Niemand mag AQUAMAN

… die­ses bei­na­he schon geflü­gel­te Wort stammt aus der Nerd-Come­dy THE BIG BANG THEORY und hat danach in die Pop­kul­tur Ein­zug gefun­den. Umso erstaun­ter war man natür­lich des­we­gen, als DC und War­ner nicht nur einen AQUA­MAN-Film ankün­dig­ten, son­dern dann aus­ge­rech­net auch noch Jason Mom­oa die Titel­rol­le über­neh­men soll­te, der nun wirk­lich völ­lig anders aus­sieht, als man die Figur bis­her kann­te. Eben kein blond­ge­lock­ter Jüng­ling in pein­li­chem, oran­ge­grü­nem Span­d­ex.

DC Comics hat mit sei­nen Kino­fil­men abge­se­hen von WONDER WOMAN nicht eben rie­si­gen Erfolg gehabt. Das liegt in mei­nen Augen zum einen an Sny­ders über­stra­pa­zier­tem Grim­dark-Ansatz, zum ande­ren dar­an, dass den Fil­men der Humor fehl­te, und zum letz­ten auch die schie­re über­spru­deln­de und ent­spannt insze­nier­te Genia­li­tät nicht vor­han­den ist, die die Mar­vel-Fil­me aus­zeich­net.

Man merkt wäh­rend der gesam­ten Spiel­dau­er, dass man bei DC und War­ner den fes­ten Wil­len hat­te, jetzt aber end­lich einen Film auf die Lein­wand zu brin­gen, der mit den Epen des direk­ten Kon­kur­ren­ten nicht nur mit­hal­ten, son­dern sie über­tref­fen  kann. Lei­der steht man sich genau des­we­gen auch selbst im Weg.

Man ver­ste­he mich nicht falsch: AQUAMAN ist durch­aus kein schlech­ter Film und von den Schau­wer­ten her ist er abso­lut gigan­tisch. Wie bereits geschrie­ben, will man es unbe­dingt mit Mar­vel auf­neh­men und insze­niert einen visu­el­len Over­kill wie man ihn bis­her viel­leicht aus GUARDIANS OF THE GALAXY 1 & 2 kann­te. Bei der Dar­stel­lung der Unter­was­ser­welt der Atlan­ter geben die zahl­lo­sen SFX und CGI-Spe­zia­lis­ten alles, was Hol­ly­wood heut­zu­ta­ge so her­gibt, die Lis­te der ver­schie­de­nen Fir­men die Effek­te bei­gesteu­ert haben ist im Abspann lang – sehr lang. Und das wun­dert den Zuschau­er auch sicher nicht, denn im Prin­zip besteht AQUAMAN aus einer Anein­an­der­rei­hung von Spe­zi­al­ef­fek­ten, zwi­schen denen aber glück­li­cher­wei­se auch noch Hand­lung vor­han­den ist.

Glück­li­cher­wei­se hat man sich dies­mal ent­schlos­sen, einen Hau­fen Gags ein­zu­bau­en, dar­un­ter auch ech­te Schen­kel­klop­fer, dum­mer­wei­ser zün­den aller­dings man­che Oneli­ner, die Arthur Cur­ry zum Bes­ten gibt, nicht so rich­tig, oder das Timing ist dane­ben. Stel­len­wei­se wirkt die Haupt­fi­gur lei­der ein wenig wie ein Honk. Man wuss­te offen­bar nicht genau, wie man ihn insze­nie­ren soll­te, die Dar­stel­lung erscheint mir ein wenig inkon­sis­tent. Und ins­be­son­de­re am Ende, wo er dann end­lich sei­ne neue, moder­ni­sier­te Ver­si­on des alt­be­kann­ten AQUA­MAN-Kos­tüms trägt, neigt Mom­oa zum »Over­po­sing«. Was ich damit mei­ne? Am Ende, als er dann end­lich der Super­held ist, muss er alle typi­schen Posen nach­ho­len, und das gelingt ihm stel­len­wei­se eher durch­wach­sen. Wenn Iron Man oder Black Pan­ther ihre klas­si­schen Posen oder Drei­punkt­lan­dun­gen zei­gen, dann sieht das ver­blüf­fend gekonnt aus. Mom­oa macht an ein paar Stel­len gegen Ende eine deut­lich schlech­te­re Figur. Trotz­dem ist die­se neue Form der AQUA­MAN-Dar­stel­lung grund­sätz­lich eher eine Berei­che­rung eines bis­lang oft tat­säch­lich eher pein­li­chen Cha­rak­ters – und das ist tat­säch­lich Jason Mom­oa zu ver­dan­ken.

 

Glück­li­cher­wei­se haben sie der Haupt­fi­gur mit Amber Heard als Mera einen star­ken Frau­en­cha­rak­ter an die Sei­te gestellt, die es mit dem Mus­kel­pa­ket durch­aus auf­neh­men kann – und sie ist defi­ni­tiv die Schlaue im Team. Aller­dings tappt DC mal wie­der in die Sex-Fal­le, denn wo Mar­vel übli­cher­wei­se auf all­zu bil­li­ge Fleisch­be­schau ver­zich­tet, muss­te Amber Heard im Kos­tüm natür­lich unbe­dingt ein aus­la­den­des Dekol­le­té samt Pushup zur Schau stel­len. Was über­haupt nicht nötig gewe­sen wäre, und zudem zeigt der direk­te Kon­kur­rent immer wie­der, dass es auch anders geht und dass man auf so dump­fe Alt­män­ner-Tricks ver­zich­ten kann. Amber Heard hat mir in der Rol­le aller­dings abseits davon sehr gut gefal­len, sie war ja mal als Red Son­ja gesetzt und ich bin jetzt sehr sicher, dass sie auch die­se Figur gran­di­os hät­te spie­len kön­nen.

Wil­lem Dafoe bleibt in sei­ner Rol­le lei­der hin­ter sei­ner Mög­lich­kei­ten zurück, aber er ist eben auch nur ein Neben­dar­stel­ler des­sen Cha­rak­ter das Dreh­buch zu wenig Mög­lich­kei­ten zuge­stan­den hat. Lobend erwäh­nen möch­te ich noch Temuera Mor­ri­son als Vater Cur­ry – den kennt der STAR WARS Fan als Jan­go Fett und eine kom­plet­te Klon­ar­mee. Er spielt einen über­aus sym­pa­ti­schen Leucht­turm­wär­ter und Vater. Der Ober­bö­se­wicht König Orm, dar­ge­stellt von Patrick Wil­son, bleibt lei­der farb­los.

Also – es hät­te ein gran­dio­ser Film wer­den kön­nen, aber wie ich schon sag­te, steht man sich im Bestre­ben, end­lich, end­lich einen Film auf Mar­vel-Niveau ablie­fern zu wol­len, selbst im Weg, denn es wird ein­fach zu viel auf­ge­fah­ren, dem Zuschau­er wird zu viel um die Ohren gehau­en. Ich bin ja nun wirk­lich ein Fan von bon­bon­bun­tem Pop­corn­ki­no mit visu­el­lem Over­kill, aber hier habe ich irgend­wann gedacht »ist jetzt lang­sam mal gut«? Einen Gang zurück­zu­schal­ten hät­te AQUAMAN eben­so gut getan, wie eine kür­ze­re Spiel­dau­er. Zu viel soll­te gezeigt und erzählt wer­den, und das führt eben dazu, dass der Film irgend­wann über­la­den ist und man auf ein Ende hofft.

Dazu kommt dann noch, dass man der Effek­te wegen ein­fach mal die Phy­sik igno­riert. Ich weiß, der geneig­te Leser wird jetzt viel­leicht sagen »Phy­sik? In einem Super­hel­den-Film?«, aber der Punkt ist ja eben, dass es in die­sem Gen­re ein Span­nungs­feld zwi­schen der ver­meint­li­chen Rea­li­tät und den abge­ho­be­nen Fähig­kei­ten und Wel­ten der Super­hel­den geben muss. Wenn man dann unter Was­ser Sze­na­ri­en mit Lava kon­stru­iert, es an der Berü­hungs­stel­le der bei­den Ele­men­te aber nichts kocht, dann fragt man sich schon, was das soll. Wer Bil­der bei­spiels­wei­se von Hawaii kennt, der weiß, was pas­siert, wenn Lava auf Was­ser trifft: Das Was­ser kocht, ver­dampft in gro­ßen Men­gen, es ist eine Natur­ge­walt. In AQUAMAN sieht man Lava­seen und Lava­fäl­le im Was­ser, sowohl in Atlan­tis, als auch bei der gro­ßen End­schlacht, und es ist, als wären sie an der Luft, denn da kocht gar nix. Die Lava ist also nur wegen der Optik da, wird aber nicht so dar­ge­stellt, wie sie sein müss­te. Wenn mir sol­che Pro­ble­me in einem Film auf­fal­len, dann bedeu­tet das, dass etwas nicht stimmt, denn wenn mich ein Werk gefan­gen nimmt, den­ke ich über sol­che Pro­ble­me nicht nach. Davon gab es lei­der noch ein paar mehr, auf die ich hier aber nicht ein­ge­hen möch­te.

Auch wenn es an die­ser Stel­le wirkt, als hät­te ich nur zu meckern, dann stimmt das nicht ganz. Tat­säch­lich habe ich mich kei­nes­wegs geär­gert, den Film gese­hen zu haben, und er ist sicher in der Rei­he der DC-Ver­fil­mun­gen weit vor­ne, über­aus unter­halt­sam und voll gigan­ti­scher Schau­wer­te. Der Film ist gut, aber er hät­te mit simp­len Mit­teln noch deut­lich bes­ser wer­den kön­nen, näm­lich indem man sich ein­fach ein wenig zurück genom­men hät­te, statt ganz offen­sicht­lich ver­krampft zu ver­su­chen, Mar­vel zu über­tref­fen. AQUAMAN hat das eigent­lich gar nicht nötig, denn alle Zuta­ten für einen gran­dio­sen Film waren da, man hät­te sie nur etwas spar­sa­mer dosie­ren müs­sen. Ich spre­che aber den­noch eine Emp­feh­lung aus, sich den Strei­fen unbe­dingt im Kino und unbe­dingt in 3D anzu­se­hen. Denn trotz aller Schwä­chen han­delt es sich bei AQUAMAN tat­säch­lich um gran­dio­se Super­hel­den-Unter­hal­tung, wie man sie so ins­be­son­de­re wegen der vie­len Unter­was­ser-Effek­te noch nicht gese­hen hat.

Ach, eins hab ich noch ver­ges­sen: Wie bereits geschrie­ben, besteht der Film qua­si nur aus visu­el­len Effek­ten, und die weit­aus meis­ten davon sind auch sta­te of the art. Aber an man­chen Stel­len hab ich mich fra­gend am Kopf gekratzt und gefragt, ob sie nicht fer­tig gewor­den sind. Bei­spiels­wei­se die Ket­ten, mit denen AQUAMAN in Atlan­tis gefes­selt wur­de, oder als erst­ma­lig der tol­le Drei­zack, um den alles geht, auf­tauch­te und die aus­sa­hen, als sei­en sie aus einem Kau­gum­mi­au­to­ma­ten gezo­gen wor­den, weil irgend­was mit den ger­en­der­ten Mate­ria­li­en nicht stimm­te. Das­sel­be gilt für die ein oder ande­re offen­sicht­lich ger­en­der­te Rüs­tung. Dafür bekommt man aber auch jede Men­ge Din­ge zu sehen, wo man sich fragt, wie – zum Gei­er – sie das gemacht haben, bei­spiels­wei­se wie sich die Atlan­ter unter Was­ser bewe­gen, oder wie im Oze­an die Haa­re der Dar­stel­ler wehen.

Also noch­mal: Es ist wirk­lich kein schlech­ter Film, seht ihn euch an, aber es hät­te ein bes­se­rer Film sein kön­nen. Ich ver­ge­be kei­ne Punk­te­wer­tung, denn ich wüss­te wirk­lich nicht, wie ich den Fakt, dass ich hin- und her geris­sen bin, in eine ummün­zen soll­te, ich gehe auch davon aus, dass AQUAMAN pola­ri­sie­ren wird. Ich hof­fe aber sehr, dass die Ein­spiel­ergeb­nis­se so sind, dass wir mehr davon zu sehen bekom­men wer­den, denn die Figur hat in die­ser Beset­zung defi­ni­tiv Poten­ti­al und könn­te in Zukunft ziel­si­che­rer insze­niert wer­den. Aber viel­leicht mit etwas gebrems­te­rem Schaum. Einen Mera-Film wür­de ich sehr gern sehen. Oder Red Son­ja mit Amber Heard.

AQUAMAN
Beset­zung: Jason Mom­oaAmber HeardWil­lem DafoePatrick Wil­sonNico­le Kid­manDolph Lund­grenYahya Abdul-Mate­en IITemuera Mor­ri­sonLudi LinMicha­el BeachRand­all ParkGra­ham McTa­vish u.v.a.m.
Regie: James Wan
Dreh­buch: David Les­lie John­son-McGold­rick und Will Beall, nach einer Sto­ry von Geoff JohnsJames WanWill Beall
Pro­du­zen­ten: Rob CowanPeter Safran
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Jon BergWal­ter Hama­daGeoff JohnsDebo­rah Sny­der und Zack Sny­der
Kame­ra: Don Bur­gess
Schnitt: Kirk M. Mor­ri
Musik: Rupert Gregson-Wil­liams
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Bill Brze­ski
Cas­ting: Anne McCar­thy und Kel­lie Roy
143 Minu­ten
USA 2018

Pro­mo­fo­tos AQUAMAN Copy­right War­ner Bros. und DC Comics, Pro­mo­fo­to BIG BANG THEORY Copy­right CBS

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