Ich war äußerst gespannt, ob Miriam Pharo in der Lage sein würde, das durchweg hohe Niveau und die ansprechende Thriller-Handlung sowie die großartige Beschreibung einer weniger großartigen Zukunft des Vorgängers in der Fortsetzung weiter zu führen.
Vorab kann ich sagen: ich wurde nicht enttäuscht!
Klappentext:
Die einstigen blühenden Hansestädte im Norden existieren nicht mehr. Hamburg ist ein Nobelbezirk von Hanseapolis – einer Megacity mit über 20 Millionen Einwohnern –, die Lübecker Region eine riesige Industriezone. Dass die Cops 72 Stunden und mehr am Stück Dienst tun, ist keine Seltenheit. Denn Hanseapolis schläft nie.
Der Fall des ermordeten Mädchens im Sumpf wird für Elias Kosloff, Senior Detective beim Morddezernat von Hanseapolis, zum Albtraum: In den Helium-3-Förderminen auf dem Mond kommt er einer Verschwörung ungeahnten Ausmaßes auf die Spur, gleichzeitig holt ihn seine Vergangenheit wieder ein. Ein alter Freund trachtet ihm nach dem Leben … und er ist nicht der Einzige.
SCHATTENSPIELE ist die konsequente Fortsetzung des ersten Bandes, der den Leser mit einem üblen Cliffhanger zurück ließ. Die Art und Weise, wie die Geschichte in diesem zweiten Roman der Reihe fortgeführt wird, lässt mich allerdings mutmaßen, dass es sich ursprünglich um nur ein Buch handelte, das aus irgendwelchen Gründen in zwei Teile aufgeteilt wurde.
Der Lesbarkeit hat das durchaus keinen Abbruch getan, dass in meinem Fall soviel Zeit zwischen dem Inhalieren des ersten und zweiten Bandes verging, habe ich mir ja im Prinzip selbst zuzuschreiben, allerdings habe ich mir während der Lektüre mehrfach gewünscht, ich hätte beide in einem Roman in einem Rutsch durchlesen können.
Die treffenden Beschreibungen der Umstände des Jahres 2066 in der Europäischen Föderation im Allgemeinen und Hanseapolis im Besonderen (mit Facetten der restlichen Erde und sogar der Helium-3-Minen auf dem Mond) bleiben wie in SCHLANGENFUTTER eine reine Freude für den insbesondere in letzter Zeit nicht sonderlich mit lesbarem Material verwöhnten SF-Fan.
Auf den Inhalt einzugehen ist wieder mal nicht zu einfach, weil man dann Details zur Handlung offen legen müsste, und das ist natürlich gerade bei einem Krimi nicht zu einfach. Ich möchte allerdings dennoch auf zwei Punkte eingehen, die ich etwas kritischer betrachte.Zum einen haben wir den Verräter, der im Laufe des Romans immer wieder mal dabei besucht wird, wie er durch die Unterwelt von Hanseapolis flieht und dabei keine besonders gute Figur macht. Das erscheint vom Rest des Romans irgendwie völlig losgelöst und SCHATTENSPIELE hätte ohne diese Kapitel genauso gut funktioniert. Die Flucht und mit dieser einher gehenden Geschehnisse wirkten auf mich abgelöst, ein wenig fehl am Platz und die »Auflösung« (vielleicht eher »das Ende«) konnte mir auch keine wirkliche Genugtuung bringen. Ich hätte es als passender (und zufriedenstellender) empfunden, wenn diese Figur von den Protagonisten gefunden und einer gerechten Strafe zugeführt worden wäre (von mir aus auch durch eine Kugel).
Der zweite Kritikpunkt hat mit der Auflösung zu tun. Es war abzusehen, dass ein »hohes Tier« in den Fall verwickelt sein würde, allerdings kam nach meinem Empfinden nicht ganz klar heraus, warum das jetzt alles angeblich so eine Riesennummer sein sollte. Bei all den Beschreibungen über eine dystopische Zukunft mit haufenweise skrupellosen Wirtschaftsbossen und ultrakorrupten Politikern war die Lösung meiner Ansicht nach relativ unspektakulär.
Von diesen beiden Einschränkungen abgesehen (die sicherlich in erster Linie Geschmackssache sind) wird erneut eine erschreckend realistisch wirkende Zukunft vor dem Leser ausgebreitet und mit zahllosen kleinen, futuristischen und Hightech-Details nicht nur garniert, sondern homogen angereichert, so dass eine stimmige und düstere Vision des Jahres 2066 entsteht, die ich jedem SF-Leser nur empfehlen kann. Miriam Pharo hat die Beschreibung dieser Zukunft einfach drauf, anders kann man das gar nicht formulieren.
Die Autorin zeigt, dass deutschsprachige Thriller-SF mit Anleihen bei US-amerikanischen Filmen und Fernsehserien durchaus möglich ist – und das insbesondere in einer dennoch eigenständigen Art, die ihre Inspirationsquellen zwar erkennen lässt, sie aber nicht sklavisch übernimmt, sondern mit lokalen Aspekten zu etwas Neuem kombiniert. Meiner Ansicht nach kommt man an Miriam Pharo im Bereich deutschsprachiger SF nicht vorbei.
Ich freue mich außerordentlich auf Band drei mit dem Titel PRÄLUDIUM, der einen neuen Fall aufrollt und im Gegensatz zu den beiden Vorgängerbänden in sich abgeschlossen sein wird (zumindest habe ich das so verstanden).
Für SCHATTENSPIELE ist mein Fazit: uneingeschränkt empfehlenswert, sollte man allerdings zusammen mit SCHLANGENFUTTER in einem Rutsch durchlesen.
SEKTION 3|HANSEAPOLIS – SCHATTENSPIELE
Miriam Pharo
Science Fiction-Thriller
Taschenbuch
Mai 2010
248 Seiten, EUR 12,90
(auch als eBook erhältlich)
ISBN-10: 3941404415
ISBN-13: 978–3941404410
Acabus-Verlag
[cc]
Cover SCHATTENSPIELE Copyright Acabus-Verlag, Bild Miriam Pharo Copyright Miriam Pharo
[aartikel]3941404415[/aartikel][aartikel]3941404792[/aartikel][aartikel]3862821498[/aartikel]