Im vergangenen Jahr hatte ich mir nach dem Besuch der Spielemesse Essen überlegt, ob ich die Veranstaltung in 2014 überhaupt aufsuchen will. Das so gepriesene »neue Hallenkonzept« hielt ich schon damals für eine Katastrophe und sehe mich darin erneut bestätigt. Dennoch: Irgendwie gehört die Spielemesse in Essen seit 30 Jahren zu den Events im Oktober, und da man dort immer Freunde und Bekannte trifft, und vielleicht doch das ein oder andere nette Zeug findet, ging es auch 2014 wieder hin. Ohne allzu große Erwartungen, denn die Mainstream-Spielehersteller glänzen eigentlich schon seit Jahren hauptsächlich mit Selbstplagiaten oder dem gefühlt hundertsten Aufguss bekannter Spielprinzipien. Von den unzähligen überflüssigen »Erweiterungen« erfolgreicher Spiele mal ganz abgesehen.
Glücklicherweise zeigen aber auch jede Menge kleine und kleinste internationale Spieleverlage auf der Spielemesse Essen Präsenz, und für die lohnt sich dann der Besuch eben doch. Wer Pen&Paper- oder LARP-Zubehör sucht, wird allerdings im Vergleich zu viel früheren Jahren enttäuscht werden, die Zeiten sind in Essen vorbei, nach Aussagen etlicher Händler, mit denen ich sprach, wurden die vom Veranstalter Merz-Verlag nachhaltig vergrault, von den Standpreisen noch gar nicht gesprochen.
Beim Gang durch die Hallen waren erstaunlich viele Stand-Leerstände zu bemerken, offenbar hatten diverse Standmieter kurzfristig abgesagt oder waren einfach nicht gekommen – das war auffällig öfter zu sehen, als früher. Und ich hatte auch den Eindruck, dass die Zahl an Ausstellern grundsätzlich geringer war, als in den Vorjahren. Auffallend zudem der hohe Anteil an Fressständen, die natürlich den Platz für Spieleanbieter nochmals verringern.
Trotzdem waren die Stände zum Teil so dumm platziert, dass sich an manchen Stellen Menschenpfropfen bildeten. Das lag aber unter anderem daran, dass sich für einen Donnerstag erstaunlich viele Besucher auf dem Messegelände befanden (vermutlich bedingt durch die Herbstferien). An diversen Orten führte das zu äußerst unschönem und nervigem Gedrängel.
Und was ist mit Spielen? Richtige Highlights habe ich 2014 nicht ausmachen können. Ich werde gleich die Spiele des Jahres vorstellen, die schon vor ein paar Wochen prämiert worden sind, das war allerdings aus irgendeinem Grund an mir vorbei gegangen.
SAVAGE WORLDSPrometheus Games hat eine überarbeitete Ausgabe der Gentleman´s Edition des universellen P&P‑Systems SAVAGE WORLDS herausgebracht, und das zu einem nahezu unschlagbaren Preis von 19,95 Euro für ein ordentliches Hardcover. Da kann man nicht meckern – und da ich mir das Spiel ohnehin schon länger mal ansehen wollte, und es zudem auch noch für ein mit Freunden geplantes Rollenspiel-Quellenbuchprojekt im Gespräch ist, habe ich es mir gekauft.
Die Aufmachung ist wirklich sehr schön, als Hardcover mit Lesebändchen, hübschem Layout und haufenweise Illustrationen, die weitaus meisten davon höchst gelungen (darauf weise ich deswegen hin, weil Illustrationen bei anderen Anbietern leider schon mal etwas … sagen wir … stiefmütterlich behandelt werden). Auf den ersten Blick erscheint das System oldschool, allein schon dadurch, dass so ziemlich jede Form von RPG-Würfeln verwendet wird, die es gibt, allerdings muss ich mir das Regelwerk für eine detailliertere Analyse erstmal genauer ansehen. Angeblich soll SAVAGE WORLDS auch schnell und »cinematic« spielbar sein, wenn man es mit den optionalen Regeln nicht übertreibt. Auch darauf bin ich gespannt. Eine detailliertere Einschätzung folgt vielleicht später.
