[Spiel2015] Auch in diesem Jahr öffnete die Messe Spiel – oder auch »Internationale Spieltage« auf dem Essener Gelände wieder ihre Pforten. Erneut mit dem im Gegensatz zu früher geänderten Hallenkonzept, das ich immer noch für schlechter halte als vorher. Der erste Frust ergab sich gleich bei der Ankunft, als es trotz Presseparkkarte keinen Platz mehr in P6 gab und man mich über die Autobahn zu einem etliche (!) Kilometer entfernten Parkplatz mit Shuttleservice schickte. Die Fahrt dorthin und der Fahrer des Shuttlebusses, der tiefenentspannt wartete, bis das Gefährt seiner Ansicht nach ausreichend gefüllt war, sowie die Rückfahrt zur Messe, führten zu einer knapp einstündigen Verspätung. Wenn man irgendwelche Termine hat, die normalerweise ganz problemlos sogar mit Zeitpolster funktioniert hätten, kann man die natürlich vergessen. Interessant fand ich dabei, dass behauptet wurde, es herrsche völlig unerwartet ein erheblicher Andrang – und damit habe man nicht gerechnet. Tatsächlich habe ich es in den Hallen schon deutlich voller gesehen, weswegen ich das so nicht ganz nachvollziehen kann. Als Aussteller kann man eine VIP-Parkkarte erwerben, die fünf Euronen für einen Parkplatz, der nicht am anderen Ende der Welt ist, würde ich dann im nächsten Jahr auch gern ausgeben.
Doch kommen wir zur Messe selbst. Der Trend, dass Anbieter aus dem – nennen wir es mal – Nerd-Bereich wegblieben, hat sich nicht verbessert. Nach wie vor sieht es gerade im Bereich LARP und Gewandung ziemlich düster aus. Aber damit war zu rechnen.
War es früher möglich, mal schnell einen Blick in die Verramsch-Abteilung des Heidelberger Verlags zu werfen, schleuste man diesmal nur wenige Personen gleichzeitig durch, was zu einer langen Schlange mit ebensolcher Wartezeit führte. Zeit, die ich nicht zu investieren bereit war, weswegen ich in den Stand in diesem Jahr erstmalig nicht besucht (und deswegen auch nicht wie sonst etwas gekauft) habe. Ansonsten war der Andrang auf der Messe verglichen mit früheren Jahren überschaubar, Engpässe traten nur an wenigen Stellen auf, beispielsweise wenn bei Panini irgendwelche Promis signierten. Wie bereits gesagt: Die behauptete Überfüllung und den angeblich so großen Andrang konnte ich nicht feststellen, das habe ich schon viel schlimmer gesehen.
Ein absolutes no go war der Zustand der Herrentoilette. Ich bin ja schmerzfrei, aber was man da in diesem Jahr an den Urinalen an Versiffungszustand vorfand, ist absolut inakzeptabel. Und es war auch da nicht so, als hätte großes Gedrängel gesort. Muss man beim Veranstalter etwa an Reinigungskräften sparen?
SPIELE DES JAHRES 2015
Wie sonst auch gab es 2015 natürlich wieder die diversen Gewinner der »Spiel des Jahres«-Preise. Leider bin ich aufgrund von Zeitmangel bei keinem davon dazu gekommen, Testspiele durchzuführen, weswegen ich sie hier nur vorstelle und nicht ausführlich bespreche.
Spiel des Jahres 2015 wurde COLT EXPRESS von Christophe Rambault, erschienen bei Ludonaute, vertrieben von Asmodee. Werbetext:Zugüberfall im Wilden Westen: Eine Bande von Banditen springt von ihren Pferden in die Waggons, um die Fahrgäste um Geld und Schmuck zu erleichtern. Doch natürlich hat jeder Räuber sein eigenes Ziel – und alle versuchen den Überfall zu ihren Gunsten zu planen und die fetteste Beute zu machen. Nicht selten fliegen dabei die Fäuste und Kugeln pfeifen ihnen um die Ohren.
So beginnt schnell ein Wettlauf nicht nur in, sondern auch auf den Waggons. Colt Express ist wie ein guter Western für den Spieltisch.
