AVENGERS: ENDGAME

Kann Spu­ren­ele­men­te von Spoi­lern ent­hal­ten, aber nix Schlim­mes. Ehrlich.

Er ist das Ergeb­nis einer Rei­he von mehr als 20 Fil­men (plus Fern­seh­se­ri­en) über einen Zeit­raum von elf Jah­ren. Ein gigan­ti­sches Expe­ri­ment, das so vor­her noch nie­mand gemacht hat­te: Ein zusam­men­hän­gen­des Kino­uni­ver­sum, in dem die Fil­me zwar im Prin­zip unab­hän­gig sind, aber doch alle zusam­men­hän­gen. Nach AVENGERS: INFINITY WAR muss­te Mar­vel lie­fern, die Fort­set­zung und damit auch der abschlie­ßen­de Teil deser Pha­se des Mar­vel Cine­ma­tic Uni­ver­se wur­de sehn­süch­tig erwar­tet und die Macher hät­ten das übel in den Sand set­zen kön­nen, denn wie soll man der­art viel Erwar­tungs­hal­tung erfül­len kön­nen? Muss ein der­art gehyp­ter Film nicht bei­na­he zwangs­läu­fig sein Ziel nicht errei­chen und die Erwar­tun­gen nicht erfüllen?

Ja, AVENGERS: ENDGAME hät­te übel ins Auge gehen kön­nen, aber eben nicht bei Mar­vel, denn die wis­sen ganz offen­sicht­lich was sie tun. Und dazu gehört eben auch an ers­ter Stel­le die Zuschau­er zu über­ra­schen und sie trotz­dem zufriedenzustellen.

Man kann jetzt schon sagen, dass AVENGERS: ENDGAME alle Rekor­de bre­chen wird, denn er hat bereits damit ange­fan­gen: Als ers­ter Film aller Zei­ten hat er am Start­wo­chen­en­de bereits die Mar­ke von einer Mil­li­ar­de Dol­lar Ein­nah­men an den Kino­kas­sen welt­weit geknackt. Aber auch in Deutsch­land stellt das Spek­ta­kel Rekor­de auf: Der erfolg­reichs­te Start eines Super­hel­den­films, der erfolg­reichs­te April-Start aller Zei­ten und inner­halb von nur 24 Stun­den wur­den über 458000 Besu­cher mehr als fünf Mil­lio­nen Euro ein­ge­nom­men. So viel zur The­se gewis­ser Pro­gramm­ge­stal­ter und Pro­du­zen­ten, dass in Deutsch­land nie­mand Sci­ence Fic­tion sehen will. Viel­leicht über­den­ken die jetzt end­lich mal ihre grund­fal­sche Ansicht (ich sehe aller­dings bei den Ver­ant­wort­li­chen hier­zu­lan­de kei­ne Ein­sicht und habe des­we­gen kei­ne Hoff­nung auf Ände­rung der Gen­re-Abwe­sen­heit in deut­schen Pro­duk­tio­nen für Kino und Fernsehen).

Was erwar­te­te man von AVENGERS: ENDGAME? Ich hat­te nach INFINITY WAR wie so vie­le ande­re mit drei Stun­den spek­ta­ku­lä­rer Action gerech­net, denn wie sonst hät­te man den Vor­gän­ger über­tref­fen kön­nen. Glück­li­cher­wei­se sind die Macher nicht in die­se Fal­le getappt, denn das wäre sicher­lich visu­el­ler Over­kill gewe­sen, der zudem der Situa­ti­on in der sich die Hel­den befan­den nicht ange­mes­sen gewe­sen wäre. Statt­des­sen ist der Film zum größ­ten Teil von einer gera­de­zu erfri­schen­den Lang­sam­keit. Er lässt sich viel Zeit zur Ana­ly­se der Situa­ti­on und ins­be­son­de­re dazu, die Figu­ren noch ein­mal zu beleuch­ten, den übrig geblie­be­nen Cha­rak­te­ren wird viel Zeit ein­ge­räumt, um ihre Dilem­mas und per­sön­li­chen Dra­men zu thematisieren.
Die­se Lang­sam­keit der Insze­nie­rung ist in mei­nen Augen ein gera­de­zu genia­ler Kunst­griff, für den ich mich nur vor den Machern ver­nei­gen kann. Denn zum einen zeig­te bereits AQUAMAN, dass durch­ge­hen­de Action sich abnutzt und zumin­dest mir ging es bei dem Film so, dass ich irgend­wann abge­stumpft war und woll­te, dass jetzt end­lich Schluss ist mit dem über­bor­den­den Eye­can­dy. Die­se Fal­le ver­mei­det ENDGAME glück­li­cher­wei­se – aller­dings ohne dass der Film dadurch weni­ger dra­ma­tisch wird. Und selbst­ver­ständ­lich bekom­men die Fans auch ihre gigan­ti­schen Schau­wer­te durch Action­se­quen­zen. Aber eben nicht mit der gro­ben Kel­le und ohne Unter­bre­chung, son­dern eher in Rich­tung Ende der Handlung.