Meine andere Neuerwerbung auf der Messe war das Spiel SPACE CADETS. Dabei handelt es sich um ein kooperatives Game, bei dem eine Gruppe von Spielern als Brückencrew eines Raumschiffs zusammenarbeiten muss, um Missionen zu überstehen. Um SPACE CADETS schleiche ich schon länger herum, und da man es an einem der zahllosen Grabbeltisch-Stände für kleines Geld bekommen konnte, wanderte es mit mir nach Hause. Ich gehe davon aus, dass das insbesondere für STAR TREK-Fans mit Sinn für Humor ein höchst unterhaltsames Spiel werden könnte. SPACE CADETS, eigentlich 2012 von Stronghold Games, wurde in diesem Jahr bei Asmodee ganz frisch neu aufgelegt und auch in einer deutschen Sprachversion verfügbar gemacht. Normalerweise spiele ich solche Games gern im englischen Original, da gerade bei Parodien in der Übersetzung meist eine Menge verloren geht, aber auf der anderen Seite hat man immer mal Mitspieler, die des Englischen nicht so mächtig sind. Ein weiterer Aspekt ist natürlich die Tatsache, dass die Fassung von Asmodee deutlich preisgünstiger ist, als die Import-Fassung.
Auch hierfür steht natürlich demnächst ein Test an und ich werde berichten. Bis dahin der Werbetext:
Es war euer Lebenstraum – der Sternenpatrouille beizutreten und Mitglied der Besatzung eines interstellaren Sternenschiffs zu sein. Ihr habt hart gearbeitet und endlich die Akademie abgeschlossen: Vor euch liegt eure erste Mission, als Teil eines Teams von jungen Rekruten. Ihr vertraut auf euer Training und seid bereit, eure Kenntnisse auf die Probe stellen zu lassen. Eigentlich kann nichts schief gehen. Ihr seid auf alles vorbereitet … Ihr seid die »Space Cadets«.
Das Regelwerk eröffnet dann auch gleich mit Sprüchen, die klar machen, dass man das alles dringend nicht so ernst nehmen sollte. Hardcorer-Trekkies, die zum Lachen in den Maschinenraum gehen, sind hier sicherlich falsch am Platze. Ein Beispiel:
Trainingshandbuch der Kadetten der Sternenpatrouille
Wir gratulieren zum bestandenen Abschluss der Raumflotte und zu Ihrem ersten Einsatz! In Anbetracht Ihrer akademischen Leistungen gehen wir davon aus, dass Sie genauso überrascht sein dürften, wie wir es sind. Da sie ja in erster Linie durch Fehlstunden geglänzt haben, dachten wir, es wäre vielleicht ganz sinnvoll, wenn Sie die Kenntnisse bezüglich der Funktionen Ihres Raumschiffes noch einmal auffrischen. Seien Sie bitte äußerst vorsichtig, denn etwaige Schäden am Schiff werden von Ihrem Gehalt und den Einkünften Ihrer Verwandten abgezogen …
Ah so … :)
SPACE CADETS
Asmodee
3 bis 6 Spieler
ab acht Jahren
Spieldauer ca. 60 bis 120 Minuten
(zum Preis kann ich im Moment nicht viel sagen, ich habe es in Essen für knapp unter 30 Euro bekommen, im Web findet man noch keinen offiziellen Verkaufspreis, dafür ist die Neuauflage offenbar zu … neu. Die englische Importversion wird zu Preisen zwischen 50 und 65 Euro angeboten)
Die Spiele des Jahres
Der Gewinner des Preises »Spiel des Jahres« hat mich wie so oft nicht überzeugt. Ich habe manchmal den Eindruck, die Jury besteht nicht, wie angegeben, aus Fachjournalisten in Sachen Spiel, sondern aus »Normalos« ohne größeren Überblick über die Bandbreite an Spielen und Regeln, anders lässt sich kaum erklären, dass immer wieder eher belanglose Produkte den Preis verliehen bekommen.
Spiel des Jahres 2014 ist CAMEL UP aus dem Hause Eggertspiele / Pegasus. Dabei geht es um ein Kamelrennen mit ein paar Gimmicks. Interessanterweise kann man das Spiel nicht nur dadurch gewinnen, dass das eigene Höckertier als Erstes durchs Ziel geht, sondern auch dadurch, dass man auf die Rundensieger setzt.Werbetext:
5 Kamele, 1 Pyramide und bis zu 8 Spieler ergeben Camel Up – ein spannendes Kamelrennen mitten in der ägyptischen Wüste. Die Spieler wetten auf die Kamele und versuchen zu tippen, welche von ihnen ganz vorne landen werden und welches als letztes über die Ziellinie galoppiert. Aber in all dem Gedränge laufen die Kamele nicht ordentlich hintereinander her, sondern drängeln und schubsen was das Zeug hält.
Camel Up ist ein einfaches, schnelles und unterhaltsames Wettspiel, in dem alle Beteiligten auf ihre Kosten kommen. Ein einfacher Mechanismus und geringe Berechenbarkeit sorgen für Spannung bis zum Schluss.
Der Hinweis auf den »einfachen Mechanismus« trifft meiner Ansicht nach den Punkt, denn für mich erschien das Ganze beim Betrachten einer Testrunde doch leider eher belanglos. Zielgruppe dürften eindeutig eher Kinder sein.
CAMEL UP
Pegasus Spiele
zwei bis acht Spieler
ab acht Jahren
Spieldauer ca. 20 bis 30 Minuten
Preis: 24,95 EUR (Hersteller), 17,98 EUR (Amazon)
Werbetext:
Das Basarviertel ist eine der Hauptattraktionen von Istanbul. Im gleichnamigen Spiel wandern die Spieler als Kaufleute über den Markt und machen möglichst rentable Geschäfte. Unterstützt von ihren Gehilfen, nutzen sie verschiedene Orte im Viertel, um Aktionen auszuführen. Obwohl Waren und Geld sehr wichtig sind, haben die Kaufleute nur eins im Sinn: Rubine zu sammeln. Denn wer zuerst 5 Rubine gesammelt hat, gewinnt!
Istanbul ist ein strategischer Leckerbissen für Spieler, die auch auf dem regen Basartreiben den Überblick behalten. Die einfache Regel führt schnell ins Spielgeschehen ein. Mit der enthaltenen taktischeren Variante sowie verschiedenen Startaufstellungen bietet Istanbul aber auch erfahrenen Kaufleuten immer neue Herausforderungen.
ISTANBUL
Pegasus Spiele
zwei bis fünf Spieler
ab zehn Jahren
Spieldauer ca. 40 bis 60 Minuten
Preis: 34,95 EUR (Hersteller), 23,19 EUR (Amazon)
Bei diesem übernatürlichen Abenteuer arbeiten die Spieler im Team zusammen, um mit strategisch günstigen Spielzügen einen exotischen Schatz zu finden, es mit Geistern aufzunehmen und anschließend aus dem riesigen Gruselhaus zu entkommen, bevor es dort überall spukt!
So wird gespielt: In den einzelnen Räumen suchen die Spieler verlorene Juwelen und treffen auf Geister. Hat man beim Würfeln ein glückliches Händchen, werden die nervenden Gespenster zurück in die Unterwelt verbannt. Bei Würfelpech bleiben sie »am Leben«. Sind zu viele Geister in einem Raum, spukt es dort. Spukt es in sechs Räumen, bevor alle Juwelen im Haus gefunden wurden, ist das Spiel vorbei Ein riskantes Unternehmen, aber es lohnt sich, wenn man überlebt und die Geschichte weitererzählen kann. Und ganz gleich, ob Sieg oder Niederlage, auf den Teamgeist kommt es an!
GEISTER, GEISTER, SCHATZSUCHMEISTER
Mattel Games
zwei bis vier Spieler
ab acht Jahren
Spieldauer ca. 30 Minuten
Preis: 32,99 (Hersteller), 24,98 (Amazon)
Foto »Spiele« und Bilder in der Galerie von mir, CC BY-NC-SA, Cover SAVAGE WORLDS Copyright Prometheus Games, Cover SPACE CADETS Copyright Asmodee, Cover CAMEL UP und ISTANBUL Copyright Pegasus Spiele, Cover GEISTER, GEISTER, SCHATZSUCHMEISTER Copyright Mattel Games
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RT @PhantaNews: Internationale Spieletage »Spiel 2014« in Essen http://t.co/hmZJyAiy44 #spiel2014 #essen #spieletage
Da ich noch ungespielte Spiele von 2012 aus Essen habe, habe ich diesesmal auf die Messe verzichtet – irgendwas nimmt man ja ansonsten doch mit. Vielleicht auch zum Glück für meine Nerven, wenn ich an den Lokführerstreik denke. :-)
Also die Messe ist so lange ich denken kann schon immer in den Herbstferien gewesen, aber zusammen mit den Trauben vor den Fressständen kam man an manchen Stellen wirklich schlecht durch.