Bandit bespricht: Marvels ETERNALS

ETERNALS – Bun­des­start 04.11.2021

Der Spruch »immer der glei­che Ser­mon« ist nicht unbe­dingt posi­tiv gemeint. Da sind die Fil­me aus dem Mar­vel Cine­ma­tic Uni­ver­se eine wohl­wol­len­de Aus­nah­me, wo bei jedem neu­en Film nach Art einer Pre­digt stets sich glei­chen­de Sät­ze fal­len. Zum Bei­spiel: Es ist immer wie­der erstaun­lich, wie es den Machern gelingt, in der Fül­le von bereits erzähl­ten Super­hel­den-Geschich­ten neue Ansät­ze zu fin­den. Und Chloé Zha­os ETERNALS ist da kei­ne Aus­nah­me. Wobei Zhao immer wie­der abwehrt, dass dies nicht »ihr« Film sei, weil die Geschich­te schon lan­ge fest­ge­legt war, bevor sie als Regis­seu­rin enga­giert wur­de. Wem also die Beant­wor­tung der wich­tigs­ten aller Fra­ge zuzu­schrei­ben ist, bleibt dem­nach unklar. Aber wir wis­sen nun: im Mar­vel Cine­ma­tic Uni­ver­se exis­tie­ren DC-Comics.

Die Celes­ti­als, kos­mi­sche Wesen die das Uni­ver­sum in Balan­ce hal­ten, sen­den die Eter­nals auf die Erde. Sie müs­sen den Pla­ne­ten und ihre Bewoh­ner vor den Devi­ants schüt­zen, Krea­tu­ren einer unbe­kann­ten Macht aus den Tie­fen des Welt­alls, die sich von Men­schen und ihrem Geist näh­ren. Was Chloé Zhao ver­sucht beschei­den von sich zu wei­sen kann bes­ten Gewis­sens wider­spro­chen wer­den, weil ETERNALS ganz prä­gnant ihre insze­na­to­ri­sche Hand­schrift trägt. So mar­kant wie Taika Wai­ti­ti THOR: RAGNARÖK sein Eigen mach­te. Lan­ge ruhi­ge Sequen­zen, die sich ohne Dia­log aus­spie­len. Und natür­lich extre­me, von Son­ne über­strahl­te, Gegenlicht-Aufnahmen.

Die zehn Göt­ter ähn­li­chen Wesen sind nicht nur Wache, son­dern unter­stüt­zen auch die Ent­wick­lung der Mensch­heit. Sie­ben­tau­send Jah­re ging das gut, bis im Heu­te plötz­lich erneut Devi­ants die mensch­li­che Zivi­li­sa­ti­on heim­su­chen. Dabei gilt es zu bewun­dern, dass der Film nicht nur schafft zehn ver­schie­de­ne Cha­rak­te­re gleich­wer­tig zu behan­deln, son­dern dabei noch eine Zeit­span­ne von 7000 Jah­ren abdeckt. Da wer­den schein­bar lan­ge 157 Minu­ten Lauf­zeit zu einem sehr gut gefüll­ten Aben­teu­er. Zhao bewäl­tigt dies mit einer Ele­ganz, die in kei­nem Moment über­frach­tet wirkt, oder von der Viel­zahl der Hand­lungs­ele­men­te getrie­ben scheint.

Für Fil­me aus dem Mar­vel Cine­ma­tic Uni­ver­se gibt es defi­nier­te Eck­punk­te. Und ETERNALS lie­fert die­se gewohn­ten Ver­satz­stü­cke mit einer gera­de­zu erschre­cken­den Selbst­ver­ständ­lich­keit. Zum Bei­spiel sitzt da der augen­zwin­kern­de Humor, aber auch laut­star­ke Lacher immer an der rich­ti­gen Stel­le. Kumail Nan­jia­nis Kin­go als Gene­ra­tio­nen über­grei­fen­der Bol­ly­wood-Star ist in der Bezie­hung füh­rend. Der stellt aber nie den Cha­rak­ter bloß, son­dern die Absur­di­tät der Situa­ti­on ist so wit­zig, weil sie auch noch nach­voll­zieh­bar bleibt. Denn als nicht altern­der Eter­nal, kann er für die mensch­li­che Welt immer sei­nen eige­nen Nach­wuchs mimen. Und wei­ter­füh­rend braucht man von der Qua­li­tät und Opu­lenz der spek­ta­ku­lä­ren Effek­ten und Action-Sze­nen gar nicht erst anfan­gen. Wobei Zuschau­er bei den Kampf-Sequen­zen leicht den Über­blick ver­lie­ren, dafür aber der Aus­gang immer klar bleibt.

Ein Mar­vel-Film funk­tio­niert in ers­ter Linie über sei­ne Dar­stel­ler, wo es gilt hin­rei­chend bekann­ten Cha­rak­te­ren aus den Comic-Vor­la­gen gerecht zu wer­den. Für das fil­mi­sche Medi­um müs­sen sie aber auch vom jewei­li­gen Dar­stel­ler neu defi­niert wer­den. Dass das dem Film auf gan­zer Linie gelingt ist weit­ge­hend dem größ­ten Teil des Ensem­bles zu ver­dan­ken, das mit offen­sicht­li­cher Hin­ga­be über die an sie gestell­ten Erwar­tun­gen hin­aus agiert. Lei­der fällt aus­ge­rech­net Richard Mad­den als Ika­ris aus der Rei­he, weil ihm schlicht­weg die not­wen­di­gen Qua­li­tä­ten feh­len, um gleich­zei­tig als cha­ris­ma­ti­scher Anfüh­rer und skep­ti­scher Unter­tan zu über­zeu­gen. Und Lia McHugh als ewig jugend­li­che Sprite lässt eine ver­spiel­te Natür­lich­keit vermissen.

