THE HUNGER GAMES: CATCHING FIRE – Bundesstart 21.11.2013
Lionsgate hat sich keine Zeit gelassen, und dies wird überaus belohnt. DIE TRIBUTE VON PANEM war schon ein kalkulierter Erfolg, doch mit fast 700 Millionen Dollar, hatte man dann doch nicht gerechnet. Dieses Feuer durfte also nicht ausgehen, und eine etwas überstürzt wirkende Vorproduktion war dabei eine weise Entscheidung. Denn andere Reihen müssen mit Abständen von mindestens zwei, eher drei Jahren zwischen den einzelnen Teilen das Feuer beim Publikum immer wieder neu entfachen. Nach nur 20 Monaten war das begeisterte Hunger-Games-Publikum noch immer heiß. Zudem verlegte sich damit der Start außerhalb der an Konkurrenz nicht zu überbietenden Sommer-Saison. CATCHING FIRE bricht nicht unbedingt alle Rekorde, aber seine bisherigen Ergebnisse übertreffen erneut die Erwartungen. Und das verdient, denn die zweite Adaption von Suzanne Collins´ Roman-Trilogie, ist der weit bessere Film. Was zu weiten Teilen auch an Garry Ross gelegen haben mag, der eine akzeptablen Vorlage inszeniert hatte, den Stoff aber in seiner eigentliche Tiefe aber nicht zu vermitteln verstand. Wegen der kurzen Vorproduktionsphase, sah sich Garry Ross außerstande, seine Vision des zweite Teils für ihn adäquat umzusetzen. Er verabschiedete sich, und machte Platz für Francis Lawrence, der aber erst nach einigen Abwägungen verpflichtet wurde.
Nur wenige Tage Ruhe bleiben Katniss und Peeta, um sich in ihrer Heimat Distrikt 12 von den dramatischen Ereignissen der Hungerspiele zu erholen. Dann geht es wieder auf Tour, um sich und ihre vorgespielte Liebe in allen Distrikten feiern zu lassen. Doch während dieser Sieger-Tour zeigt sich erster Widerstand in der Bevölkerung gegen das tyrannische Kapitol. Katniss und Peeta haben das Kapitol und Präsident Snow ausgetrickst, haben die Autorität unterwandert, und beide werden zu Symbolfiguren gegen diese Tyrannei. Snow muss die Bevölkerung davon überzeugen, dass die Hungerspielsieger getreue Gefolgsleute des Kapitols sind. Doch das Feuer ist schon entfacht. Nur der neue Spielleiter Plutarch Heavensbee, der die kommenden Spiele ausrichten soll, kann dem Präsidenten rettend zur Seite springen. Die nächsten Spiele sollen mit Vertretern der einzelnen Distrikte bestritten werden, die bisher die Hungerspiele gewonnen haben. Da Distrikt 12 zuvor noch nie gewonnen hat, sind Katniss und Peeta zwangsläufig die Vertreter ihres Distrikts. Eine gute Gelegenheit, in manipulierten Prüfungen, gleich alle Spieler zu töten, um die Hungerspielgewinner als Symbolfiguren für den Widerstand zu demontieren.
In seiner sehr kurzen Langfilm-Vita hat Francis Lawrence zwei interessante Produktionen. Den nicht sehr gelungenen WASSER FÜR DIE ELEPHANTEN, ein zwischenmenschliches Drama, und I AM LEGEND, einen nicht sehr originellen Endzeit-Thriller. Auch wenn beide Filme an ihren eigenen Ansprüchen scheiterten, ist doch die Mischung von Bedeutung. Denn Lawrence ist einer der wenige Regisseure, der sich nicht versteckt und über die Fehler seiner jeweiligen Filme redet. Und genau das kommt bei CATCHING FIRE zum tragen, der zum einen Drama ist, und zum anderen eine Geschichte in einer dystopischen Zukunft erzählt. Eine Kombination, bei welcher der Regisseur für beide Seiten bereit war zu lernen. Das muss nicht unbedingt gut ausgehen, für Lawrence, den Film und die Zuschauer allerdings, war es eine Offenbarung. Immer wieder beweist er das Gefühl für Tempo, lässt sein Publikum zur Ruhe kommen, zieht aber immer wieder im richtigen Moment an. Seine Schauspieler fordert er ungemein, in dem sie schon mit Dialogen kommunizieren, aber wesentlich mehr mit Gesten und Mimik aussagen. Besonders zwischen Jennifer Lawrence und Donald Sutherland brennt die Leinwand. Hutcherson und Hemsworth sind nicht unbedingt die überzeugendsten Charakterdarsteller, deswegen inszenierte Francis Lawrence sie spärlicher, aber dafür auch zu ihren Gunsten effektiver. Und Philip Seymor Hoffman ist sowieso ein Selbstläufer, der, genau wie Woody Harrelson, mit selbstverständlich wirkender Authentizität überzeugen.
Die Produktion hat sich in vielerlei Hinsicht zum Besseren entwickelt. Zuerst einmal ist die nervtötende Wackelkamera verschwunden, mit der Tom Stern die ersten Hungerspiele zu einer optischen Katastrophe gemacht hat. Die Kostüme für die Spiele haben einen einheitliche Look erhalten, und auch die schrill überdrehte Mode des Kapitols wurde etwas gezügelt, und zu einer modischen Einheit konzipiert. Doch die beste Neuerung ist selbstredend die neue Arena. Denn gerade im ersten Teil ging das Konzept des Spieles von »Kinder töten Kinder für Nahrungsmittel« überhaupt nicht glaubwürdig auf. Das lag zum Teil aber auch an der nicht nachvollziehbaren Logistik innerhalb der Arena. Jetzt bekommt der Zuschauer einen genialen Überblick über den Aufbau und die Größe der Arena. Die Beschaffenheit der Spielfläche wird sogar zu einem wesentlichen Bestandteil der Inszenierung. Wenn es also um Spiele geht, dann wird hier der Zuschauer auch endlich optisch und intellektuell mit eingebunden.
Produktionsdesign, Inszenierung und Darsteller bilden eine fließende Einheit, in der sich der Wechsel von Drama und Aktion glaubwürdig und auch ehrlicher vollzieht. Der Glücksgriff heißt tatsächlich Francis Lawrence, hinter dem selbstverständlich eine Heerschar kreativer Köpfe steckte, die zu den Verbesserungen in sämtlichen Abteilungen und dramaturgischer Umsetzung führte. Die Kunst eine fremde Gesellschaft eindringlich zu gestalten, liegt in dem Vermögen sie glaubhaft zu inszenieren. Dafür steht an der Spitze aller kreativen Komponenten Francis Lawrence. CATCHING FIRE ist diese glaubwürdige Dystopie geworden, die man im ersten Teil noch vermissen konnte. Doch ein großer Anteil an dieser Glaubwürdigkeit wird nicht etwa von ausufernden Ausstattungen und Effekten getragen, sondern von Darstellern, die einem das Gefühl für so eine Welt vermitteln können. Jennifer Lawrence kann diese Gefühl vermitteln, in ihrer eindringlichsten Darstellung seit WINTERS BONE. Und für die Verfilmung einer Jugendbuchreihe ist das wirklich ein ungewöhnlich starkes Stück Arbeit. Doch auf CATCHING FIRE im Gesamten übertragen, ist das Flair und die einhergehende Naivität eines Jugendbuch überhaupt nicht mehr vorhanden, sondern zu einem erwachsenen Ganzen gewachsen. Das man Buch drei zum Zweck des Kapitalertrages in mittlerweile üblicher Manier noch einmal aufteilt, könnte in dieser verheißungsvollen Ausnahme sogar von Vorteil sein.
THE HUNGER GAMES: CATCHING FIRE
Darsteller: Jennifer Lawrence, Liam Hemsworth, Jack Quaid, Taylor St. Clair, Sandra Lafferty, Woody Harrelson, Josh Hutcherson, Elizabeth Banks, Donald Sutherland und Philip Seymour Hoffman u.v.a.
Regie: Francis Lawrence
Drehbuch: Simon Beaufoy, Michael Arndt
Kamera: Jo Willems
Bildschnitt: Alan Edwrad Bell
Musik: James Newton-Howard
Produktionsdesign: Philip Messina
zirka 146 Minuten
USA / 2013
Promofotos Copyright Lionsgate / StudioCanal