Bandit bespricht: JUNGLE CRUISE

JUNGLE CRUISE – Kino­start 29.07.2021 – Dis­ney+ 29.07.2021

Dies ist ein Film, wo der Soh­ne­mann des deut­schen Kai­sers, Prinz Joa­chim, mit Honig­bie­nen kol­la­bo­riert, weil sie gehei­me Land­kar­ten lesen und den Weg wei­sen kön­nen. Onkel Walt hat sich als Begrün­der des Dis­ney-Impe­ri­ums so etwas sicher nicht vor­ge­stellt, als er 1955 in sei­nem Ver­gnü­gungs­park eine Dschun­gel-Attrak­ti­on bau­en ließ. Inspi­riert war er tat­säch­lich vom Film­klas­si­ker AFRICAN QUEEN, woll­te aber gleich zum gro­ßen Rund­um­schlag aus­ho­len. Sei­ne künst­lich ange­leg­te Schiff­fahrt ging durch die Dschun­gel von Asi­en, Afri­ka und Süd­ame­ri­ka. Für die fil­mi­sche Umset­zung wähl­te man erst ein­mal den Ama­zo­nas, für even­tu­el­le Fort­set­zun­gen wur­de also gesorgt. Über­haupt ist die rea­le Attrak­ti­on mit ihren Bezü­gen ein ein­zi­ger Über­bau für die Adap­ti­on. Des­halb ent­täuscht es, dass kei­nes der Boo­te die aktu­ell in den Dis­ney-Resorts rund um die Welt durch die »Jungle Crui­ses« schip­pern, den Name La Qui­la trägt, wie das des Skip­pers im Film.

Ver­glei­che anzu­stel­len lässt sich kaum ver­mei­den, dar­auf ist das gesam­te Kon­zept die­ses unge­zü­gel­ten Aben­teu­ers aus­ge­legt. Dem Zuschau­er haut man so vie­le Quer­ver­wei­se, Ver­satz­stü­cke und Insi­der­witz um die Ohren, dass kaum Luft zum Atmen bleibt. Des­we­gen heißt unse­re Hel­din Emi­ly Blunt auch Lily Hough­ton, die in Lon­don eine anti­ke Pfeil­spit­ze klaut, um einen magi­schen Baum im Ama­zo­nas­ge­biet zu fin­den, des­sen Blü­ten alle Krank­hei­ten hei­len sol­len. Hough­ton, wie der Mit­tel­na­me von Katha­ri­ne Hepb­urn, der Hel­din aus AFRICAN QUEEN. Über­haupt atmet der gesam­te Anfang den Geist der popu­lä­ren Neu­ver­fil­mung von DIE MUMIE. Und so geht es von Sze­ne zu Sze­ne, und Set­ting zu Set­ting.

Womit aber die­ser Jungle Crui­se tat­säch­lich die Schiffs­schrau­be zum rotie­ren bringt, ist sei­ne iro­ni­sche Selbst­re­fle­xi­on. Um den Tou­ris­ten auf sei­nem Damp­fer etwas beson­de­res zu bie­ten, hat Skip­per Dway­ne John­son auf der beschau­li­chen Rou­te schlecht gebas­tel­te wil­de Tie­re unter­ge­bracht, die er mit dubio­sen Mit­tel zu bewe­gen ver­mag. Und bezahl­te Ein­hei­mi­sche spie­len einen wil­den Stamm auf Men­schen­jagd. Sind die unent­wegt kalau­ern­den Erklä­run­gen und dürf­ti­gen Scher­ze der Skip­per bei den rea­len Jungle Crui­ses ein essen­ti­el­ler Bestand­teil mit Kult­fak­tor, wird es im Film zum Run­ning Gag, dass sich das Publi­kum stän­dig über die flap­si­gen Sprü­che beschwert. Nur John­sons Frank ist davon über­zeugt wirk­lich wit­zig zu sein. Die meis­ten Bon­mots sind tat­säch­lich Zita­te aus der rea­len Attrak­ti­on.

