CARRIE

Carrie

Regis­seu­rin Kim­ber­ly Peirce ist mit ihrem erst drit­ten Lang­film inner­halb von 14 Jah­ren, ein beein­dru­cken­des Werk gelun­gen. Aller­dings schreit CARRIE förm­lich immer wie­der nach PSYCHO, Gus Van Sants Sze­ne-für-Sze­ne-Remake. Was das Mar­ke­ting als Neu­in­ter­pre­ta­ti­on anpreist, ist in Wirk­lich­keit eine sich selbst opfern­de Ver­beu­gung vor dem Klas­si­ker. Nicht dem Debüt-Roman von Ste­phen King, son­dern der Film­ad­ap­ti­on Bri­an De Pal­mas. Für den hat 1976 Law­rence D. Cohen das Dreh­buch geschrie­ben, der auch in der neu­en Fas­sung neben Rober­to Aguir­re-Saca­sa auf­ge­führt wird. Dem geneig­ten Zuschau­er wer­den also kei­ne neue Sicht­wei­se auf die Geschich­te gebo­ten, oder gar moder­ni­sier­te Ansät­ze offe­riert. Car­rie White ist nach wie vor das gehän­sel­te Mau­er­blüm­chen, das von ihrer her­ri­schen Mut­ter im reli­giö­sen Eifer erzo­gen wur­de. So wun­dert es nicht, dass Car­rie kei­ne Ahnung davon hat, was mit ihr pas­siert, als sie nach dem Turn­un­ter­richt unter der Dusche ihre ers­te Peri­ode bekommt. Anstatt Car­rie zu hel­fen, machen sich ihre Mit­schü­le­rin­nen über sie lus­tig und ver­spot­ten sie laut­stark. Dies setzt eine Rei­he von Ereig­nis­sen in Bewe­gung, an deren Ende Car­ri­es end­gül­ti­ge und öffent­li­che Demü­ti­gung ste­hen soll. Doch aus­ge­löst durch den Vor­fall in der Dusche, ent­deckt Car­rie ihre tele­ki­ne­ti­schen Fähig­kei­ten, erforscht die­se und baut sie immer wei­ter aus. Und am Abschluss­ball wird die eska­lier­te Aus­ein­an­der­set­zung ihr infer­na­li­sches Ende finden.

Natür­lich kommt die Neu­fas­sung nicht umhin, etwas moder­ner wir­ken zu müs­sen. So hat das Dreh­buch ein ins Netz gela­de­nes Video ein­ge­baut, aber das ist rei­ne Fas­sa­de, weil es völ­lig uner­heb­lich für die Hand­lung bleibt. Auch Car­ri­es Inter­net­re­cher­che bleibt irrele­vant. Kim­ber­ly Peirce umschifft die­se Ansät­ze geschickt, und setzt viel mehr Ener­gie dafür ein, die bedroh­li­che Atmo­sphä­re zeit­los zu hal­ten. CARRIE von 2013, könn­te genau­so gut 1976 spie­len. Die Fra­ge muss also gestellt wer­den dür­fen: wozu dann der Auf­wand? Es ist kein Sze­ne-für-Sze­ne-Remake, die psy­cho­ti­sche Mut­ter Mar­ga­ret hat etwas mehr Gewich­tung bekom­men und Car­rie expe­ri­men­tiert mehr mit ihren tele­ki­ne­ti­schen Fähig­kei­ten. Aber die Geschich­te bleibt unver­än­dert, und ein­zel­ne Kame­ra­ein­stel­lun­gen sind tat­säch­lich De Pal­mas Vor­gän­ger nach­emp­fun­den. Selbst die unan­ge­neh­me Atmo­sphä­re im Haus der Whites, ist genau­so gru­se­lig gelun­gen. Und Juli­an­ne Moo­re strahlt als Mar­ga­ret den exakt glei­chen, undif­fe­ren­zier­ten Wahn­sinn aus, wie sei­ner­zeit Piper Lau­rie. Wozu also?

Und doch gibt es einen Makel, den die neue Car­rie mit sich bringt, und das ist die Beset­zung der Haupt­dar­stel­le­rin. Zwei­fel­los hat sich Chloë Grace Moretz längst als ernst­haf­te Cha­rak­ter­dar­stel­le­rin eta­bliert, und auch die ver­stör­te, unsi­che­re Car­rie White spielt sie mit Authen­ti­zi­tät. Doch Bri­an De Pal­ma hat 1976 Sis­sy Spacek enga­giert, weil sie schon vom Äuße­ren her über­haupt nicht dem Typus die­ser Art Fil­me ent­sprach. Allein durch ihre Prä­senz, hat er sie zur Außen­sei­te­rin gemacht. Grace Moretz hin­ge­gen muss spie­len. Natür­lich ist ihre Car­rie vom Mut­ter­haus her von ihrem sozia­len Umfeld total ein­ge­schüch­tert, aber allein durch ihr Aus­se­hen drängt sich immer wie­der Fra­ge auf, war­um sie nicht dazu gehört. Hier voll­zieht sich kei­ne glaub­wür­di­ge Wand­lung vom Ent­lein zum Schwan. Einer der stärks­ten Aspek­te von Bri­an De Pal­mas Fassung.

Doch gesamt gese­hen, bleibt CARRIE von Kim­ber­ly Peirce ein stim­mungs­vol­ler, gelun­ge­ner Hor­ror­film, bei dem die Atmo­sphä­re stimmt. Lauf­pu­bli­kum, dass eine kurz­wei­li­ge Ablen­kung im Kino sucht, wird nicht ent­täuscht sein und end­lich Car­rie White ken­nen ler­nen dür­fen. Der Hor­ror-Freund, der sicher­lich den 37 Jah­re alten Vor­gän­ger im DVD-Regal ste­hen hat, und als Fan kei­ne Neu­ver­fil­mung aus­schla­gen kann, ob wider­wil­lig oder in freu­di­ger Erwar­tung, der kommt um die grund­sätz­li­che Fra­ge nicht her­um. Wozu?

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CARRIE
Dar­stel­ler: Chloë Grace Moretz, Juli­an­ne Moo­re, Judy Gre­er, Gabri­el­la Wil­de, Por­tia Dou­ble­day, Ansel Elg­ort, Bar­ry Shaba­ka Hen­ley, Alex Rus­sell u.a.
Regie: Kim­ber­ly Peirce
Dreh­buch: Law­rence D. Cohen, Rober­to Aguirre-Sacasa
Kame­ra: Ste­ve Yedlin
Bild­schnitt: Lee Per­cy, Nan­cy Richardson
Musik: Mar­co Beltrami
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Carol Spier
zir­ka 100 Minuten
USA 2013

Pro­mo­fo­tos Copy­right Screen Gems / Sony Pic­tures Releasing

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