COLT EXPRESS • 2 – 6 Spieler • ab 10 Jahren • ca. 40 Minuten • ca. 20.00 Euro
Als »Kennerspiel des Jahres« wurde BROOM SERVICE von Andreas Pelikan und Alexander Pfister ausgezeichnet, erschienen bei alea/Ravensburger, Vertrieb: Heidelberger. Werbetext:Gehen die Zaubertränke zur Neige? Und es müssen neue her? Dann ist es Zeit für den »Broom Service« . Kaum angefordert, schon schwingen sich die fixen Hexen auf ihre flotten Besen und schwärmen mit zahlreichen Fläschchen im Gepäck ins magische Reich aus. Ob es um die Herstellung oder das Ausliefern der Zaubertränke geht, ob Helfer wie Wurzelsepp, Fruchtzwergl oder Donna Wetta zur Seite stehen, immer geht es darum, die richtige Karte im rechten Moment auszuspielen. Es ist wie verhext!
BROOM SERVICE • 2 – 5 Spieler • ab 10 Jahren • ca. 75 Minuten • ca. 28.00 Euro
Hierzu sei mir eine Anmerkung erlaubt: Ursprünglich wurde das »Kennerspiel« aus der Taufe gehoben, weil es Kritik daran gab, dass immer wieder nur relativ simple Spielprinzipien als »Spiel des Jahres« ausgezeichnet wurden und man auch komplexeren Spielen eine Chance geben wollte. in den vergangenen Jahren hat das auch funktioniert. BROOM SERVICE scheint mir aber eben nicht komplexer, sondern eher simpel zu sein, so dass man im Prinzip sagen könnte, dass der Preis »Spiel des Jahres« zweimal vergeben wurde. Unter einem »Kennerspiel« stelle ich mir etwas anderes vor.
Und dann haben wir noch das Kinderspiel des Jahres 2015: SPINDERELLA von Roberto Fraga, erschienen bei Zoch, vertrieben von Noris. Werbetext:Spinderella ist eine dreidimensionale Waldneuheit mit einzigartigen Seil- und Spielzügen. Die Spinnenbrüder Roberto und Klaus seilen ihre Schwester Spinderella am Faden bis tief hinunter, wo am Waldboden die Ameisenstraßen verlaufen. Dort mischt das Spinnenmädchen den Ameisenmarathon auf, dessen Sieger die Spieler im Spielverlauf ermitteln. Während dabei jeder Spieler versucht, seine drei Ameisen als Erster ins Ziel zu bringen, fängt Spinderella von oben die eifrigen Krabbler der Mitbewerber immer wieder ab. Dazu muss es ihr gelingen, auf »Tuchfühlung« mit den kleinen Marathonläufern zu gehen. Ein mobiles, ausgehöhltes Rindenstück, das den Ameisen als Schutzschild dient, wird so zur hart umkämpften Trophäe der Termiten. Allerdings sind Ameisen darunter nicht nur sicher, sondern auch in ihrer Vorwärtsbewegung blockiert. Bei jedem Spielzug entscheiden drei Würfel und der aktive Spieler darüber, ob Spinnen oder Ameisen und vielleicht auch das Rindenstück bewegt werden. Wer mit Spinderellas Hilfe eine fremde Ameise schnappt, schickt diese zurück an den Start und darf selbst zusätzlich (nochmals) eine eigene Ameise vorwärts bewegen. Sieger ist, wer (als Erster) seine drei Ameisen ins Ziel gebracht hat.
SPINDERELLA • 2 – 4 Spieler • ab 6 Jahren • ca. 20 Minuten • ca. 20.00 Euro
FAITH – THE SCIFI RPG
Ein wichtiger Grund, warum ich in diesem Jahr trotz Ermüdungserscheinungen dann doch die Spiel aufgesucht habe war, dass ich mir dort das auf Kickstarter via Crowdfunding unterstützte Science Fiction-Rollenspiel FAITH abholen konnte, denn auch ich gehörte zu den sogenannten »Backern« – und die hatte man angemailt, dass das möglich sei. Und ich konnte mir die Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen, den Entwicklern mal die Hand zu schütteln und mich als Unterstützer zu outen. Und selbstverständlich habe ich mir die Box auch von den anwesenden Erfindern signieren lassen. Die waren völlig verblüfft deswegen, weil das außer mir wohl keiner tat. Einer meinte: »Ein Spiel signiert, das habe ich auch noch nie!«. Mir ist das völlig unverständlich – na klar lässt man sich sowas signieren, wenn die Entwickler schon da sind.Das Artwork und die Ausstattung der Box sind grandios, diese nach Hause zu tragen war nicht ganz ohne, denn sie bringt knapp 2.5 Kilo auf die Waage (und das war natürlich nicht der einzige Kauf).