Optisch macht der Film wirk­lich eini­ges her. Monu­men­ta­le Set­tings wie der gesuch­te Baum oder die ver­sun­ke­ne Stadt zei­gen Kunst vom Com­pu­ter wie man es sich wünscht. Beson­ders die unto­ten spa­ni­schen Erobe­rer über­zeu­gen mit ordent­lich Gän­se­haut­ge­fühl. Ein Fluch hat sie für ewig an den Dschun­gel gebun­den, des­we­gen bestehen ihre Kör­per jeweils zur Hälf­te aus Schlan­gen, oder Schlamm, einer aus flie­ßen­den Honig­wa­ben und der letz­te aus Baum­wur­zeln. Sehr beein­dru­ckend, aber eine Alters­frei­ga­be ab 12 ist dadurch sehr wohl gerecht­fer­tigt. Da kann der wirk­lich schlecht ani­mier­te Jagu­ar Pro­xi­ma nicht im Ansatz mit­hal­ten. War­um aus­ge­rech­net Pro­xi­ma so offen­sicht­lich künst­lich aus­sieht kann man nicht ein­mal erah­nen, schließ­lich kommt der Jagu­ar aus dem Haus, das auch KÖNIG DER LÖWEN rea­li­siert hat. Eine gar nicht so abwe­gi­ge Mög­lich­keit wäre, dass Pro­xi­ma das fil­mi­sche Äqui­va­lent zu den ani­ma­tro­ni­schen Tie­ren in der Park-Attrak­ti­on sein soll.

 

Dass aber JUNGLE CRUISE wirk­lich so her­vor­ra­gend funk­tio­niert, ist nicht allein der unab­läs­sig ener­ge­ti­schen Insze­nie­rung von Jau­me Col­let-Ser­ra zu ver­dan­ken. Der Regis­seur, der eigent­lich mehr im Fach von har­ten Action-Thril­lern und humor­be­frei­ten Hor­ror­fil­men zuhau­se ist, über­zeugt mit einem fan­tas­ti­schen Gespür fürs Timing, Leer­lauf gibt es kei­nen. Die auf­wen­di­gen und über­dreh­ten, aber per­fekt cho­reo­gra­fier­ten Action-Sze­nen las­sen den Zuschau­er nie im Trü­ben fischen. Man sieht immer wo sich wel­cher Cha­rak­ter gera­de befin­det und was die ande­ren der­weil tun. So tur­bu­lent alles insze­niert ist, man behält den Über­blick, und das ist heut­zu­ta­ge im Aben­teu­er- und Action-Film eine sehr sel­ten gewor­de­ne Tugend. Den­noch: das allein ist es nicht.

Sei­nen umwer­fen­den Charme gewinnt JUNGLE CRUISE durch sei­ne strah­len­den Hel­den Emi­ly Blunt und Dway­ne John­son, die eine Che­mie auf die Lein­wand zau­bern, wie der­einst nur Spen­cer Tra­cy und Katha­ri­ne Hepb­urn. Gera­de weil kei­ner von bei­den sei­ne Rol­le ver­bis­sen spielt, son­dern jeder den Spaß an der Sache spür­bar macht, wer­den ihre Figu­ren so unglaub­lich sym­pa­thisch. Bei­de Schau­spie­ler gehen soweit auf­ein­an­der ein, dass jed­we­der Dia­log von roman­ti­scher Zuwen­dung über­flüs­sig wird. Wir als Zuschau­er wis­sen, wie die Geschich­te enden wird. Denn es muss ein­fach so sein.

Ein wil­der Ritt, der unbän­di­gen Spaß berei­tet. JUNGLE CRUISE ver­beugt sich mit sehr viel Lei­den­schaft vor all sei­nen gro­ßen Vor­bil­dern, und hat dadurch etwas sehr Eige­nes geschaf­fen. Wenn mit soviel Inbrunst alle Regeln der Phy­sik außer Kraft gesetzt wer­den und ste­reo­typ schei­nen­de Figu­ren wirk­lich noch eine bemer­kens­wer­te Cha­rak­ter­ent­wick­lung erfah­ren dür­fen, dann macht der klas­si­sche Aben­teu­er­film ein­fach wie­der rich­tig Freu­de. Und mit viel Glück erklärt sich viel­leicht irgend­wann ein­mal, war­um James New­ton-Howard aus­ge­rech­net Metal­li­cas »Not­hing Else Mat­ters« als Haupt­the­ma wähl­te, wel­ches sich aber nicht in ande­ren Stü­cken des Sound­tracks wie­der­fin­det. Mög­li­cher­wei­se klärt uns die Fort­set­zung auf, dann mit Aben­teu­ern in Afri­ka. Oder Asi­en. Haupt­sa­che sie kommt.

JUNGLE CRUISE
Dar­stel­ler: Emi­ly Blunt, Dway­ne John­son, Jack Whi­te­hall, Edgar Ramí­rez, Dani Rovi­ra, Quim Gutí­er­rez, Vero­ni­ca alcón, Paul Gia­mat­ti, Jes­se Ple­mons u.a.
Regie: Jau­me Col­let-Ser­ra
Dreh­buch: Micha­el Green, Glenn Ficar­ra, John Requa
Kame­ra: Fla­via Mar­tí­nez Labia­no
Bild­schnitt: Joel Negron
Musik: James New­ton Howard
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Jean-Vin­cent Puzos
127 Minu­ten
USA 2021

Bild­rech­te: DISNEY ENTERPRISES

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen