Vorbemerkung: Das hier ist keine Filmbesprechung im üblichen Sinne. Dafür garantiert völlig spoilerfrei.
Im Jahr 1978 lief STAR WARS Episode IV im Kino, die heute als A NEW HOPE bekannt ist. Ich war damals zwölf Jahre alt, und auch, wenn ich vorher bereits SF-Fan gewesen war (und deswegen extrem heiß auf den Film), änderte sich mit STAR WARS alles, danach war ich nicht mehr zu resozialisieren, was Unterhaltung anging. Die danach folgenden Episoden waren ein wichtiger Teil meiner Jugend und haben mich nachhaltig geprägt. Seitdem hat STAR WARS mein Leben nie mehr wirklich verlassen, irgendwas war immer, seien es Rollenspiele (wie das legendäre D6-System von West End Games), die zahllosen Romane aus der Reihe, die heute »Legends« heißt, weil LucasFilm das Expanded Universe (glücklicherweise) weggeboxt hat, oder das MMO THE OLD REPUBLIC.
Über die Episoden I – III reden wir an dieser Stelle mal nicht. Weil es um die nicht geht, ich habe dazu eine eigene Meinung und die ist bei Weitem nicht so negativ wie die von manch anderem, aber wie gesagt: die sind hier nicht Thema.
Ich habe gestern DAS ERWACHEN DER MACHT im Kino gesehen, leider nur in deutscher Sprache, aber ich werde die Originalversion nachholen, falls irgendeins der schnarchigen Kinos hier dazu in der Lage ist, die zu zeigen. Und was soll ich sagen?
Großartiger Film.
Nein, es ist durchaus kein perfekter Film, aber welcher Streifen ist das schon? Dafür ist es ein Film, der in meinen Augen das STAR WARS-Feeling zurück holt, das so viele in den Episoden I – III oder den Special Editions vermisst haben.
Nein, ich bin selbstverständlich nicht mehr so geflasht worden, wie damals im Alter von zwölf Jahren, aber das ist auch völlig normal so, denn: Damals war das alles völlig neu, man hatte etwas wie STAR WARS im Kino in dieser Fom noch nie gesehen. Lucas zeigte ein SF-Universum mit damals spektakulären Spezialeffekten und einer vergleichsweise simplen Geschichte, die aber meiner Meinung nach genau wegen dieser Einfachheit so gut funktionierte.
Heute hat man Blockbuster nach Blockbuster betrachtet und es ist deutlich schwieriger geworden, im Lichtspielhaus noch diesen »boah!«-Effekt, den berühmten »sense of wonder«, zu bekommen. Denn wir haben alles schon gesehen. Das der Episode VII anzulasten, ist selbstverständlich völlig daneben.
Und man gibt sich alle Mühe, dem ERWACHEN DER MACHT ein »handgemachtes« Gefühl zu geben, man sieht in zahllosen Szenen, wie praktische Effekte eingesetzt werden. Das wirkt für den heutigen Kinogänger an diversen Stellen merkwürdig, ist man doch computergenerierte Perfektion gewöhnt, aber es sorgt dafür, dass dieser Film im Gegensatz zu den computereffektüberfrachteten Special Editions »atmet«, dass er sich organisch anfühlt, echt wirkt.
Die Macher standen vor dem Dilemma, dass sowohl die uralten Fans (wie ich) zufrieden gestellt werden mussten, man zum anderen aber fast 40 Jahre nach dem ersten Film auch die neuen Zuschauer gewinnen musste. In meinen Augen haben sie diese schwierige Arbeit dabei wirklich gut gemacht. Ja, es gibt gewisse Redundanzen zu früheren Filmen, aber meine Güte, man kann sich auch künstlich aufregen.
Was zählt ist doch, dass die Charaktere miteinander funktionieren – und dass man STAR WARS bekommt, denn STAR WARS steht drauf. Es ist eine wahre Freude, den neuen Figuren dabei zuzusehen, wie sie miteinander spielen und es dabei tatsächlich schaffen, eine ganz ähnliche Chemie aufzubauen, wie es in der ersten Trilogie der Fall war.