Die Macher beschrieben ihr Spiel wie folgt:
FAITH IS A TABLETOP RPG THAT TAKES THE PLAYER INTO A UNIVERSE WHERE TWO POWERFUL SPECIES FIGHT FOR POWER WHILE MANKIND STRUGGLES FOR SURVIVAL.
FAITH is a sci fi RPG with boardgame elements that takes place in the vastness of the universe. As part of the mighty Corvo, the proud Iz’kal or as versatile Humans, players will take part in amazing stories all around the universe. During those stories they will witness or even protagonise events in the power struggle between the Corvo and the Iz’kal and their Gods.
Dabei ist die Herangehensweise eine etwas andere als sonst von Tischrollenspielen bekannt, beispielsweise gibt es Ausrüstungskarten und Zufallselemente werden durch Pokerkarten abgebildet, die man allerdings offen aus der Hand ziehen kann. Man hat es somit wörtlich »in der Hand«, zu welchem Zeitpunkt man welche Ressourcen spielen möchte. Ich werde mir das natürlich genauer ansehen und dann eine ausführlichere Besprechung dazu verfassen. Auf den ersten Blick sieht das aber alles äußerst vielversprechend aus.
FAITH – THE SCIENCE FICTION RPG – CORE SET • Carlos Gomez, Helio De Grado, Mauricio Gomez • Burning Games Ltd, 49,95 englische Pfund (vorbestellbar)
DEPONIA – DAS ROLLENSPIEL
Die bei Daedalic erschienene DEPONIA-Trilogie gehört in meinen Augen zu den besten Computerspielen der letzten Jahre. Point&Click-Adventures mit schrägem Humor und einem Feuerwerk an witzigen Ideen, die sich hinter den Klassikern wie MONKEY ISLAND, INDIANA JONES oder DAY OF THE TENTACLE nicht nur nicht verstecken müssen, sondern das Genre sogar mit neuen Ideen bereichert haben.Ein paar Wochen vor der Messe erfuhr ich dann, dass man DEPONIA beim Uhrwerk-Verlag in ein Rollenspiel umgesetzt hatte, das im September 2015 erscheinen sollte (und auch ist). Da ich ein großer Fan der Computerspiele und ihres skurrilen Humors bin, war ich sehr gespannt, wie das in ein RPG-Regelwerk umgesetz werden sollte. Kann das klappen?
Und wie das klappt! Das DEPONIA-Regelwerk ist viel mehr als das, denn große Teile des Inhaltes führen den Leser auf äußerst witzige Weise in der Form eines Reiseführers in die hoffnungslos vermüllte Welt ein. Natürlich sind zahllose Aspekte der Computerspiele enthalten, aber der Inhalt des Buches geht weit über die in den Games eher schlaglichtartig beleuchteten Facetten der Welt hinaus. Und das tut er in einer Art und Weise, die mich regelmäßig zum Loslachen animiert hat, denn es gibt ein wahres Feuerwerk an witzigen Ideen und jede Menge Seitenhiebe auf unsere Welt und Gesellschaft. Insbesondere Bänker, Politiker und Religionen bekommen gut ab. Da steht ich ja drauf.
