Spoilerfrei
Eins vorweg: Wir reden hier über einen Film, in dem Killerroboter aus einer Zukunft durch die Zeit reisen, um … Dinge zu tun, während derer möglichst viel spektakulär in die Luft fliegt. Angesichts dessen soll mit bitte niemand mit zu großen Ansprüchen an … Anspruch und Logik kommen, man bekommt das, was angekündigt ist. You have been warned. Wer sowas nicht sehen will liest nicht weiter, sieht sich den Film nicht an und motzt auch nicht rum.
Bis zu DARK FATE hat das TERMINATOR-Franchise drei Milliarden US-Dollar eingespielt, und das trotz einiger Filme, die – sagen wir mal – semi-erfolgreich waren. Dazu zähle ich auch den letzten, TERMINATOR GENISYS, den ich tatsächlich nicht so schlecht fand, wie er allgemein gemacht wird, sondern wenigstens unterhaltsam. Davor gab es welche … naja, abgebrochene Trilogien sagen eigentlich schon alles, das wirkte stellenweise uninspiriert und nur als wolle man schnelles Geld verdienen.
Gut, dass nicht nur Franchise-Erfinder James Cameron wieder die Zügel in die Hand genommen hat, noch besser, dass er die Regie an jemanden übergab, der weiß was er tut: Tim Miller, den DEADPOOL 1 & 2‑Heroen.
Ich bin ziemlich sicher, dass TERMINATOR: DARK FATE ziemlich kontrovers betrachtet werden wird. Denn zum einen bekommt man zwar was man erwartet hat, aber zum anderen bekommt man nicht, was Mann erwartet hat, denn die durch Linda Hamilton und Arnie Schwarzenegger implizierten Prämissen, verstärkt durch die Trailer, werden gleich in den ersten Minuten ziemlich auf den Kopf gestellt, ebenso wie der gesamte Hintergrund. Und das ist auch gut so, damit es eben nicht einfach nur ein weiterer TERMINATOR-Film wird. Tatsächlich ist es übrigens einfach nur ein weiterer TERMINATOR-Film geworden. Und das meine ich durchaus positiv.
Aber eben einer mit den Erwartungen spielt. Und einer, der sich einer ganz bestimmten Klientel offensiv verweigert, was allein bereits zu den genannten Kontroversen führen wird. Die drei Hauptrollen sind weiblich und auch noch mit starken Frauenfiguren besetzt, die Männern und Terminatoren in den Allerwertesten treten (letzteren natürlich im Rahmen ihrer äh … menschlichen Möglichkeiten). Dazu kommt zudem noch, dass die eigentliche Hauptfigur, nämlich die von Natalia Reyes gespielte Dani Ramos, eine Mexikanerin ist. Ein klarer Mittelfinger in Richtung Trumps und seiner Anhänger, ebenso wie die Tatsache, dass man eine Art Mauer zwischen den USA und Mexiko wie nix überwinden kann. Und dann wird auch noch der aus der Zukunft gesandte Terminator (kein Spoiler, glaubt mir) von Gabriel Luna dargestellt, den kennt man beispielsweise als Ghost Rider aus MARVELS AGENTS OF S.H.I.E.L.D., ebenfalls ein Latino. Also: Ein starkes Frauentrio und Latino-Hauptdarsteller, sowie eine Heldin aus Mexiko, und dann auch noch das TERMINATOR-Theme (unter anderem) im Mariachi-Stil: deutlicher kann man eine Botschaft an alte, weiße Männer, Konservative und Alt-Right kaum überbringen. Und offenbar erfolgreich, denn etlichen sehr guten Bewertungen auf den einschlägigen Portalen, stehen die erwarteten Verrisse aus der getretenen und getroffenen Klientel gegenüber, die die Ergebnisse verzerren, die man aber beispielsweise auf IMDb auch sehr gut als solche erkennen kann. Wenn einer großen Menge positiver bis eher positiver Bewertungen eine gewisse deutliche Zahl an Verrissen gegenüber steht, dann weiß man im Prinzip, aus welcher Ecke die kommen. Drei weibliche Hauptrollen und ausgerechnet die Mexikanerin rettet die Welt (kein Spoiler) bringt entsprechende Primaten selbstverständlich auf alle erreichbaren Palmen.
Tim Miller und James Cameron schaffen es, den Stil, den man aus den beiden ersten Filmen kennt, ins Heute zu portieren, so dass das Ganze klar als TERMINATOR zu erkennen ist, aber ohne altbacken zu wirken. Eine Menge erwartete Versatzstücke sind vorhanden und werden auch genüsslich … ähem … ausgeschlachtet. Wie oben schon angedeutet, bricht man aber auch mit Erwartungen und das macht die Handlung dann eben wieder spannend und verhindert, dass man trotz fraglos vorhandener Parallelen zu den Vorgängern meint, in einem Plagiat zu sitzen. Das Tempo ist geradezu perfekt getimed, man verzichtet darauf, einen durchgehende Aktion-Overkill zu inszenieren und gönnt Charakteren wie Zuschauern auch mal ruhige Momente. Wenn die allerdings vorbei sind, boxt der Papst mit Endoskelett im Kettenhemd. Dabei bekommt man ordentlich was zu sehen, aber man hat den Eindruck, dass sie nicht gleich ihr ganzes Pulver verschießen wollten, manche Actionszenen wirken trotz der beeindruckenden Schauwerte und der selbstverständlich vorhandenen Opulenz geradezu zurückgenommen, schöpfen nicht komplett das aus, was heutzutage möglich wäre. Es macht den Eindruck, als wollten sie lieber einen soliden Actionfilm abliefern, anstatt das Genre auf Biegen und Brechen neu zu erfinden. Allerdings sind einige Actionsequenzen tatsächlich atemberaubend. Dazu kommt der erfreuliche Umstand, dass DARK FATE nicht mit Gewalt auf »ab 12« geschnitten wurde, um mehr Jüngere (und deren Geld) ins Kino zu bekommen, sondern eine Freigabe ab 16 hat.
Natürlich darf man bei einem Film über Killerroboter, die aus der Zukunft … ach, das hatten wir schon … kein wirkliches vielschichtiges Charakterspiel erwarten, aber die Hauptfiguren schlagen sich im Rahmen des Plots gut. Linda Hamilton sagte allerdings bereits in einem Interview, wohl nicht ganz ernst gemeint, dass sie eher ihren Tod vortäuschen als in einer Fortsetzung mitspielen würde, denn ihr Training und ihre Actionszenen waren offenbar äußerst anstrengend. Wer den Film sieht, glaubt das sofort, es ist beeindruckend, was sie mit deutlich über 60 abliefert. Da hat die gute Frau Hamilton allerdings wohl Pech, denn sollte DARK FATE nicht floppen, wird es mindestens eine Fortsetzung geben. Das deutet auch das Ende bereits an. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass der floppt, denn er ist in der Lage, sowohl alte Fans zufrieden zu stellen, als auch neue zu begeistern und am Ende zählen keine Meckerköppe, sondern Kinokartenverkäufe.
Mackenzie Davis (BLADE RUNNER 2049 und HALT AND CATCH FIRE) spielt erfrischend und akzentuiert (soweit das in einem Film über Killerroboter aus der … äh … möglich ist) und empfiehlt sich mit diesem TERMINATOR als Hauptrolle in weiteren Actionfilmen, aber auch in was die Charakterdarstellung angeht anspruchsvolleren Produktionen. Stellenweise dominiert sie DARK FATE deutlich und kann der Figur im Lauf des Films mehr Facetten entlocken, als man vielleicht anfangs erwartet hätte.
Ach ja: Arnie spielt auch mit. Als alter Terminator, Gewährleistung vermutlich lange abgelaufen. In GENISYS hatte man das damit erklärt, dass die Biohülle gealtert ist, das darf man hier wohl auch annehmen, allerdings wird überhaupt nicht darauf eingegangen, warum auch … Arnold Schwarzenegger ist mit (nicht nur) Einzeilern für ein paar Lacher gut, keine Schenkelklopfer, aber die hätten auch nicht zum Film gepasst. Ein paar davon ziemlich skurril. In jedem Fall kann man klar sagen, dass er keine Hauptrolle spielt und nicht in den Vordergrund geschrieben wurde, seine Figur ist eher Plotelement und es ist ganz praktisch, ihn dabei zu haben, wenn es gegen einen haushoch überlegenen Killerroboter geht.
Und am Ende kommt es zu keinem männlichen deus ex machina, es kommt nicht noch ein Kerl und rettet beim Showdown alles, das machen die Mädels tatsächlich am Ende in letzter Konsequenz alleine; es gibt zwar Hilfe von … Dritten, aber die für DARK FATE Verantwortlichen vermeiden den Fehler, die starken Frauen zum Schluss doch wieder zu Staffage zu degradieren und ziehen die zuvor aufgebaute Nummer konsequent durch.
Es gibt vielleicht Kleinigkeiten an Handlung und Logik, die Miesepeter vielleicht bemängeln würden, aber die sind völlig nebensächlich, denn tatsächlich kann TERMINATOR: DARK FATE durchweg als moderner Actionfilm mit Wurzeln in den 1980ern überzeugen und unterhalten. Ich habe ziemlich genau das bekommen, was ich von einem TERMINATOR-Film erwartet habe und dennoch haben sie mich immer wieder überrascht und zwischendurch mit ordentlich Action in den Kinosessel gedrückt.
Ich hab nix zu meckern. Grandioses Popcornkino.
Ich hoffe: They’ll be back.
TERMINATOR: DARK FATE
Besetzung: Mackenzie Davis, Natalia Reyes, Linda Hamilton, Arnold Schwarzenegger, Gabriel Luna, Tom Hopper, Cassandra Starr, Brett Azar, Diego Boneta, Edward Furlong u.v.a.m.
Regie: Tim Miller
Drehbuch: David S. Goyer, Justin Rhodes und Billy Ray nach einer Story von James Cameron, Charles H. Eglee, Josh Friedman Goyer und Rhodes
Produzenten: James Cameron und David Ellison
Ausführende Produzenten: Edward Cheng, Bonnie Curtis, Dana Goldberg, Don Granger, John J. Kelly und Julie Lynn
Kamera: Ken Seng
Schnitt: Julian Clarke
Musik: Junkie XL alias Tom Holkenborg
Produktionsdesign: Sonja Klaus
Casting: Mindy Marin und Lucinda Syson
128 Minuten
USA 2019
Promofotos Copyright Paramount Pictures, Twentieht Century Fox, Skydance Media