NYDENION – Science Fiction aus Deutschland geht also doch!

Ich habe mich immer wie­der dar­über beklagt, dass die deut­sche Film­bran­che trotz (oder gera­de wegen) aller behaup­te­ten Qua­li­tät nicht in der Lage zu sein scheint, auch nur halb­wegs brauch­ba­re Phan­tas­tik-Fil­me zu rea­li­sie­ren. Sieht man mal von Pro­duk­tio­nen ab, die in Zusam­men­ar­beit mit Hol­ly­wood gemacht wur­den und bei denen die deut­sche Betei­li­gung zumeist nur klein im Abspann steht, kommt direkt aus deut­schen Lan­den – immer­hin in der Tra­di­ti­on eines Fritz Lang – nichts, aber auch gar nichts.

Doch halt, ein klei­nes Häuf­lein Auf­rech­ter hat gegen alle Wider­stän­de und gegen die deut­sche SF-Film-Rea­li­tät etwas pro­du­ziert, das man eigent­lich nicht mehr als Fan­film und ange­sichts des inves­tier­ten Gel­des auch streng genom­men nicht als No-Bud­get-Film bezeich­nen kann – ange­sichts des Bud­gets auch bil­li­ger Pro­fi-SF-Pro­duk­tio­nen aber aller­dings dann wie­der doch. Nen­nen wir es viel­leicht ein­fach einen »Inde­pen­dent-Film«.
Den­noch atmet NYDENION in jeder Minu­te das Fan-Sein und den Enthu­si­as­mus sei­ner Macher – und das ist wohl auch der Grund dafür, dass die­ser Sci­ence Fic­tion-Film, der selbst­ver­ständ­lich nicht die Qua­li­tät ein­schlä­gi­ger Hol­ly­wood-Block­bus­ter auf­wei­sen kann, ein­fach in jeder Minu­te einen Hei­den­spaß macht. Viel­leicht auch gera­de des­we­gen, weil eben nicht alles per­fekt ist, man aber den­noch die Hin­ga­be zum und den Spaß der Macher am Gen­re durch­gän­gig ein­deu­tig spürt. Und das ist wahr­schein­lich der Unter­schied zu soge­nann­ten Pro­fis.

»Klap­pen­text«:

Im 22. Jahr­hun­dert haben sich neue Kolo­nien der Mensch­heit zu rie­si­gen Ster­nen­rei­chen ent­wi­ckelt, die seit Jahr­zehn­ten erbit­ter­te Han­dels­krie­ge gegen­ein­an­der füh­ren. Der Frie­den ist seit lan­gem ver­ges­sen und die Erde nur noch eine Legen­de.

Rick Wal­ker, ein des­il­lu­sio­nier­ter Ex-Kampf­flie­ger, wird ange­heu­ert, um die Bot­schaf­te­rin Cyn­thia Per­kins an den Schau­platz gehei­mer Frie­dens­ver­hand­lun­gen zu brin­gen. Auf ihrem Weg wer­den sie von einer Grup­pe Raum­jä­gern abge­fan­gen und Wal­ker ist gezwun­gen, sei­ne schwer beschä­dig­te Maschi­ne auf dem abge­le­ge­nen Pla­ne­ten Nyden­ion not­zu­lan­den.

Rasch rea­li­sie­ren Wal­ker und Per­kins, dass sie Opfer einer gewal­ti­gen Ver­schwö­rung sind. Als Per­kins eröff­net, dass das Ver­hand­lungs­schiff Ziel einer Sabo­ta­ge sein wird, beginnt ein Wett­lauf mit der Zeit und ein Kampf gegen einen Feind aus den eige­nen Rei­hen.

Frag­los merkt man NYDENION sei­ne Inspi­ra­ti­ons­quel­len an. Der Haupt­cha­rak­ter Wal­ker nimmt deut­li­che Anlei­hen bei Har­ri­son Ford oder Sna­ke Plissken, die Raum­kampf­sze­nen – ins­be­son­de­re in Sachen Raum­jä­ger – gemah­nen an STAR WARS, GALACTICA oder BUCK ROGERS und auch ein wenig an WING COMMANDER. Das Schö­ne dar­an ist jedoch, dass mir das alles in kei­nem Moment wie ein Pla­gi­at vor­kam, son­dern wäh­rend des gan­zen Films wie die Hom­mage, als die die Sze­nen offen­sicht­lich auch gedacht sind. Ins­be­son­de­re bei den Raum­kampf­se­quen­zen gibt es ein paar wirk­lich gekonn­te Momen­te, beson­ders gut gefal­len hat mir eine mehr­fach ein­ge­setz­te Sze­ne, in der die Jäger nach hin­ten abschwen­ken und über­gangs­los aus dem Cock­pit mit Ansicht des Pilo­ten auf den weg­flie­gen­den Jäger geblen­det wird. Äußerst gelun­gen – und diver­se der Effek­te müs­sen sich wahr­lich in keins­ter Wei­se hin­ter Mul­ti­mil­lio­nen-Dol­lar-Pro­duk­tio­nen ver­ste­cken, son­dern sind über­aus ansehn­lich. Man wür­de an vie­len Stel­len anneh­men wol­len, dass man es hier mit einem »gro­ßen« Film­pro­jekt zu tun hat.
Zum Ein­satz kamen sowohl Tricks mit klas­si­scher Modell­tech­nik (die erkennt man stel­len­wei­se auch recht deut­lich), wie selbst­ver­ständ­lich auch Com­pu­ter­ani­ma­tio­nen. Vor­teil­haft dürf­te gewe­sen sein, dass die Pro­duk­ti­on in Sachen Effek­ten nach lan­gem Rin­gen dann doch finan­zi­ell geför­dert wur­de.

Trotz aller bekann­ten Ver­satz­stü­cke und natür­lich hau­fen­wei­se ver­steck­ter oder ganz offe­ner Zita­te (die den Nerd natür­lich beglü­cken) ist die Geschich­te den­noch erfreu­lich eigen­stän­dig und pla­gi­iert eben NICHT irgend­ei­nen bekann­ten Film, ein Com­pu­ter­spiel oder Buch oder Tei­le dar­aus. Klei­ne­re Schwä­chen ver­gibt man der Pro­duk­ti­on aller­dings sofort, zum einen, weil man weiß, wie der Film zustan­de gekom­men ist (dazu unten mehr) und zum ande­ren, weil man nur Aner­ken­nung zol­len kann, was hier Beein­dru­cken­des mit den objek­tiv gese­hen begrenz­ten Mit­teln erschaf­fen wor­den ist.
Es zeigt sich hier wie­der ein­mal auf ein­drucks­vol­le Art, dass Krea­ti­vi­tät und Enthu­si­as­mus schnö­dem Mam­mon gleich­wer­tig sein kön­nen, wenn nicht gar über­le­gen sind – der Unter­hal­tungs­wert und die SF las­sen man­chen soge­nann­ten Pro­fi alt aus­se­hen. Und ange­sichts des gezeig­ten rei­nen Spa­ßes und der pri­ma Unter­hal­tung ist man sofort geneigt, über klei­ne­re Defi­zi­te in Hand­lung, Dar­bie­tung und Dia­log gene­rös hin­weg zu sehen.

Und ich muss an die­ser Stel­le frei­mü­tig geste­hen: ich hat­te damit nicht gerech­net, son­dern mich vor dem Anse­hen auf einen eher ama­teu­er­haf­ten Film vor­be­rei­tet, eben einen Fan­film. Wie falsch ich doch lag.

Über 12 Jah­re Pro­duk­ti­ons­zeit haben Macher Jack Moik (gleich­zei­tig Pro­du­zent, Regis­seur, Kame­ra­mann, Dar­stel­ler des Pilo­ten Rick Wal­ker – und auch die Musik stammt von ihm) und sein Team in den Film gesteckt – und dabei hat­te die alle neben der Pro­duk­ti­on selbst­ver­ständ­lich auch noch Brot­jobs, denen sie nach­ge­hen muss­ten. Pro­du­ziert wur­de in einer Hal­le irgend­wo bei Mar­burg. Das geschah unter erschwer­ten Bedin­gun­gen, da um die »Stu­di­os« her­um ganz nor­mal gear­bei­tet wur­de und das zu Geräusch­pro­ble­men führ­te. Man war sich aber von vor­ne­her­ein klar, dass ohne­hin kom­plett nach­syn­chro­ni­siert und nach­ver­tont wer­den muss­te, des­we­gen war das nur ein klei­ne­res Pro­blem.

Die Bedin­gun­gen, unter denen der Film ent­stand, sieht man ihm zumeist nicht an, aller­dings ist das mei­ner Ansicht nach auch dar­auf zurück zu füh­ren, dass man schlau­er­wei­se einen sehr dunk­len Stil und mini­ma­le Aus­leuch­tung gewählt hat, das schafft die Mög­lich­keit, mit wenig viel zu machen. Auch geschick­te Kame­ra­füh­rung, Kame­ra­ein­stel­lun­gen und die Kon­zen­tra­ti­on auf Wesent­li­ches im Bild tra­gen dazu bei, dass die Sze­ne­rien in den aller­meis­ten Fäl­len sehr glaub­wür­dig daher kom­men. Sogar die Sze­nen im Frei­en sehen gut aus und nicht wie bei so vie­len ande­ren Fan­fil­men nach »lass uns mal schnell was im Wald dre­hen«. Respekt. Die Eröff­nungs­sze­ne mit Boden­trup­pen, die in einen Hin­ter­halt gera­ten und dann durch eine Jäger­staf­fel unter­stützt wer­den sind mei­ner Ansicht sogar ganz bril­li­ant umge­setzt, müs­sen sich nicht hin­ter man­chem Kriegs­film ver­ste­cken, und füh­ren umge­hend dazu, dass der Zuschau­er gefan­gen genom­men wird.

Auch die oben bereits ange­spro­che­ne voll­stän­di­ge Nach­ver­to­nung trägt zum posi­ti­ven Gesamt­ein­druck bei. Was hier in Sachen Spre­cher und Spra­che geleis­tet wird, muss sich kei­nes­falls hin­ter manch einer Pro­fi-Pro­duk­tio­nen ver­ste­cken, ich habe schon hau­fen­wei­se Film-Syn­chro­ni­sa­tio­nen gese­hen, die deut­lich schlech­ter waren – und über die Qua­li­tät der deut­schen Dia­lo­ge bei manch einem Com­pu­ter­spiel decken wir lie­ber gleich das Män­tel­chen des Schwei­gens …

Die Musik stammt eben­falls vom Regis­seur Moik und auch hier gibt es nichts zu meckern. Ich ste­he zwar nicht so auf am Com­pu­ter erstell­te Film­mu­sik, die klingt in den meis­ten Fäl­len zu »dünn«; auch hier wur­de die Klip­pe geschickt umschifft und der ent­stan­de­ne Sound­track wirkt weder pro­fan, noch drängt er sich in den Vor­der­grund, son­dern unter­stützt die Bil­der und Sze­nen des Films vor­treff­lich.

Wie bereits ange­merkt: ja, es gibt ein paar Macken, sowohl bei Dia­lo­gen und Hand­lung, wie auch bei Sze­ne­rien. Das ist aber ange­sichts der Gesamt­leis­tung so was von völ­lig egal! NYDENION ist ein lie­be­voll gemach­ter und ange­sichts der Umstän­de gran­di­os umge­setz­ter Sci­ence Fic­tion-Film, den sich jeder Gen­re-Fan drin­gend anse­hen soll­te – man muss sich nur vor­her dar­über im Kla­ren sein, dass es sich eben nicht um eine Hol­ly­wood-Pro­duk­ti­on han­delt, son­dern um einen Fan­film – wenn auch einen höchst ela­bo­rier­ten.

Die Ansicht, dass in Deutsch­land kei­ner SF-Fil­me machen kann ist somit wider­legt. Es muss hei­ßen: kei­ner der angeb­li­chen Pro­fis kann in Deutsch­land SF-Fil­me machen, die angeb­li­chen Ama­teu­re zei­gen, wo es lang geht.

Ich wür­de mir wirk­lich wün­schen, dass jemand Jack Moik und sei­nem Team ordent­lich Geld in die Hand drü­cken wür­de, damit ein Film unter professionell(er)en Bedin­gun­gen ent­ste­hen könn­te. Das wür­de garan­tiert ein Kra­cher wer­den.

Fazit: ins­be­son­de­re für SF-Film-Fans abso­lut sehens­wert! NYDENION gibt´s auf DVD und Blu­Ray – kau­fen!

Trai­ler:

Der Inhalt ist nicht verfügbar.
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NYDENION
Dar­stel­ler: Jack Moik, Annet­te Schmie­del, Mar­cos Kou­telas, Ste­fa­nie Dal Can­ton, Andre­as Are­ns, Axel Mer­tes, Axel Loh u. a.
Regie: Jack Moik
Aus­füh­ren­der Pro­du­zent: Cas­par Arn­hold
Pro­du­zen­ten: Jack Moik, Alex­an­der E. Roe­der, Frank Vogt
Kame­ra: Alex­an­der E. Roe­der, Eddie Are­ns, Jack Moik
Musik: Jack Moik
Magna Mana FX GmbH
Deutsch­land 2011

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NYDENION auf DVD

For­mat: Dol­by, PAL, Wide­screen, Sur­round Sound
Spra­che: Deutsch (Dol­by Digi­tal 5.1)
Unter­ti­tel: Deutsch
Regi­on: Regi­on 2
Bild­sei­ten­for­mat: 16:9 – 1.77:1
FSK: Frei­ge­ge­ben ab 12 Jah­ren
Stu­dio: KSM GmbH
Erschei­nungs­ter­min: 7. Novem­ber 2011
Pro­duk­ti­ons­jahr: 2011
Spiel­dau­er: 93 Minuten[/one_half][one_half_last]NYDENION auf Blu­Ray

For­mat: DTS, PAL, Wide­screen, Sur­round Sound, Unter­ti­telt
Spra­che: Deutsch (Dol­by Digi­tal 2.0), Deutsch (DTS-HD Mas­ter Audio 5.1)
Unter­ti­tel: Deutsch
Regi­on: Regi­on B/​2
Bild­sei­ten­for­mat: 16:9 – 1.77:1
FSK: Frei­ge­ge­ben ab 12 Jah­ren
Stu­dio: KSM GmbH
Erschei­nungs­ter­min: 7. Novem­ber 2011
Pro­duk­ti­ons­jahr: 2011
Spiel­dau­er: 90 Minuten[/one_half_last]

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Logo, DVD-Cover und Pres­se­fo­tos NYDENION Copy­right Nyden­ion & Magna Mana FX GmbH

 

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7 Kommentare zu „NYDENION – Science Fiction aus Deutschland geht also doch!“

  1. Ich stim­me dem Review zu. Ja, hier und da knirscht es im Gebälk, völ­lig egal, denn sofern man auch ein biss­chen Fan von Old­school-SF ist, sieht man förm­lich jeder Sze­ne an, wie lie­be­voll hier Model­le gebaut und in Sze­ne gesetzt und Green­s­ceen-Auf­nah­men über­ein­an­der geschich­tet wur­den. Man möch­te rich­tig­ge­hend dabei gewe­sen sein…

  2. Eigent­lich fand ich nur zwei Stel­len wirk­lich lai­en­haft: Ein­mal die SZe­nen in der Kom­man­do­brü­cke (oben im Arti­kel ein­ge­blen­det), da der Kom­man­deur sehr höl­zern agier­te und eine Kom­man­do­brü­cke mit zwei Leu­ten eher unglaub­wür­dig wirkt, und zum ande­ren die Ankunft­sze­ne auf dem Schiff, auf dem die Bom­be ent­schärft wer­den muß­te (die Schau­spie­le­rin war die ein­zi­ge, die ich als Fehl­be­set­zung bezeich­nen wür­de, da fehl­te jede Emo­ti­on in Mimik und Spra­che) mit dem anschlie­ßen­den, gemüt­li­chen Spa­zier­gang durchs Schiff, obwohl nur noch 3 Minu­ten Zeit waren :D

    Der Rest war klas­se und hat mich immer wie­der in posi­ti­ves Erstau­nen ver­setzt!

  3. Stefan Holzhauer

    Wobei sie ja einen Robo­ter spielt. Da geht emo­ti­ons­los und mimik­arm im Prin­zip schon in Ord­nung. Mir ging das Anfangs auch so, als dann klar war, dass sie künst­lich ist, fand ich’s nicht mehr schlimm.

    Die Kom­man­do­zen­tra­le fand ich in Ord­nung. Dass auf in einer Zen­tra­le Hun­dert­schaf­ten rum­lun­gern hat uns Onkel Geor­ge ein­ge­bläut. :) Wenn die Tech­nik es her­gibt könn­ten das auch drei sein. :)

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