Anette Kannenberg – DAS MONDMALHEUR

Cover Das Mondmalheur

DAS MONDMALHEUR ist das Erst­lings­werk von Anet­te Kan­nen­berg in Roman­form. Fan­ta­sy-Inter­es­sier­te haben aber – so wie ich – unter Umstän­den schon das Glück gehabt, die eine oder ande­re Kurz­ge­schich­te ken­nen zu ler­nen, die sie für die Publi­ka­ti­on Fol­low des Fan­ta­sy Club e.V. geschrie­ben hat.

Dem Schreib­stil die­ser über­wie­gend hei­te­ren, bis­wei­len auch dra­ma­ti­schen, aber immer unter­halt­sam geschrie­be­nen Geschich­ten bleibt die Autorin auch im Mond­mal­heur treu: Vom ers­ten Kapi­tel an hat mich das Buch in den Bann gezo­gen, wie seit lan­gem kein anderes.
In flüs­si­gem Stil stellt die Autorin ihre Prot­ago­nis­ten vor, deren Leben und die Welt, in der die Geschich­te spielt. Dabei gibt es kei­ne »beque­men« Zeit­an­ga­ben oder Erklä­run­gen aus dem »off«, nein, der Leser wird durch klei­ne Hin­wei­se im Hin­ter­grund mit dem zeit­li­chen Kon­text ver­traut gemacht, und muss immer wie­der selbst Schlüs­se zie­hen, um mit der rasch fort­schrei­ten­den Geschich­te Schritt zu halten.

Inter­es­san­ter­wei­se müs­sen sich Anet­te Kan­nen­bergs Prot­ago­nis­ten mit einer mög­li­chen nahen Zukunft unse­rer Welt her­um­schla­gen, die sich nicht recht ent­schei­den kann oder will, ob sie nun mehr uto­pi­sche oder dys­to­pi­sche Züge trägt. In mei­nen Augen ist das aber kei­nes­wegs eine Schwä­che des Romans, viel­mehr gelingt es der Autorin, einen Blick dar­auf zu wer­fen, was wohl in naher Zukunft aus eini­gen Ent­wick­lun­gen und Fehl­ent­wick­lun­gen unse­rer Gegen­wart wer­den könn­te. Es bleibt somit span­nend: Und uns Lesern bleibt das Schwel­gen in all­zu hei­ler Welt, eben­so wie das Abdrif­ten in die der­zeit ja so ger­ne bemüh­te x‑te Dys­to­pie-Visi­on erspart. Zum Glück!

Bemer­kens­wert fin­de ich die hand­werk­li­che Geschick­lich­keit der Autorin, ver­schie­de­ne Gen­res tat­säch­lich zu einem stim­mi­gen Gan­zen zu ver­ar­bei­ten. An die­ser Klip­pe sind schon ande­re Autoren kläg­lich geschei­tert. Sie ver­steht es dage­gen, mit Leich­tig­keit hand­lungs­re­le­van­te Gescheh­nis­se mit wit­zi­gen Anspie­lun­gen und teil­wei­se skur­ri­len Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen stil­si­cher zu ver­men­gen. Das Gesamt­ergeb­nis hin­ter­ließ bei mir einen ange­neh­men Lese­fluss, der mich fast die gesam­te Zeit zum Wei­ter­le­sen ani­miert hat.

Die Cha­rak­te­re haben alle­samt von Anfang an Tief­gang und wer­den mit lie­bens­wer­ten bis schrul­li­gen Ecken und Kan­ten dar­ge­stellt. Dabei gelingt Anet­te Kan­nen­berg auf Anhieb das, was man­chen ihrer ange­se­he­nen, für nam­haf­te Ver­la­ge schrei­ben­den Kol­le­gen, bereits seit gerau­mer Zeit abhan­den gekom­men zu sein scheint: Sie weckt mein Inter­es­se an den Figu­ren, die sie ent­wor­fen hat. Es inter­es­siert mich ein­fach, zu erfah­ren, wie es mit Mur­rays For­schungs­be­mü­hun­gen wei­ter­geht, wie sich sei­ne Bezie­hung zu dem gänz­lich anders ticken­den Cor­ne­li­us ent­wi­ckelt, oder was es im zwei­ten Teil des Buches mit der zunächst mys­te­riö­sen Ele­na auf sich hat.

