Fantasy Film Fest 2014: THE ROVER

Poster The Rover

Gna­den­los brennt die Son­ne auf das Out­back von Aus­tra­li­en. Viel­leicht ist es auch gar nicht das Out­back, son­dern der ver­blei­ben­de Rest gro­ßer Städ­te. Ein ste­ter Wind ver­staubt die Luft. In den Blech­hüt­ten sit­zen schwit­zen­de Män­ner. Die­se Män­ner sit­zen neben­ein­an­der, oder lie­gen umarmt auf ihren Prit­schen. Es wird nicht gere­det. Über­haupt sind sehr weni­ge Men­schen zu sehen, sehr weni­ge in den Hüt­ten, oder ver­blei­ben­den Häu­sern, noch weni­ger auf dem glü­hen­den Asphalt der Stra­ße. Soll­ten Wor­te gewech­selt wer­den, pas­siert das immer mit einer Waf­fe im Anschlag. Über­schlägt sich ein Wagen auf offe­ner Stra­ße, dann ist das eben so. Es ist zehn Jah­re nach dem Kol­laps. Eine Dys­to­pie die an Max Rockat­an­skys Welt erin­nert, irgend­wo zwi­schen dem ers­ten und zwei­ten Teil. Doch hier trägt nie­mand Nie­ten und Leder ver­zier­te fff2014End­zeit­kla­mot­ten, und kei­ner fährt mit Rah­men­git­tern ver­stärk­te Gelän­de­wa­gen. Zehn Jah­re nach dem Kol­laps blieb man bei luf­ti­gen Frei­zeit­hem­den und kur­zen Kha­ki-Stoff­ho­sen, und bewegt sich mit Dae­woo und Toyo­ta fort. War­um sich hier so viel Asia­ten im Schwei­ße ihres Ange­sichts tum­meln bleibt ein Rät­sel. Doch das alles scheint ohne Bedeu­tung. Selbst für Eric, der sich apa­thisch, und wort­los durch die­se Welt schleppt. Bis drei flüch­ten­de Gangs­ter sich Erics Wagen bemäch­ti­gen. Und da hört jede stoi­sche Apa­thie auf.

War Guy Pear­ce in den letz­ten Jah­ren immer wei­ter zum Main­stream-Einer­lei abge­rutscht, kann er als wort­kar­ger Eric mit spür­ba­ren Hass im Blut, wie­der zei­gen, was ihn einst in die obers­te Liga von Cha­rak­ter-Dar­stel­lern brach­te. Zuge­ge­ben ist David Michôds Regie in Sachen Tem­po wirk­lich kein Action-Vehi­kel, doch er gibt sei­nen Dar­stel­lern reich­lich Zeit, sich als Schau­spie­ler zu pro­fi­lie­ren. Bei Pear­ce sind es fei­ne Nuan­cen, manch­mal Bruch­tei­le von Sekun­den, die das Innen­le­ben sei­ner Figur beschrei­ben. Und wenn er den drei Gangs­tern, die in sei­nem Wagen sit­zen, hin­ter her­schaut, dann sieht man nicht nur, son­dern spürt die unver­hoh­le­ne Wut, die sei­nen Cha­rak­ter über­fällt. THE ROVER ist im Ver­gleich zu ähn­lich the­ma­tisch gela­ger­ten Fil­men extrem ruhig, und mit unge­wöhn­lich lan­gen Ein­stel­lun­gen erzählt. Nicht der Schnitt gibt das Tem­po vor, son­dern das Han­deln sei­ner Haupt­fi­gur. Immer wie­der folgt die Kame­ra sei­nem Weg, mit Blick über die Schul­ter. Und immer wie­der glaubt man zu wis­sen, was er als nächs­tes tun wird. Doch der Zuschau­er kennt die eigent­li­che Moti­va­ti­on von Eric nicht, und das macht ihn unbe­re­chen­bar. Und genau­so unbe­re­chen­bar, kann David Michôd auch sei­ne Über­ra­schungs­mo­men­te aus­spie­len. Wer die Sze­ne mit dem Klein­wüch­si­gen kennt, weiß Bescheid.

Von »sen­sa­tio­nell« bis »reins­te Zeit­ver­schwen­dung« muss­te THE ROVER bis­her jeder Kri­tik ein­ste­cken. Doch die Wahr­heit liegt tat­säch­lich irgend­wo dazwi­schen. Robert Patt­in­sons Bei­trag macht es dem Film nicht ein­fa­cher. Wer gutes Gen­re-Kino haben will, macht einen Bogen um Fil­me mit ehe­ma­li­gen TWI­LIGHT-Stars. Grund­sätz­lich ist das eine irr­ge­lei­te­te Mei­nung, und zudem zeigt David Michôd, was man mit einem miss­ver­stan­de­nen Tee­nie-Idol wirk­lich errei­chen kann, wenn man sich die Zeit dafür nimmt. Hier tref­fen zwei unter­schied­lich zu beur­tei­len­de Punk­te von THE ROVER auf­ein­an­der. Zum einen, das Patt­in­son als min­der­be­mit­tel­ter, und von sei­ner Fami­lie betro­ge­ner Rey, ein wirk­li­cher Cha­rak­ter-Dar­stel­ler sein kann. Und zum ande­ren, dass sich Regie und Schnitt allen aktu­el­len Kon­ven­tio­nen des Action-Kinos ent­zie­hen. Lan­ge, ele­gi­sche Ein­stel­lun­gen, kühl struk­tu­rier­te Bil­der, den Zuschau­er her­aus­for­dern­de Inter­pre­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten. Dar­aus ergibt sich ein Sze­na­rio, das alles Mög­li­che, und kei­ne Kal­ku­la­tio­nen zulässt.

Lei­der wird THE ROVER dem all­ge­mei­nen Publi­kum nie im Kino zugäng­lich wer­den, und damit ver­passt die­ses ein her­aus­ra­gend pho­to­gra­phier­tes Erleb­nis. Sei es auf der einen Sei­te die Sze­ne mit dem über­schla­gen­den Auto, oder ander­seits das end­zeit­lich anmu­ten­de Licht, wel­ches sich gera­de in den Nacht­sze­nen mit grün fluo­res­zie­ren­den Leucht­stoff­röh­ren in den Vor­der­grund schiebt. Wer immer bei THE ROVER für sei­ne tech­ni­schen Bereich ver­ant­wort­lich war, hat die­se Auf­ga­be in der Best mög­li­chen Form umge­setzt. Das mag durch­aus nicht jedem gefal­len, des­we­gen sei Vor­sicht ange­ra­ten. Aber ein neu­gie­ri­ger Blick könn­te durch­aus belohnt wer­den. Denn was bin­det Eric so ver­bis­sen an sein Auto, dass sein Leben dafür geben wür­de? Wenn es die Schlau­en im Kino auch schon zu ver­mu­ten glau­ben, bleibt es dann tat­säch­lich eine über­ra­schen­de Wendung.

The Rover

THE ROVER
Dar­stel­ler: Guy Pear­ce, Robert Patt­in­son, Sus­an Pri­or, Scoot McN­ai­ry, Tawan­da Manyimo, David Field, Scott Per­ry u.a.
Regie: David Michôd
Dreh­buch: David Michôd, Joel Edgerton
Kame­ra: Nata­sha Braier
Bild­schnitt: Peter Sciberras
Musik: Ant­o­ny Partos
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Jose­phi­ne Ford
Aus­tra­lia – USA / 2014
113 Minuten

Bild­rech­te: A24 / Telepool

AutorIn: Bandit

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