Bandit bespricht: CHARLIE’S ANGELS (2019)

3 ENGEL FÜR CHARLIE – Bun­des­start 02.01.2020

Eliza­beth Banks macht in ihrer Ver­si­on von 3 ENGEL FÜR CHARLIE ziem­lich viel falsch. Nicht dass der Film ein ein­zi­ges Desas­ter wäre, auf kei­nen Fall. Aber ein­zel­ne Sequen­zen, kur­ze Dia­lo­ge, Cha­rak­ter­zeich­nun­gen, und beson­ders Remi­nis­zen­zen lau­fen immer wie­der aus dem Ruder. Was sich dann im Ver­lauf des Strei­fens ansam­melt, häuft sich zu einem stän­dig beglei­ten­den bit­te­ren Bei­geschmack. Schon in den ers­ten zehn Minu­ten wer­den Figu­ren mit Rol­len­kli­schees belegt, die selbst in einem bil­li­gen 1980er Action­film unzeit­ge­mäß waren. Über­heb­li­che, sich selbst über­schät­zen­de, gön­ner­haf­te Män­ner, die wehr­lo­se, unschul­di­ge Frau­en kor­rum­pie­ren, deren ein­zi­ge Waf­fe ihr Geschlecht bleibt. Bei der einen weiß man schon mit dem ers­ten Bild, dass sie sich mit weit vor­her­seh­ba­ren Fines­sen weh­ren wird. Die ande­re möch­te man ob ihrer unter­ir­di­schen Nai­vi­tät ein­fach nur ohr­fei­gen. Es ist kein guter Start für einen Film der so viel Poten­ti­al hat über den net­ten Zeit­ver­treib hin­aus bes­tens zu unterhalten.

Als Pro­du­zen­tin, Autorin, Regis­seu­rin und gleich­be­deu­ten­des Ensem­ble­mit­glied hat sich Eliza­beth Banks eini­ges auf­ge­la­den. Und anstatt Bal­last abzu­wer­fen, hat sie ihre Fracht Stück für Stück ins Ziel gebracht. Das soll hei­ßen, dass vie­le Ele­men­te im Kon­zept ein­fach nicht har­mo­ni­sie­ren, oder nicht stim­mig sind. Banks woll­te kein Reboot, Remake, oder Neu­in­ter­pre­ta­ti­on, son­dern eine Wei­ter­füh­rung der eigent­li­chen Mar­ke, was die Ori­gi­nal-Serie und die zwei Fil­me von McG ein­schließt. Da ist dann unver­mit­telt eine Bild­col­la­ge zu sehen, mit dem neu­en Bos­ley, auf­fal­lend schlecht inmit­ten die Engel von 1976 bis 2003 ge»photoshopped«. Für ein jun­ges Publi­kum voll­kom­men irrele­vant und nichts­sa­gend, für den Zuschau­er ers­ter Stun­de eine Pein­lich­keit. Das Titel­the­ma von Jack Elliott & Allyn Fer­gu­son, für 2000 von Apol­lo 440 meis­ter­lich zeit­ge­mäß neu­in­ter­pre­tiert, klingt in die­ser Fas­sung nur kurz und leicht ver­spielt an. Die Melo­die unter­malt einen Schwenk durch einen Gar­de­ro­be vol­ler Glit­zer­kla­mot­ten und extra­va­gan­ten Klei­dern. Eine Asso­zia­ti­on für die ursprüng­li­che Serie, wie sie eigent­lich nicht unan­ge­brach­ter sein könn­te. Zeich­ne­te sich das Frau­en­bild damals doch als sehr eman­zi­piert und befreit von weib­li­chen Ste­reo­ty­pen. Es sei denn, für den Auf­trag war es von Vorteil.

Die Engel von 2019 sind ent­we­der unter­wür­fi­ge Figu­ren, oder schei­nen sich immer und immer wie­der bewei­sen zu müs­sen. Banks insze­niert Kris­ten Ste­wart und mehr sogar Ella Bal­ins­ka als über­höh­ten Gegen­ent­wurf zur bös­ar­ti­gen Män­ner­welt. Da sind dann immer wie­der Stunts umge­setzt, die kei­nes­wegs zweck­dien­lich sind, son­dern ins Publi­kum schrei­en, dass die Mädels nicht nur cool sind, son­dern auch phy­sisch an ers­ter Stel­le ste­hen. Es könn­te wirk­lich Spaß machen, wäre es nicht so auf­dring­lich insze­niert. In McG über­bor­den­den Umset­zung waren die­se Über­trei­bun­gen das eigent­li­che Kon­zept. Hier ist es auf­ge­setzt. Was immer die Engel tun, machen sie per­fekt geschminkt, und immer in den denk­wür­digs­ten Posen. Aber grund­sätz­lich gibt sich der Film viel zu boden­stän­dig, als dass er die­se Über­zeich­nun­gen auch selbst­iro­nisch genug ver­wen­den könnte.