Wenn ich dar­auf ein­ge­he, dass es um Zeit­rei­se geht, dann ist das sicher­lich kein Spoi­ler, denn es war ohne­hin jedem klar, dass der Plot nicht ohne auf­ge­löst wer­den kann. Aber auch hier gehen die Ver­ant­wort­li­chen hin­ter ENDGAME einen ande­ren Weg, als man viel­leicht gedacht hät­te und mit der gezeig­ten Lösung schafft man es auf eben­falls gran­dio­se Art und Wei­se einen Bogen über das gesam­te MCU der ver­gan­ge­nen zehn Jah­re zu schla­gen. Und das kurz nach­dem man sich noch über BACK TO THE FUTURE lus­tig mach­te. Auch das ist in sei­ner Art schlicht­weg geni­al. Und zwar so geni­al, dass man ihnen ihr gera­de­zu gro­bes Vor­ge­hen mit Logik in Sachen Zeit­rei­se gern ver­gibt. Aber – mal ehr­lich – wer weiß schon genau wie Zeit­rei­sen funk­tio­nie­ren, wel­che Aus­wir­kun­gen sie haben und wel­che Para­do­xa ent­ste­hen kön­nen und wel­che nicht? Des­we­gen hat mich das ins­be­son­de­re gegen Ende lege­re Umge­hen mit Rea­li­tä­ten nicht gestört, denn das min­dert den Rest des Films in kei­ner Weise.

Durch die gesam­te Hand­lung zieht sich wie ein roter Faden, dass man es immer noch schafft, die Zuschau­er zu über­ra­schen und mit uner­war­te­ten Wen­dun­gen auf­war­ten zu kön­nen. Dass Cha­rak­te­re abtre­ten wür­den ist nichts Neu­es, das war jedem klar. Den­noch pas­sie­ren auch hier Din­ge, mit denen man so nicht gerech­net hat­te. Letzt­end­lich lag ich bei andert­halb Figu­ren rich­tig, es gab aber auch einen Abtritt, mit dem ich so nie gerech­net hät­te, denn das Super­hel­den­tum kann auch enden, ohne dass man das Leben ver­liert. Aller­dings muss man sich bei einem auf Comics basie­ren­den Uni­ver­sum wie dem MCU dar­über im Kla­ren sein, dass tot nicht unbe­dingt tot blei­ben muss.

Und sie haben es wie­der getan: Trotz der gera­de­zu über­bor­den­den Dra­ma­tik des Films sind Mar­vel-typisch wirk­lich hau­fen­wei­se Lacher in AVENGERS: ENDGAME, dar­un­ter auch ech­te Schen­kel­klop­fer, aber alle auf den Punkt gesetzt und eben wirk­lich wit­zig statt lächer­lich. Und wie auch schon in den Vor­gän­gern wird die­ses Stil­mit­tel ein­ge­setzt um all­zu groß­te Epik und Dra­ma­tik zu unter­bre­chen und den Zuschau­er wie­der auf­at­men zu lassen.

Wer es bis jetzt nicht gemerkt hat: Ich fin­de den Film ganz groß­ar­tig und habe nichts, wirk­lich nichts zu meckern. Und mehr kann ich an die­ser Stel­le auch nicht sagen, ohne eben doch Inhal­te zu offen­ba­ren, die den Spaß ver­der­ben wür­den. AVENGERS: ENDGAME ist ein epi­scher Abschluss der ers­ten drei Pha­sen des Mar­vel Cine­ma­tic Uni­ver­se und alle Kon­kur­ren­ten wer­den sich mehr als nur ordent­lich anstren­gen müs­sen, um die­ses epi­sche über elf Jah­re ent­stan­de­ne Gesamt­werk auch nur ansatz­wei­se ankrat­zen zu können.

Mar­vel selbst wird es ver­su­chen, denn die hören selbst­ver­ständ­lich nicht auf und es geht wei­ter mit der Pha­se vier des MCU, auch wenn die Kar­ten in ENDGAME neu gemischt wur­den. Ich gehe aber davon aus, dass sie sich ein wenig Zeit las­sen wer­den, bevor es wei­ter geht.

Anse­hen.

Zehn von zehn Seelensteinen.

AVENGERS: ENDGAME
Beset­zung: Robert Dow­ney Jr.Chris EvansMark Ruf­fa­loChris Hems­worthScar­lett Johans­sonJere­my Ren­nerDon Chead­lePaul RuddBene­dict Cum­ber­batchChad­wick Bose­manBrie Lar­sonTom Hol­landKaren Gil­lanZoe Sald­anaEvan­ge­li­ne Lil­lyTes­sa Thomp­sonEliza­beth OlsenAntho­ny MackieSebas­ti­an StanTom Hidd­les­ton u.v.a.m.
Regie: Antho­ny Rus­soJoe Rus­so
Dreh­buch: Chris­to­pher Mar­kusSte­phen McFeely
Pro­du­zent: Kevin Fei­ge
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Vic­to­ria Alon­soLou­is D’Es­po­si­toJon Fav­reauJames GunnStan LeeTrinh Tran
Kame­ra: Trent Opa­loch
Schnitt: Jef­frey FordMat­thew Schmidt
Musik: Alan Sil­vestri
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Charles Wood
Cas­ting: Sarah Finn
181 Minuten
USA 2019

Pro­mo­fo­tos Copy­right Dis­ney Pic­tures und Mar­vel Studios

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

2 Kommentare for “AVENGERS: ENDGAME”

Stefan Holzhauer

sagt:

Ja, ist bekannt. Spi­dey ist Quer­ein­stei­ger von einem ande­ren Rech­te­inha­ber, den sehe ich des­we­gen etwas abge­ho­ben vom Rest-Franchise.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.