Ein Abenteuer, das vor 65 Millionen Jahren begann, und noch immer so einen unverbrauchten Eindruck macht. Man kann lange und sehr ausführlich über den Sinn und Unsinn des nicht mehr wegzudenkenden 3D-Trends diskutieren. Noch dazu, wenn plötzlich Filme konvertiert werden, die ursprünglich überhaupt nicht für eine stereoskopische Betrachtung inszeniert waren. Doch ein unsinnig scheinender Trend kann auch cineastische Vorzüge haben. Wenn dadurch zum Beispiel ein Film eine Wiederaufführung erfährt, der für die große Leinwand gemacht wurde, aber einer ganzen Generation an Kinogängern vorenthalten blieb. Ein Abenteuer, das vor 20 Jahren begann.
JURASSIC PARK ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein der Filmgeschichte. Da war zum einen die Einführung des neuen digitalen Filmton DTS, der letztendlich Dolby unterlag, aber qualitativ hochwertiger war. Dann war da auf der anderen Seite natürlich die Tricktechnik. Mit JURASSIC PARK erweiterte sich das Special-Effects-Spektrum um die heutzutage üblicherweise angewandten Visual-Effects. Was für JURASSIC PARK selbst als Segen galt, wurde zum Fluch der Branche. Doch am Ende ist JURASSIC PARK, selbst nach zwanzig Jahren, neben E.T. noch immer einer der perfektesten, weil formalistischsten Popcorn-Filme der Neuzeit. Ein übergeordnetes Genre, welches durch Steven Spielberg selbst, mit der Produktion von JAWS – DER WEISSE HAI, seine Geburt erlebte.
JURASSIC PARK ist ein Film mit unglaublich vielen Fehlern. Darüber kann man stundenlang philosophieren, wenn man zu den Menschen gehört, die sich im Kino nicht treiben lassen können. Das ist eben auch einer dieser besonderen Eigenschaften des perfekten Popcorn-Kinos. Fehler werden irrelevant. Wenn diese Fehler das Vergnügen stören, den Fluss unterbrechen, dann hat der gesamte Film versagt. Dass die Stelle, wo der Tyrannosaurus durch den Zaun bricht, ebenerdig ist und im weiteren Verlauf an selber Stelle ein hundert Fuß tiefer Abgrund auftaucht, fällt auf, ist aber nach wie vor nicht von Interesse. Warum? Dies ist ein Film von Steven Spielberg, der die Mechanismen des populären Kinos nicht einfach nur versteht wie kein Zweiter, sondern diese mit seinen Filmen überhaupt erst etabliert hat. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass diese Entwicklung erst ab dem Umbruch des Hollywood-Kinos Anfang der Siebziger Jahre gerechnet werden darf.
Die alte Tradition, Filme durch Wiederaufführungen einem neuen, aber eben auch dem alten Publikum erneut zugänglich zu machen, ist mittlerweile durch die Fülle der wöchentlichen Veröffentlichungen zunichte gemacht worden. Eine 3D-Konvertierung hingegen erwirkt dann doch die ein oder andere Lücke zwischen den neuen Kinostarts. Denn Hollywood und Kinobetreiber sind noch immer keine Sozial-Institute, und wer nicht durch einen zwanzig Jahre alten Filmtitel gelockt wird, den reizt vielleicht das 3D-Gimmick. Die Rechnung ging nicht nur finanziell auf. Spätestens beim Anflug auf Isla Nublar, werden selbst Filmpuristen ihre Skepsis ablegen und das Kommende mit offenen Augen empfangen. Zehn Millionen Dollar hat die Konvertierung durch StereoD gekostet, für Steven Spielberg die einzige Alternative als Firma, die schon bei AVENGERS so hervorragende Arbeit geleistet hatte. Da Spielberg und Kameramann Dean Cundey ohnehin sehr viel mit Räumlichkeit inszenierten, stets Vordergründe und gestaffelte Hintergründe schufen, und immer wieder Menschen wie Saurier auf die Kamera zulaufen ließen, gibt JURASSIC PARK unendlich viele Szenenfolgen für stereoskopische Effekte vor. Gerade in den Dschungelszenen wird der Zuschauer regelrecht in den Film gesogen. Hervorragend gelungen ist auch die Umsetzung der Bilder im Regen, besonders in der legendären T‑Rex-Sequenz. Regen ist eine echte Herausforderung für eine nachträgliche Konvertierung, kann er bei schlampiger Arbeit dem räumlichen Effekt entgegen der Tiefe wirken. Doch StereoD machte unter der wachsamen Anleitung von Spielberg und Kameramann Janusz Kaminski, aus dem ohnehin tadellos fotografierten Film, ein Fest für die Sinne.
Sehr behutsam haben die Rechenkünstler Szene für Szene umgerechnet. Bei Einstellungen mit geringer Schärfentiefe wurde auch entsprechend auf weit geringere Räumlichkeit geachtet. Es sei denn, es bot sich die Gelegenheit für einen optisch besonderen Effekt, wie an der Ausgrabungsstelle, wo Dern und Neill auf die Kamera zugehen und sich Vorder- und Hintergrund in Unschärfe verlieren. Die Kunst war es, und das sieht man in jeder Sequenz, 3D nicht zum Selbstzweck einzusetzen, sondern es im ganzen Umfang als gestalterische Erweiterung zu nutzen. Da vor zwanzig Jahren der Drang nach Stakkato-Schnitt und Schulterkamera noch relativ unbekannt war, kann man JURASSIC PARK optisch noch richtig genießen. Und dennoch ist es erstaunlich, wie wenig dieser Film gealtert ist. Er hat nicht an Spannung verloren, und auch nicht an seinen überwältigenden Aha-Momenten. Selbst in Tempo und Timing ist er neueren Popcorn-Filmen noch voraus. Dass Spielberg nicht doch durch kleine Umschnitte wenigstens die gröbsten Anschluss- und Logikfehler ausgemerzt hat, macht das Ganze schon wieder charmant. Man kann nicht von vielen Filmen behaupten, dass sie den Test der Zeit so ohne weiteres unbeschadet überstehen. JURASSIC PARK tut es. Ein Abenteuer das vor 65 Millionen Jahren begann, und das seit 20 Jahren.
JURASSIC PARK 3D
Darsteller: Sam Neill, Laura Dern, Jeff Goldblum, Richard Attenborough, Bob Peck, Martin Ferrero, Joseph Mazzello, Ariana Richards, Samuel L. Jackson u.a.
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Michael Crichton, David Koepp
Kamera: Dean Cundey
Bildschnitt: Michael Kahn
Produktionsdesign: Rick Carter
Special-Effects & Animatronics: Stan Winston Studio
Visuelle Effects: ILM & Tippett Studio
3D-Konvertierung: StereoD
zirka 127 Minuten
USA 1993/2013
Promofotos Copyright Universal Pictures / United International Pictures