THE HOMESMAN

Poster The Homesman

THE HOMESMAN – Bun­des­start 18.12.2014

Man kann es Pio­nier­geist nen­nen. Doch eigent­lich ist es Wahn­sinn. Der Wes­ten will bezwun­gen wer­den, und dies war auch immer ein zen­tra­les The­ma im Wes­tern-Gen­re. Doch was der Mensch dafür auf sich nahm, die Stra­pa­zen, die Unsi­cher­heit, die Gefah­ren, das hat alles auch etwas Wahn­sin­ni­ges. Und genau das nutzt die Geschich­te von THE HOMESMAN als zen­tra­les The­ma. Als der Roman 1988 erschien, erwarb Paul New­man umge­hend die Rech­te für sei­ne nächs­te Regie­ar­beit. Und wer die Geschich­te von HOMESMAN kennt, kann sich auch vor­stel­len, war­um New­man das woll­te. Aber es gab nie eine zufrie­den­stel­len­de Adap­ti­on für ein Dreh­buch. Und wer den jet­zi­gen Film sieht, kann sich eben­falls vor­stel­len war­um. Tom­my Lee Jones hat eine Adap­ti­on bald 25 Jah­re spä­ter erneut in Angriff genom­men und einen Wes­tern auf die Lein­wand gebracht, der dem Gen­re tat­säch­lich noch ein­mal etwas ganz Neu­es abzu­rin­gen versteht.
Es ist ein har­ter, uner­bitt­li­cher Win­ter im Nebras­ka-Ter­ri­to­ri­um. Eine klei­ne Gemein­de aus Sied­lern ver­schie­de­ner Natio­na­li­tä­ten muss schwer gegen die unwirk­li­che Wit­te­rung ankämp­fen und dabei das eige­ne Leben sichern. Drei Frau­en der Sied­ler­fa­mi­li­en ver­lie­ren dar­über den Ver­stand. Hier ver­kehrt sich der Pio­nier­geist in den Wahnsinn.

Mary Bee Cud­dy ist eine jun­ge, reso­lu­te Frau. Eigen­stän­dig, domi­nant und allein­ste­hend. Ihre groß­zü­gi­ge Farm bewirt­schaf­tet sie ohne Hil­fe. Was Mary Bee im Her­zen fehlt, ist ein Mann. Als der Gemein­de­pfar­rer einen Ort aus­fin­dig macht, wo die drei dem Wahn­sinn ver­fal­le­nen Frau­en Hei­lung fin­den könn­ten, leh­nen sogar deren Män­ner ab, die Ver­ant­wor­tung für die lan­ge und sehr gefähr­li­che Rei­se zu über­neh­men. Letzt­end­lich ist es Mary Bee, wel­che sich frei­wil­lig mel­det, um die Frau­en nach Osten zu brin­gen. Nicht dass sie wirk­lich so selbst­los wäre, son­dern Mary Bee fällt auf, dass die­ses Sied­ler­le­ben in die­ser unend­li­chen Ödnis und Ein­sam­keit auch an ihren Ner­ven zehrt. Zudem sie an die­sem Ort nicht ein­mal einen Mann fin­den kann, wo mög­li­che Aspi­ran­ten ihre Hei­rats­an­ge­bo­te wegen ihrer direk­ten und selbst­be­wuss­ten, aber auch her­ri­schen Art unver­hoh­len ableh­nen. Gera­de als sie sich für die Rei­se vor­be­rei­tet, fin­det sie den Gau­ner Geor­ge Briggs an einem Baum geknüpft, der nur des­we­gen nicht hängt, weil sein Gaul unter sei­nem Hin­tern sehr lan­ge still gestan­den hat. Mary Bee ret­tet Geor­ge unter der Bedin­gung, dass er sie und die drei Frau­en zum Schutz auf der fünf­wö­chi­gen Rei­se beglei­ten muss.

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Wäh­rend Rodri­go Prie­to die Sze­ne­rie in wun­der­bar pho­to­gra­phier­ten Bil­dern umsetzt, die jedem Wes­tern von John Ford zur Ehre gerei­chen wür­den, ver­mit­telt Mar­co Bel­t­ra­mis Musik eine gegen­läu­fi­ge Atmo­sphä­re. Die Fas­zi­na­ti­on für die Ursprüng­lich­keit und Wei­te die­ses Lan­des, wird zu einer unter­schwel­li­gen Bedro­hung. Prie­to bedient geschickt das Kli­schee, wel­ches die Geschich­te schließ­lich kon­ter­ka­riert. Tom­my Lee Jones hat einen Wes­tern insze­niert, der genau die­se Kli­schee kräf­tig gegen den Strich bürs­tet. Mag sich die Geschich­te nach einer übli­chen Hel­den­rei­se anhö­ren, wäh­rend derer sich zwei sehr unter­schied­li­che Cha­rak­te­re durch die wid­ri­gen Umstän­de annä­hern, über­rascht der Film schnell mit einer eige­nen Atmo­sphä­re. Sehr eigen. Denn die Hand­lung besticht mit äußerst düs­te­ren und oft­mals absur­den Sze­nen. Der Wahn­sinn hört tat­säch­lich nicht bei den drei Frau­en auf. Der Trick des Films, ob von Tom­my Lee Jones beab­sich­tigt oder unfrei­wil­lig insze­niert, ist sein dra­ma­tur­gi­scher Auf­bau. Grund­sätz­lich ist die Hand­lung locker und unbe­schwert umge­setzt. Und genau da schla­gen dem Zuschau­er die ver­stö­ren­den Sze­nen umso här­ter in die Magen­gru­be. Wer an Miran­da Otto denkt, und wie sie als Theo­li­ne ihr Baby stil­lend durch den Schnee läuft, um es …, ja, das zeich­net tat­säch­lich ein ganz ande­res Bild über den Pio­nier­geist. Den­noch macht die Insze­nie­rung hier noch lan­ge nicht halt.

Spä­ter wird noch James Spa­der auf­tau­chen, der inmit­ten einer kar­gen Prä­rie Inves­to­ren für eine Stadt sucht. Eine Grup­pe von maro­die­ren­den Paw­nees lässt sich über­aus leicht von einem Pferd ablen­ken. Oder der uner­war­te­te Tanz um das Lager­feu­er. Teil­wei­se wir­ken ein­zel­nen Sequen­zen so sur­re­al, dass man sich als Zuschau­er nur ver­blüfft in den Kino­ses­sel wer­fen kann. Doch zu kei­nem Zeit­punkt wirkt es über­zo­gen, oder gar falsch. Mary Bees Odys­see geht von Nebras­ka nach Iowa. Es dürf­te also der ers­te, oder zumin­dest einer der ganz weni­gen Wes­tern sein, wo die Rei­se von den west­li­chen Ter­ri­to­ri­en zurück in den zivi­li­sier­te Osten geht. Mit jedem Aspekt ist THE HOMESMAN ein Wes­tern, den man in die­ser Form, the­ma­tisch und insze­na­to­risch, noch nicht gese­hen hat. Ob es dem Film von Tom­my Lee Jones hilft, sei ein­mal dahin gestellt. Wes­tern ist längst kein Gen­re mehr, wel­ches sich durch sich selbst beim Zuschau­er recht­fer­tigt, son­dern das eher skep­tisch auf­ge­nom­men wird.

Trotz­dem bleibt Tom­my Lee Jones´ vier­te Regie­ar­beit ein sehr ein­neh­men­der, wirk­lich über­ra­schen­der Film, der sein Publi­kum über­zeu­gen wird. Und die Schau­spie­ler sind alle­samt gran­di­os. Manch­mal hat es doch sei­ne Vor­tei­le, wenn sich Regis­seu­re als Dar­stel­ler selbst insze­nie­ren kön­nen. Ein sehr unge­wöhn­li­cher Film, der glei­cher­ma­ßen unter­hält, aber auch zu tiefst bewegt.

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THE HOMESMAN
Dar­stel­ler: Tom­my Lee Jones, Hila­ry Swank, Hai­lee Stein­feld, Meryl Streep, Grace Gum­mer, Miran­da Otto, Bar­ry Cor­bin, Wil­liam Ficht­ner, John Lith­gow, James Spa­der u.a.
Regie: Tom­my Lee Jones
Dreh­buch: Tom­my Lee Jones, ier­an Fitz­ge­rald, Wes­ley A. Oliver
Kame­ra: Rodri­go Prieto
Bild­schnitt: Rober­to Silvi
Musik: Mar­co Beltrami
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Meri­deth Boswell
122 Minuten
Frank­reich-USA / 2014
Pro­mo­fo­tos Copy­right Uni­ver­sum Film (UFA)

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