aus­stat­tung: Cyn­thia La Jeunesse
Kos­tü­me: Mary E. Vogt
1
18 Minu­ten
USA/Vietnam 2017

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AutorIn: Jens Scholz

Jens Scholz bloggt und schreibt seit 2001 an ver­schie­de­nen Stel­len über Inter­net, Nerd-Kul­tur, Social Media und per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten. Schreibt dabei viel zu sel­ten über Fil­me und Games und ver­fasst ungern Kurzbios.

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