 

Wur­den bis­her im MCU die diver­sen Super­hel­den in Ein­zel­fil­men vor­ge­stellt, um erst spä­ter mit ihren schon lieb­ge­won­nen Marot­ten und begehr­ten Kräf­ten zusam­men geführt zu wer­den, sind für einen Erst­lings­film gleich zehn Figu­ren eine stol­ze Men­ge. Aber das über­aus geschickt struk­tu­rier­te Dreh­buch ver­steht es die cha­rak­ter­li­che Aus­lo­tung der diver­sen Eter­nals immer min­des­tens paar­wei­se und im Zusam­men­hang mit dem wei­te­ren Hand­lungs­ver­lauf zu gestal­ten. Das funk­tio­niert des­we­gen so her­vor­ra­gend, weil es insze­na­to­risch nie den Ein­druck macht, als wären sol­che Momen­te künst­lich for­ciert. Dem Film wird aller­dings eini­ges von sei­ner trei­ben­den Kraft genom­men, weil Zhao in der Insze­nie­rung ganz klar die Cha­rak­ter-Sze­nen von der Action trennt. Hier hät­ten die Gren­zen ruhig flie­ßen­der sein kön­nen, viel­leicht sogar mehr inein­an­der ver­wo­ben, um das gefühl­te Tem­po zu erhöhen.

Als eigen­stän­di­ger Film ist ETERNALS für die Kino­gän­ger und Mar­vel-Lieb­ha­ber ein gran­dio­ses Aben­teu­er, das wie jeder ande­re Film im MCU Schwä­chen hat. Auch wenn es jeman­den nicht gelin­gen soll­te dar­über hin­weg­zu­se­hen, blei­ben die ETERNALS jede Minu­te und jeden Cent wert. Schwin­de­lig könn­te es einem nur wer­den, über die Zukunft zu sin­nie­ren. Was in SPIDER-MAN: NO WAY HOME pas­sie­ren könn­te deu­tet sich mit dem Ein­grei­fen von Dr. Stran­ge an. SHANG-CHI lässt sich in der MCU-Zeit­li­nie nicht chro­no­lo­gisch ein­ord­nen, obwohl er bereits Pha­se Vier zuge­hö­rig ist. Eben­so ist BLACK WIDOW Teil von Pha­se Vier, spielt aber vor Roman­offs ver­meint­li­chen Tod, somit also auch vor Tha­nos‘ Blip. Bei den ETERNALS hin­ge­gen, spie­len die Ereig­nis­se um Tha­nos schon wie­der eine Rol­le. Bis­her gibt es also kei­ne zeit­li­che Struktur.

Wenn also Dr. Stran­ge tat­säch­lich eini­ge Par­al­lel­uni­ver­sen durch­ein­an­der brin­gen soll­te, wird man dem­nächst Sicher­heits­gur­te im Hirn anbrin­gen müs­sen. Es wäre schließ­lich mög­lich, dass Nata­sha Roman­off in einer ande­ren Zeit­li­nie viel­leicht noch am Leben ist. Der unbe­darf­te Rezen­sent muss­te für eini­ge Minu­ten das Inter­net bemü­hen, um die Post-Cre­dit-Sce­nes von ETERNALS rich­tig zu deu­ten. Mit die­ser Vor­schau wäre sogar die Mög­lich­keit gege­ben, wie­der zu Tha­nos zurück zu gehen. Zusätz­lich erfährt man dar­über hin­aus, dass die kos­mi­schen Celes­ti­als nicht nur die Eter­nals erschaf­fen haben, son­dern auch das ers­te Mul­ti­ver­sum. Und mit dem wird ja bekannt­lich Dr. Stran­ge in sei­nem zwei­ten Film jon­glie­ren. Dar­auf soll­te man als Freund der Rei­he gefasst sein, zumin­dest VENOM steht schon ein­mal in den Startlöchern.

ETERNALS
Dar­stel­ler: Gem­ma Chan, Richard Mad­den, Kumail Nan­jia­ni, Bri­an Tyree Hen­ry, Lia McHugh, Ange­li­na Jolie, Sal­ma Hay­ek, Lau­ren Rid­l­off, Bar­ry Keog­han, Ma Dong-seok und Harish Patel, Kit Haring­ton u.a.
Regie: Chloé Zhao
Dreh­buch: Chloé Zhao, Patrick Bur­leigh & Ryan Fir­po, Kaz Firpo
Kame­ra: Ben Davies
Bild­schnitt: Dylan Tichenor, Craig Wood
Musik: Ramin Djawadi
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Eve Ste­wart, Clint Wallace
Groß­bri­tan­ni­en – USA / 2021
157 Minuten

Bild­rech­te: MARVEL STUDIOS

Views: 0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen