Bandit bespricht: MALEFICENT: Mächte der Finsternis

MALEFICENT: MISTRESS OF EVIL – Bun­des­start 17.10.2019

Fünf Jah­re sind ins Land gezo­gen. Die jung­fräu­li­che Auro­ra hat sich zu einer belieb­ten Herr­sche­rin über die Moo­re gemau­sert, wenn­gleich die Moo­re eher den Ein­druck von bers­ten­der Far­ben­kun­de erwe­cken. Aber das arg­wöh­ni­sche Auge der Fee Mal­e­fi­cent ist all­ge­gen­wär­tig. Nicht, dass sie ihrer Toch­ter miss­trau­en wür­de, es liegt ein­fach in ihrer Natur. Da ist man nach­sich­tig. Barsch wird sie nur, wenn es um Töch­ter­leins Lieb­schaft Prinz Phil­ip geht, Thron­fol­ger des Nach­bar­kö­nig­rei­ches Uls­tead. Da wird Mal­e­fi­cent mit einem »Nein« ziem­lich laut, noch bevor über­haupt eine ange­dach­te Ver­mäh­lung Erwäh­nung fin­det. Man soll­te den Men­schen eben nicht trau­en, oder wie man des Öfte­ren im Film hören wird: »dies ist kein Märchen.«

Im Gegen­satz zu ande­ren Live-Action-Fil­men aus dem Maus-Haus war das Mär­chen um Dorn­rös­chen, mit der Fee Mal­e­fi­cent im Mit­tel­punkt, kei­ne Neu­ver­fil­mung. MALEFICENT war eine voll­kom­me­ne Neu­in­ter­pre­ta­ti­on der ursprüng­li­chen Geschich­te. War da die Insze­nie­rung noch etwas holp­rig, die Effek­te ledig­lich auf pas­sa­blen Niveau, über­wäl­tig­te er mit einer gran­dio­sen Ange­li­na Jolie und der über­ra­schend, genia­len Umkehr des bekann­ten The­mas. Da ist es doch schon ein Muss, die­sen fabel­haf­ten zwie­ge­spal­te­nen Cha­rak­ter noch ein­mal auf ein erwar­tungs­fro­hes Publi­kum los­zu­las­sen. Erneut ver­fass­te Lin­da Wool­ver­ton das Dreh­buch, immer­hin die Frau, die auch die Ori­gi­na­le von KÖNIG DER LÖWEN und ALADDIN schrieb. Aber am Ende waren schein­bar auch die Co-Autoren Micah Fit­zer­man-Blue und Noah Harps­ter kein Gewinn. Eine wirk­li­che Fort­füh­rung von Mal­e­fi­cents Geschich­te fin­det nicht statt. Hin­ge­gen erklärt eine Erzäh­le­rin gleich zu Beginn dem Publi­kum, dass man in allen König­rei­chen schon wie­der ver­ges­sen hat­te, dass die titel­ge­ben­de Fee eigent­lich die Gute ist.

Es wird zwar nicht alles auf Anfang gesetzt, doch man hat es sich mit der Hand­lung sehr leicht gemacht. Mal­e­fi­cent darf nach Her­zens­lust böse sein, und darf erneut geläu­tert wer­den. Wer die wirk­lich Böse ist wird nicht lan­ge hin­ter den sie­ben Ber­gen gehal­ten. Eine plau­si­ble Moti­va­ti­on dafür ist nicht erkenn­bar. Ein­fach nur böse sein, weil man einen Geg­ner braucht. Dabei hört man doch immer wie­der, »das ist kein Mär­chen.« MALEFICENT pen­delt zwi­schen zuviel Mär­chen­welt und eben­so zuviel Erwach­se­nen-Psy­cho­lo­gie, so dass der Film kei­ne kla­re Linie fin­det. Gelöst wer­den alle Pro­ble­me letzt­end­lich auf die naivs­te Wei­se von mora­li­scher Aspi­ra­ti­on einer alt­her­ge­brach­ten Fan­ta­sy-Welt. Die Bösen schrei­en immer wie­der, dass Krieg sein muss, war­um auch immer. Und die Guten beschwö­ren Tole­ranz, Frie­den und Einig­keit, wie auch immer das zustan­de kom­men soll.

Jetzt ist gegen eine mora­lisch tadel­lo­se Mär­chen­stun­de über­haupt nichts ein­zu­wen­den. Und manch­mal tut das sogar ziem­lich gut, in Zei­ten wo jeder Film sein Quänt­chen Zynis­mus und frag­wür­di­ge Wer­te vor sich her trägt. Doch MALEFICENT ist dar­auf aus­ge­legt die hei­le Mär­chen­welt immer wie­der auf­zu­spren­gen und ethi­sche Ver­werf­lich­kei­ten dras­tisch in Sze­ne zu set­zen. Etwas, das beim Vor­le­sen durch die von Kin­dern selbst regu­lier­te Vor­stel­lungs­kraft asso­zi­iert wird. Aus gutem Grund, und voll­kom­men nach­voll­zieh­bar, ist der Film erst ab zwölf Jah­ren frei­ge­ge­ben. Obwohl er das erzäh­le­ri­sche Niveau für eine weit nied­ri­ge­re Alters­stu­fe kon­se­quent beibehält.

