FRIGHT NIGHT ist eine rabenschwarze Nacht

Das ewi­ge Für und Wider in Bezug auf Remakes, Reim­agi­na­ti­ons, Reboots, Sequels oder Pre­quels wird mit einer Neu­auf­la­ge von FRIGHT NIGHT erneut das Blut auf­ko­chen las­sen. Es gibt zwei­fel­los Bei­spie­le, die eine der vor­her genann­ten Behand­lun­gen recht­fer­ti­gen. Doch stets erfolgt Akzep­tanz erst nach dem Auf­schrei. Und der Auf­schrei war nicht zu über­hö­ren, als man schon vor 5 Jah­ren begann, über ein Remake des Kult-Films FRIGHT NIGHT nach­zu­den­ken. Doch was bedeu­tet Kult-Film eigent­lich? Für den Fan heißt das in ers­ter Linie, dem sel­bi­gen mit einem Remake den Pfahl ins Herz zu sto­ßen. Und im wei­te­ren Sin­ne? Wo oft von Kult gespro­chen wird, ver­birgt sich dahin­ter meist eine eher gerin­ge Zahl von fana­ti­schen Anhän­gern, die dafür umso lau­ter den Mond anheu­len. Wes­we­gen man sich als unbe­darf­ter Zuschau­er selbst ein Bild machen soll­te. Und wer im Jahr 2011 das ers­te Mal FRIGHT NIGHT von 1985 sieht, der wird eine Neu­auf­la­ge mehr als will­kom­men heißen.

Der ers­te Film soll­te, trotz sei­ner für heu­ti­ge Ver­hält­nis­se gra­vie­ren­den Schwä­chen, nicht unter­be­wer­tet wer­den. Es war ein effi­zi­en­ter Thril­ler, der zu unter­hal­ten ver­stand. Mit sei­ner Mischung aus Komö­die und eigen­stän­di­ger Hor­ror­ge­schich­te ist er zusam­men mit RETURN OF THE LIVING DEAD Vor­rei­ter gewe­sen, was im Lau­fe der Zeit mit SCREAM-Per­fek­ti­on erlang­te. Doch FRIGHT NIGHT ist und bleibt ein­fach ein Kind der acht­zi­ger Jah­re. Sei­ne Effek­te, die Insze­nie­rung, Chris Saran­dons über­zo­ge­nes Spiel, Ste­phen Geoff­reys´ uner­träg­li­che Dar­stel­lung, Musik und Tem­po. Der Begriff »zeit­los« ist auch beim bes­ten Wil­len nicht anwend­bar. Wer heu­te noch in schwär­me­ri­schen Aus­schmü­ckun­gen FRIGHT NIGHT als unan­tast­ba­res Meis­ter­werk dekla­riert, der ver­klärt des­sen film­his­to­ri­sche Bedeu­tung gewaltig.

Jetzt kommt Anton Yel­chin als von der Lie­be geplag­ter Char­lie Brews­ter, der glaubt, mit Colin Far­rell als Jer­ry einen Vam­pir als neu­en Nach­barn zu haben. Mit Freun­din Imo­gen Potts als Amy beginnt die Hatz auf einen Feind, den es doch eigent­lich gar nicht geben dürf­te. Da wird die Hil­fe von David Tennant als Büh­nen­ma­gi­er Peter Vin­cent mehr als dring­lich benö­tigt, der in sei­ner Show und mit sei­nem Web-Auf­tritt vor­gibt, so viel über Vam­pi­re zu wissen.

FRIGHT NIGHT 1985 war zu sei­ner Zeit ein unter­halt­sa­mes und gleich­sam gru­se­li­ges Ver­gnü­gen, das aller­dings schnell Blut ver­lo­ren hat. Die Moder­ni­sie­rung von Mar­ti Noxon ist enorm und extrem effek­tiv. Der Film beginnt mit einem Über­flug und zeigt die absur­de Iso­la­ti­on einer Wohn­sied­lung bei Las Vegas. War­um Noxon die Hand­lung vom mitt­le­ren Wes­ten nach Vegas leg­te, ist ein­fach und doch geni­al, weil sich dadurch gewis­se Vor­komm­nis­se glaub­wür­di­ger erklä­ren. Nicht nur war­um bei vie­len Häu­sern die Fens­ter abge­dun­kelt sind oder wie­so das Ver­schwin­den von eini­gen jun­gen Frau­en weni­ger Auf­se­hen erregt als es soll­te. Und es macht Peter Vin­cents Invol­vie­rung wesent­lich plausibler.

Colin Far­rell ist schon allein durch sei­ne phy­si­sche Erschei­nung sei­nem Vor­gän­ger Saran­don weit über­le­gen. Chris Saran­dons Auf­tritt wur­de von einer unbe­herrsch­ten Insze­nie­rung fehl­ge­lei­tet. Regis­seur Gil­le­spie hin­ge­gen weiß mit einem Zug­pferd wie Far­rell mehr anzu­fan­gen und lässt die Zügel im rich­ti­gen Moment locker. Sein ani­ma­li­sches Wesen kommt beson­ders im Zusam­men­spiel mit Toni Col­let­te zum Tra­gen. Lei­der darf sie nicht mehr zum Film bei­tra­gen, als es die Mut­ter­rol­le im Vor­gän­ger bereits getan hat, und das ist nicht viel. Zudem ist die Kon­stel­la­ti­on Anton Yel­chin mit Imo­gen Poots homo­ge­ner und über­zeu­gen­der, als es das Ori­gi­nal mit Bill Rags­da­le und Aman­da Bear­se zustan­de brach­te. Yel­chin und Poots schaf­fen es, die Wand­lung Char­lie Brewsters vom Schul-Lang­wei­ler zum Mäd­chen-Ver­ste­her glaub­wür­dig zu machen. Die bemer­kens­wer­tes­te Neue­rung aller­dings ist die Figur des Peter Vin­cent, der vom TV-Mode­ra­tor zum Las-Vegas-typi­schen Büh­nen­ma­gi­er gestal­tet wur­de. David Tennant ist als wirr­scher, unbe­re­chen­ba­rer Vin­cent schlicht­weg grandios.

