Man muss Peter Lenkovs Graphic Novel nicht gelesen haben, um die Filmversion von R.I.P.D. richtig einordnen und bewerten zu können. Als Detective Nick Walker der Bostoner Polizei bei einem Einsatz ums Leben kommt, führt sein Seelenweg nicht geradewegs in den Himmel, oder gar in die Hölle, wofür es auch ein paar Gründe geben könnte. Sein Zwischenstopp nennt sich das Rest in Peace Department, eine überirdische Institution für ehemalige Gesetzeshüter, die Seelen jagen und eliminieren müssen, die sich weigern den letzten Weg nach oben oder nach unten zu gehen, und lieber weiterhin in Menschenform auf Erden wandeln. Es klingt wie eine witzige Prämisse, entpuppt sich allerdings als filmischer Overkill. Was immer R.I.P.D. anfängt, tut er stets mit einer Spur zu viel. Zu viel Emotionen, zu viel Klamauk, zu viel visuelle Effekte. Und bei allem spürt man, dass es nicht dem Film dient, sondern eine überreizte Anbiederung an ein spaßhungriges Publikum ist.
Es gibt einige äußerst witzige Momente, zum Beispiel wie die eigentlich toten Polizisten von den Menschen auf der Erde wahrgenommen werden. Oder Mary-Louise Parkers todernste Darstellung der R.I.P.D.-Direktorin, die sich mit trockenen Einzeilern Respekt verschafft. Und dann natürlich Jeff Bridges, ein von Damenknöcheln besessener Wild-West-Marshall, bei dem immer wieder die harte Schale aufbricht. Bei Bridges wird erneut klar, dass er von Film zu Film, und mit fortschreitendem Alter, alles und jeden mit grandioser Leichtigkeit darstellen kann. Doch Bridges stiehlt keine Szenen, er lässt sich so weit auf Ryan Reynolds ein, dass auch dieser eine überzeugende Figur macht. Was bisher bei Reynolds nicht immer gegeben war. Auf der darstellerischen Seite kann R.I.P.D. also vollkommen überzeugen. Doch für den ganzen Rest gilt immer noch, alles viel zu viel.
Die tragische Beziehung zwischen Nick und seiner trauernden Frau, die verunstalteten Figuren der flüchtenden Seelen, der unermüdliche Einsatz Computer-generierter Bilder, und natürlich die Prämisse des nahenden Weltuntergangs. Dass R.I.P.D. in der Hoffnung inszeniert wurde, eine neue Filmreihe ins Leben zu rufen, kann bei einer 130 Millionen Dollar-Produktion nicht überraschen. Dass das Drehbuch und Robert Schwentkes Inszenierung allerdings alles daran setzte, diesen ersten Teil gleich wie einen vollkommen überzogenen dritten Teil aussehen zu lassen, strapaziert selbst abgebrühteste Popcorn-Verehrer. Doch damit ist es längst nicht genug. Denn entlang des narrativen Weges beginnt sich der Zuschauer schnell zu fragen, ob das alles wirklich Sinn macht. Was bei einem jugendlichen Publikum für ausgelassenen Spaß sorgt, führt beim gereifteb Genre-Freund dazu, die Grundgeschichte ganz schnell zu hinterfragen. Aber nicht nur dieses. Denn da ist ausgerechnet Kevin Bacon als bester Freund der Hauptfigur. Wie wird das wohl ausgehen? Es ist atemberaubend vorhersehbar, welchen Verlauf die Handlung nehmen, und auf was der Showdown hinauslaufen wird.
R.I.P.D. hat einige gute Momente, Darsteller-Momente. Bridges und Parker sind großartig, selbst Reynolds macht eine weit bessere Figur, als man von ihm gewohnt ist. Auf der anderen Seite ist da Kevin Bacon, der zu hundert Prozent erfüllt, was das Klischee vorgibt, welches in der Filmgeschichte unzählige Male bemüht wurde. Es ist ein steter Wechsel von unbefriedigender Vorhersehbarkeit, überzogenem Produktionsdesign und nicht ausgeschöpfter Originalität. Dass R.I.P.D unentwegt den Eindruck einer abgewandelten, aber offensichtlich kopierten Form von MEN IN BLACK erweckt, wird den angedachten Spaßfaktor nur noch weiter einschränken. Dieser Film ist gut gemeint, und will dies mit allen Versatzstücken erreichen. Er will dem Zuschauer alles geben und gibt dabei viel zu viel. Er möchte unbedingt auf Nummer sicher gehen und verliert dabei jede Chance auf Originalität. Es gibt diese guten Szenen, die das eigentliche Potential hinter der Inszenierung offenbaren. Genutzt wurden diese Möglichkeiten nicht, und dadurch wurde R.I.P.D. beliebig. Schade um diese einzigartige Vorstellung eines grandiosen Jeff Bridges.
R.I.P.D.
Darsteller: Ryan Reynolds, Jeff Bridges, Kevin Bacon, Mary-Louise Parker, James Hong, Marisa Miller, Stephanie Szostak, Robert Knepper u.v.a.
Regie: Robert Schwentke
Drehbuch: Phil Harris, Matt Manfredi, nach dem Comic von Peter M. Lenkov
Kamera: Alwin H. Küchler
Bildschnitt: Mark Helfrich
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Alec Hammond
zirka 96 Minuten
USA / 2013
Promofotos Copyright Universal Pictures / Universal Pictures International
Unser Rezensent kam auch zu einem ähnlichen Schluss. Schade eigentlich, denn an sich hätte der Supernatural/M.I.B.-Mix sehr nett sein können für zwischendurch.