In der Sequenz, als sich die bei­den eigent­lich ver­fein­de­ten Fami­li­en zum gemein­sa­men Mahl gegen­über sit­zen, wird lei­der nur ein ein­zi­ges Mal deut­lich, welch schau­spie­le­ri­sches Dyna­mit der Film mit Ange­li­na Jolie und Michel­le Pfeif­fer vor der Kame­ra hat­te. Hier wer­den alle Mög­lich­kei­ten regel­recht spür­bar, wie sich die ver­meint­li­chen Geg­ner beob­ach­ten, wie sorg­sam sie ihre Gemein­hei­ten arti­ku­lie­ren. Umso trau­ri­ger, dass Regis­seur Joa­chim Røn­ning nicht mehr in die­ser Art mit die­sen Talen­ten anfan­gen konn­te. Auch wenn fast selbst­re­dend Jolie die Per­sön­lich­keit ist, die jede Sze­ne auf sich zieht, und das mit ihrem Cha­ris­ma völ­lig zurecht, über­rascht die Insze­nie­rung doch mit zwei ande­ren Figu­ren: Sam Riley und Jenn Mur­ray als die Hand­lan­ger der jeweils ande­ren Sei­te, sind die ein­zi­gen, die so etwas wie hin­ter­sin­ni­gen und wirk­lich anspre­chen­den Humor ver­kör­pern. Wie fast immer, sind es die Neben­rol­len, die am meis­ten in Erin­ne­rung blei­ben. Und das ist mit Dia­val und Ger­da auch hier unbe­streit­bar der Fall. Riley und Mur­ray sind die ein­zi­gen, die aus den selbst­auf­er­leg­ten Zwän­gen der Serio­si­tät aus­zu­bre­chen ver­ste­hen, und eine immer wie­der will­kom­me­ne Ablen­kung bie­ten. Es macht den Ein­druck, als hät­ten nur die­se bei­den ver­stan­den, das man hier wirk­lich nichts so ernst neh­men sollte.

Mit fast zwei Stun­den ist Teil Zwei gleich 30 Minu­ten län­ger als sein Vor­gän­ger, was man MÄCHTE DER FINSTERNIS aber auch anmerkt. Diver­se Unzu­läng­lich­kei­ten ver­sucht er natür­lich mit einer aus­ge­dehn­ten, alles ent­schei­den­den Schlacht zu kom­pen­sie­ren, ein über­schätz­tes Ver­satz­stück, wel­ches sich für Fan­ta­sy- und Mär­chen­fil­me schon lan­ge selbst über­holt hat. Grund­sätz­lich lässt der Film optisch kaum etwas zu wün­schen übrig. Nichts, was man nicht schon hier und da bereits an Bil­der­flu­ten gese­hen hät­te, aber auf der gro­ßen Lein­wand macht es schon eini­ges her. Es gibt also schon die ein oder ande­ren Sze­nen, Momen­te und Ein­zei­ler die dem geneig­ten Publi­kum die Zeit ver­kür­zen. Aber alles in allem wäre da wesent­lich mehr mög­lich gewe­sen. Mehr Humor, inter­es­san­te­re Cha­rak­ter­zeich­nun­gen, anspruchs­vol­le­ren Tief­gang. Es ist umso trau­ri­ger, dass es aus­ge­rech­net der Film selbst ist, der auf­zeigt wo sei­ne Defi­zi­te lie­gen. Es bleibt eben doch ein Märchen.

MALEFICENT: MÄCHTE DER FINSTERNIS – MALEFICENT: MISTRESS OF EVIL
Dar­stel­ler: Ange­li­na Jolie, Elle Fan­ning, Michel­le Pfeif­fer, Juno Temp­le, Ed Skrein, Har­ris Dick­in­son, Chi­we­tel Ejio­for, Imel­da Staun­ton, War­wick Davis, Sam Riley u.a.
Regie: Joa­chim Rønning
Dreh­buch: Micah Fit­zer­man-Blue, Noah Harps­ter, Lin­da Woolverton
Kame­ra: Hen­ry Braham
Bild­schnitt: Lau­ra Jen­nings, Craig Wood
Musik: Geoff Zanelli
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Patrick Tatopoulos
118 Minuten
USA 2019

Pro­mo­fo­tos Copy­right WALT DISNEY STUDIOS MOTION PICTURES

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