Und der Hor­ror? Oh ja, da darf man nicht meckern. So gese­hen hat das Ori­gi­nal in Sachen Gän­se­haut kei­ne Neue­run­gen gebracht, außer dass es die Kom­po­nen­te von selbst­re­flek­tie­ren­dem Humor besaß. Das Remake schließt sich da nicht aus. Was man hier als Hor­ror-Varia­ti­on prä­sen­tiert bekommt, reißt einem nicht unbe­dingt die Hals­schlag­ader auf. Aber, und dies ist ein gro­ßes, weil wich­ti­ges Aber, Graig Gil­le­spie weiß die Tra­di­tio­nen und Erwar­tun­gen eben­so zu nut­zen, um mit dem Mate­ri­al einen moder­nen und sei­ner Zeit ange­mes­se­nen Vam­pir-Thril­ler zu insze­nie­ren. FRIGHT NIGHT 3‑D ist ein unter­halt­sa­mer Hor­ror-Thril­ler, der hal­ten kann, was er ver­spricht, weil er ein­fach nicht mehr sein möch­te und sich den Regeln des aktu­el­len Kinos unterwirft.

Und hat er die Regeln auch ver­stan­den? Nun, was 3‑D angeht nicht wirk­lich. Javier Aguir­res­a­ro­be ist ein Vir­tuo­se, was die Gestal­tung von Bil­dern betrifft. Aller­dings hät­te er dabei wis­sen müs­sen, dass mit 3‑D sei­ne Bil­der nicht den Wir­kungs­grad errei­chen kön­nen, die ihm bei der Insze­nie­rung vor­schweb­ten. FRIGHT NIGHT 3‑D ist ein wei­te­res Kru­zi­fix, das als Werk­zeug gegen den schein­bar unsterb­li­chen Trend von immer mehr 3‑D-Ver­öf­fent­li­chun­gen ein­ge­setzt wer­den kann. Gera­de wenn man bedenkt, dass die­ses Kino­for­mat min­des­tens 20% des Licht­vo­lu­mens nimmt, ist das bei einem Film, der haupt­säch­lich bei Nacht und/oder in dunk­len Räum­lich­kei­ten spielt, nicht gera­de von Vor­teil. Wie vie­le groß­ar­ti­ge Bild­ge­stal­ter in den letz­ten Jah­ren schei­tert auch Aguir­res­a­ro­be dar­an, mit der Mög­lich­keit der zusätz­li­chen Dimen­sio­na­li­tät die Erzähl­form zu erwei­tern. FRIGHT NIGHT 3‑D soll­te bei Gele­gen­heit in einem nor­ma­len Kino­for­mat genos­sen werden.

Es ist ein unter­halt­sa­mer Vam­pir-Thril­ler, der effek­tiv sei­ne Gele­gen­heit nutzt, um sei­ner Bestim­mung nach­zu­kom­men: Mach, was du am bes­ten kannst! Ja, so funk­tio­niert FRIGHT NIGHT in sei­ner gan­zen, schlich­ten Glo­rie. Es ist ein Hor­ror-Film mit Vam­pi­ren, der Vam­pi­re wie­der ernst nimmt. Und was noch schwe­rer wiegt, er weiß, was er dem Ori­gi­nal schul­dig ist. Er bleibt der Vor­la­ge treu und wirkt nicht wie Knob­lauch auf das Publi­kum von 1985. Er kann es ver­füh­ren und mit ins Jahr 2011 neh­men, ohne dass die­ses es bereu­en muss. Gleich­zei­tig ver­sperrt er sich glück­li­cher­wei­se einer nost­al­gi­schen Note und wird so für ein jun­ges, neu­es Publi­kum ein sehr eigen­stän­di­ger Film. Ein neu­er Kult-Film? So wirk­lich hat die­ses Prä­di­kat schon zum Vor­gän­ger nicht gepasst.

 

FRIGHT NIGHT 3D
Dar­stel­ler: Anton Yel­chin, Imo­gen Poots, Colin Far­rell, David Tennant, Toni Col­let­te, Chris­to­pher Mintz-Plas­se u.a.
Regie: Graig Gillespie
Dreh­buch: Mar­ti Noxon, nach dem Film von Tom Holland
Kame­ra: Javier Aguir­res­a­ro­be (3‑D)
Bild­schnitt: Tatia­na S. Riegel
Musik: Ramin D. Jawadi
USA 2011
zir­ka 106 Minuten
Dream­Works SKG

 

Bild­quel­len: Pos­ter und Pro­mo-Fotos Copy­right Dream­Works SKG und Walt Dis­ney Stu­di­os Moti­on Pictures

AutorIn: Bandit

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