Es sind tat­säch­lich immer nur Klei­nig­kei­ten, über die man hin­weg­se­hen könn­te, schließ­lich will man sich auch sinn­be­freit unter­hal­ten wis­sen. Doch über eines kann man nicht hin­weg­se­hen, und das ist der gran­di­os miss­ra­te­ne Schnitt. Ganz offen­sicht­lich ent­puppt sich alles schnell als Kon­zept, was sich Alan Baum­gar­ten und Mary Jo Mar­key aller­dings dabei gedacht haben, wird ein rät­sel­haf­tes Ärger­nis blei­ben. Gera­de die Action-Sze­nen, auf­re­gend cho­reo­gra­fiert und auf­wen­dig insze­niert, ver­puf­fen in Schnitt­fol­gen die jeder Beschrei­bung spot­ten. Fast nur Jump-Cuts und kei­ner­lei Fluss in den Abfol­gen. Man gewinnt den Ein­druck, und wird auch im wei­te­ren Ver­lauf kei­nes Bes­se­ren belehrt, dass jede Ein­stel­lung für sich, ohne Über­gang und Anschluss gedreht und das Gan­ze ein­fach unmo­ti­viert zusam­men­ge­hängt wur­de. Da sprin­tet Kris­ten Ste­wart über den Rasen und sitzt im nächs­ten Bild unver­mit­telt auf einem Pfer­de­rü­cken, der vor­her noch nicht zu sehen war. Oder Ella Bal­ins­ka rutscht ein För­der­band hin­un­ter und hängt auf ein­mal ein­hän­dig an der Stahl­kon­struk­ti­on besag­ten Ban­des. Und CHARLIE’S ANGELS ist reich an solch auf­re­gend gedach­ten Action-Sequen­zen. Die­ses opti­sche Dilem­ma und die ernüch­tern­de Span­nungs­lo­sig­keit zie­hen sich also durch den gesam­ten Film. Dabei hat Ella Bal­ins­ka noch dar­auf bestan­den ihre Stunts selbst zu machen, dumm nur, wenn es im Schnitt so aus­sieht, als wäre sie sich für wirk­li­chen kör­per­li­chen Ein­satz zu scha­de gewesen.

Als strah­len­de Licht­bli­cke blei­ben Kris­ten Ste­wart und Patrick Ste­wart. Mit Sabi­na hat Ste­wart den dank­bars­ten und ori­gi­nells­ten Cha­rak­ter. Da kom­men Ein­zei­ler und respekt­lo­se Dia­log am lau­fen­den Band. Mit ihrer quir­li­gen und rast­lo­sen Art schafft es Ste­wart einen ech­ten und ehr­li­chen Cha­rak­ter zu zei­gen. Das hät­te schnell ins alber­ne abrut­schen kön­nen und auf­ge­setzt cool ver­stan­den wer­den, wäre da nicht das cha­ris­ma­ti­sche Wesen der grob fahr­läs­sig unter­schätz­ten Schau­spie­le­rin, das jede Über­spit­zung auf ein glaub­wür­di­gen Maß her­un­ter bricht.  Anders ist es bei Patrick Ste­wart als Char­lies Stell­ver­tre­ter Bos­ley, der immer mit einem ver­schmitz­ten Lächeln und einer unge­wöhn­lich locke­ren Atti­tü­de auf­tritt, bei der eine sehr schüch­ter­ne Art mit­schwingt. Lei­der gön­nen ihm Dreh­buch und Regie nicht, den Cha­rak­ter in die­se Rich­tung wei­ter aus­zu­bau­en, son­dern er zer­fällt letzt­end­lich auch in ein abge­tra­ge­nes Rol­len­kli­schee ohne beson­de­ren Reiz.

Dass Eliza­beth Bank vor­nehm­lich an einem jun­gen Publi­kum inter­es­siert ist, merkt man aber auch an der ein­tö­ni­gen und unin­spi­rier­ten Musik­aus­wahl ein­gän­gi­ger Pop- und R&B Stü­cke. Selbst wenn es sich allein schon aus sei­ner Prä­mis­se her­aus nicht ver­mei­den lässt, ver­zich­tet CHARLIE’S ANGELS merk­lich bewusst auf selbst­re­flek­tie­ren­den Humor und der Über­zeich­nung ange­mes­se­ne Iro­nie. Da wird der Gast­auf­tritt eines Erz­engels am Ende zu einem unschö­nen Schlag ins Gesicht, aber eben auch nur für geal­ter­te Fans. Irrele­vant für das Ziel­pu­bli­kum. Dabei hat­te 3 ENGEL FÜR CHARLIE durch­aus alle Zuta­ten und Mög­lich­kei­ten, um einen unein­ge­schränk­ten Spaß­fak­tor auf die Lein­wand zu brin­gen. Man kann es sehen, auch ein wenig spü­ren, und was man an Schau­wer­ten bekommt nimmt man nur all­zu ger­ne an. Wenn nur nicht so viel ablen­ken­de Details wären.

CHARLIE’S ANGELS – 3 ENGEL FÜR CHARLIE
Dar­stel­ler: Kris­ten Ste­wart, Nao­mi Scott, Ella Bal­ins­ka, Eliza­beth Banks, Patrick Ste­wart, Dji­mon Houn­sou, Sam Claf­lin, Jona­than Tucker u.a.
Regie & Dreh­buch: Eliza­beth Banks
nach einer Sto­ry von Evan Spi­li­o­to­pou­los & David Auburn
Kame­ra: Bill Pope
Bild­schnitt: Alan Baum­gar­ten, Mary Jo Markey
Musik: Bri­an Tyler
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Aaron Haye
118 Minuten
USA 2019

Pro­mo­fo­tos Copy­right SONY PICTURES RELEASING

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