Dies war der Eröffnungsfilm eines neuen Zeitalters. Die Macher mussten das alte mit dem neuen vermischen, um alle Zielgruppen anzusprechen. Das ist in meinen Augen trotz kleiner Schwächen ausgesprochen gut gelungen. Damit ist aber auch eins völlig klar: Bei Episode VII hatten sie Welpenschutz und ich sehe ihnen angesichts des Ergebnisses problemlos nach, dass man Kompromisse eingehen musste. Der nächste STAR WARS-Film wird zeigen, was tatsächlich in ihnen steckt, da werden sie tatsächlich auch Plot-Innovationen bringen müssen. Denn der Auftakt, die Weitergabe der Fackel, ist jetzt durch. Jetzt muss Butter bei die Banthas.
Ich gehe ins Kino, um mich unterhalten zu lassen, insbesondere bei Popcornkino stören mich dabei Logiklöcher nicht unbedingt. Viel wichtiger ist, dass ich gut unterhalten werden, dass man mich zum Lachen oder zum Weinen bringt. All das kann dieser Film, und zusätzlich ist er für mich absolut in der Lage, dieses STAR WARS-Feeling wieder herzustellen. STAR WARS steht drauf, und STAR WARS wurde geliefert. Wer damit nicht zurecht kommt, oder wem das nicht reicht, der sollte seine Erwartungshaltung dringend überprüfen und vielleicht auch mal reflektieren, ob er den Film möglicherweise mit den Augen eines Erwachsenen zu analysieren versucht. Und nicht mit denen eines Kindes, oder eines Erwachsenen, der noch fähig ist, zu träumen und nicht auf Sith komm raus alles hinterfragen muss. Oder kurz gesagt: Partypooper und Berufshater: geht mir nicht auf den Wecker.
Wenn die Medien statt über den Film an sich vor allem darüber schwadronieren, was das alles kostet und wie viel das ganze Merchandising bringt, dann zeigt sich darin wieder einmal, dass sie nichts verstanden haben. Für etliche von uns ist STAR WARS seit Jahren ein ganz normaler Teil unseres Lebens. Ein Teil, der es uns ermöglicht, den beschissenen Realitäten auf der Erde auch mal zu entfliehen. Sich daran zu erfreuen, über ganze Generationen hinweg. Etwas, das viel mehr ist, als nur irgendwelche Filme, Fernsehserien, Bücher, Computerspiele oder R2-D2-Salzstreuer. Das allein auf den finanziellen Aspekt zu beschränken zeigt, wie wenig ihr von all dem versteht.
Nein, ich werde nicht auf echte oder vermeintliche Unzulänglichkeiten in DAS ERWACHEN DER MACHT eingehen, das tun bereits genug andere, und es werden noch jede Menge weitere Wichtigtuer machen. Das ist mir alles völlig egal, und darum geht es auch gar nicht. Und wenn ich in Besprechungen lese, dass »neue Storyelemente Fehlanzeige« seien, dann muss ich ganz klar in einem anderen Film gewesen sein.
In einer einzigen Szene hatte ich kurz die Befürchtung, dass sie es jetzt versauen könnten – und dann haben sie genau das Richtige getan.
Ich habe mich in keiner Sekunde gelangweilt und ich habe mich an keiner Stelle geärgert. Ich habe mich die gesamte Zeit gut, sogar großartig, unterhalten gefühlt und für mich ist Episode VII STAR WARS wie ich es haben will. Für mich ist STAR WARS zurückgekehrt.
Ich werde mir den garantiert mindestens noch einmal im Kino ansehen. Und wenn keins in der Nähe eine Originalversion schafft, dann halt nochmal die deutsche Fassung, so schlimm war die Synchro ja gar nicht.
p.s.: Aus der englischen Wikipedia:
On the review aggregator website Rotten Tomatoes, The Force Awakens has a rating of 95%, based on 245 reviews, with an average rating of 8.2/10.
Offenbar stehe ich mit meiner Meinung nicht alleine da …
STAR WARS – DAS ERWACHEN DER MACHT – THE FORCE AWAKENS
Schauspieler u.a.: Harrison Ford, Mark Hamill, Carrie Fisher, Adam Driver, Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Lupita Nyong’o, Andy Serkis, Domhnall Gleeson, Anthony Daniels, Peter Mayhew, Max von Sydow
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Lawrence Kasdan, J.J. Abrams, Michael Arndt
Produzenten: J.J. Abrams, Bryan Burk, Kathleen Kennedy
Musik: John Williams
Kamera: Daniel Mindel
Lucasfilm Ltd und Walt Disney Pictures
USA 2015
Promofotos Coypright Walt Disney Pictures & LucasFilm Ltd.