Klappentext:
Deponia: die Welt aus Daedalic Entertainments mit Preisen überhäufter Point and Click-Adventure-Trilogie, eine Welt, versunken unter Müllbergen, in der sich jede denkbare Umweltkatastrophe ereignet hat. In den PC-Spielen lernten wir nur einen winzigen Teil dieser Welt kennen. Für »Deponia: Das Rollenspiel“ haben ihr Erfinder Poki und die Autoren dieses Buches einen ganzen Planeten beschrieben. Voller Schrottgebirge, wild wuchernder Gendschungel, tödlicher Wüsten aus nicht so ganz leeren Batterien, gekippten Ozeanen, Zombie-Staaten und Roboter-Enklaven. Dieses Buch lässt sich auf zwei Arten benutzen: • Es ist ein Reiseführer durch die Welt von Deponia: Lernt all die Kulturen, Orte, Kreaturen und Absonderlichkeiten kennen, die in den PC-Spielen nur angerissen wurden (oder an die damals noch gar niemand gedacht hat)! Findet heraus, wie der Planet vor die Hunde gegangen ist – oder wo wir schon beim Thema sind, warum es hier so gut wie keine Hunde gibt. Werft einen Blick in die Zukunft Deponias und lernt neue Helden und Bösewichter kennen. • Es ist ein Pen and Paper-Rollenspiel: Dieses Buch enthält kompakte Regeln für ein erzählerisches Rollenspiel auf Deponia, mit denen ihr nach wenigen Minuten direkt losspielen könnt. Dazu vorgefertigte Charaktere, Abenteuerplots und ‑Ideen, 100 Item-Karten für die Inventare eurer eigenen (Anti-)Helden sowie eine große Karte des Planeten. Erschafft euren eigenen Deponia-Charakter, wandelt mit ihm auf den Spuren von Rufus und Goal oder entdeckt gemeinsam mit Freunden neue Gebiete und Gefahren auf eurem Lieblings-Müllplaneten. Spielt Haldenbewohner, Elysianer, Roboter, abtrünnige Organons oder Schleimmonster. Das Regelwerk lässt jede denkbare Figur zu.
Auch DEPONIA – DAS ROLLENSPIEL hat eine ausführliche gesonderte Besprechung besonders verdient, auch die kommt später.
DEPONIA – DAS ROLLENSPIEL • Nicolas Mendrek, Jan Müller-Michaelis, Mháire Stritter • Uhrwerk-Verlag • 39,95 Euro
STAR WARS
Man merkt es sehr deutlich: STAR WARS – EPISODE VII – DAS ERWACHEN DER MACHT steht ins Haus. Und damit meine ich nicht, dass es selbstverständlich in der Nerd-Halle haufenweise Merchandising zu kaufen gibt, das ist nichts Neues, das ist in jedem Jahr so.Diesmal ist aber offenbar jeder deutsche Spieleverlag, der auf Endor nicht rechtzeitig auf den Baum kam, mit einer Lizenz beglückt worden, denn es gab lizensierte Spiele ohne Ende. Bei denen man sich immer fragen muss: Bleibt bei den Lizenzkosten noch genug Geld übrig, um ein halbwegs brauchbares Spiel daraus zu machen (in der Vergangenheit war das oft leider nicht so). Oder: Ist es wirklich nötig, ein sattsam bekanntes und mit haufenweise Erweiterungen bereits totgerittenes Spielprinzip nochmal als Ableger mit STAR WARS-Anleihen neu zu veröffentlichen. Beispielsweise STAR WARS CARCASSONNE (kein Scherz) oder STAR WARS – DAS VERRÜCKTE LABYRINTH (auch kein Scherz). Sowie mehrere andere offensichtlich schnell zusammengekloppte Brettspiele hiesiger Verlage, die offenbar alle einen schnellen Euro mit dem Hype verdienen wollen. Über die Mondpreise, die für das aktuelle STAR WARS-Rollenspiel angesagt wird, haben wir dabei noch gar nicht gesprochen. Gut, dass bei mir noch das gute, alte West End Games-Spiel samt reichlich Erweiterungen im Regal steht …
GALERIE
Und zum Abschluss noch eine Fotogalerie mit Impressionen von der Messe.
Logo Spiel 2015 Copyrigh tMerz-Verlag, Cover COLT EXPRESS Copyright Ludonaute/Asmodee, Cover BROOM SERVICE, Copyright alea/Ravensburger, Cover SPINDERELLA Copyright Zoch/Noris, Cover FAITH Copyright Burning Games, Cover DEPONIA Copyright Uhrwerk Verlag
[aartikel]B00P0JE296[/aartikel][aartikel]B00V5073XQ[/aartikel][aartikel]B00TQPVIHY[/aartikel][aartikel]3958670245[/aartikel]