Die vor­ge­stell­ten Per­so­nen agie­ren glaub­wür­dig, ihre Gefüh­le erschei­nen mir real und der Ablauf der Hand­lung wirkt sel­ten bis so gut wie nie »an den Haa­ren her­bei­ge­zo­gen«, was für einen sich nicht immer ganz ernst neh­men­den, teils sati­risch gemein­ten Zukunfts­ro­man durch­aus acht­bar ist.

Ob der wis­sen­schaft­li­che Hin­ter­grund einer inten­si­ve­ren Betrach­tung stand­hal­ten wür­de, ver­mag ich nicht zu beur­tei­len. Er wirkt auf mich jeden­falls soli­de recher­chiert. Ganz klar spielt Kan­nen­berg dabei auch mit absur­den bis unrea­lis­ti­schen Gad­gets und Ereig­nis­sen, die in der Regel aber schnell als Sati­re zu erken­nen sind und zumin­dest bei mir den Lese­spaß nicht stö­rend beein­flusst haben. Als Bei­spiel möch­te ich hier das fik­ti­ve Ele­ment »Tutto­fa­ri­um« erwäh­nen, das – wie der Name ja schon andeu­tet – die wun­der­sa­me Lösung für so ziem­lich alle Pro­ble­me der Mensch­heit bie­ten soll­te. Ein sol­ches Wun­der­ele­ment fin­det sich ja bereits häu­fi­ger unter diver­sen Bezeich­nun­gen über­all in der Sci­ence Fic­tion- und Fan­ta­sy Lite­ra­tur, sowie in der benach­bar­ten Welt der Com­pu­ter­spie­le. Es hat meist omni­po­ten­te Kräf­te und bewirkt neben­bei durch sei­ne pure Exis­tenz die Neu­aus­rich­tung des ver­meint­lich unver­än­der­ba­ren Gefü­ges von Tech­no­lo­gie und Wirtschaft.

Wo soviel Licht scheint, habe ich natür­lich auch ver­ein­zel­te Schat­ten wahr­ge­nom­men, sprich Din­ge, die mir an die­sem Buch nicht so gut gefal­len haben, bzw. unter denen der Lese­spaß zu lei­den hatte.
Hier stellt sich für mich die deut­li­che Zäsur in der Mit­te des Romans als nicht ganz unpro­ble­ma­tisch dar: Nach der rasan­ten Abfol­ge der Ereig­nis­se zum Ende des ers­ten Abschnitts hät­te ich nur zu ger­ne direkt erfah­ren, wel­che Aus­wir­kun­gen die Ereig­nis­se haben, bzw. wie es mit den Cha­rak­te­ren wei­ter­geht. Statt­des­sen muss der Leser sich zunächst auf eine neue, frem­de Situa­ti­on ein­las­sen. Die genau­en Umstän­de wer­de ich aber an die­ser Stel­le nicht ver­ra­ten, schließ­lich machen sie einen erheb­li­chen Teil der Hand­lung aus.
Es sei nur soviel ver­ra­ten, dass nach anfäng­lich ein­set­zen­der »Unzu­frie­den­heit mit der Gesamt­si­tua­ti­on« und »Frem­deln« mit der neu­en Kon­stel­la­ti­on der Cha­rak­te­re, nach und nach wie­der Dyna­mik in die Geschich­te kam. Hat der Leser die­se kur­ze Pha­se der Irri­ta­ti­on über­wun­den wird er gera­de noch recht­zei­tig von der inzwi­schen wie­der kräf­tig anstei­gen­den Span­nungs­kur­ve abge­holt. Die Autorin lässt die Geschich­te nun wie­der Fahrt auf­neh­men und ver­sorgt den Leser nach und nach mit den anfangs des zwei­ten Teils schmerz­lich ver­miss­ten Infor­ma­tio­nen, sodass sich zum Fina­le schließ­lich alles zu einem gelun­ge­nen Gesamt­bild vervollständigt.
Des Wei­te­ren hät­te ich mir einen wirk­lich üblen, durch und durch »bösen« Ant­ago­nis­ten gewünscht, und natür­lich die Beweg­grün­de für sei­ne abgrund­tie­fe Bös­ar­tig­keit. Einen sol­chen Cha­rak­ter bie­tet das Mond­mal­heur aber nicht. Die weni­gen wirk­li­chen Ant­ago­nis­ten han­deln aus lei­der nur all­zu ver­trau­ten Moti­ven und wecken bei mir Asso­zia­tio­nen zu eben­so ver­trau­ten Gesich­tern von Ent­schei­dern aus Poli­tik und Wirt­schaft, die ich so jeden Tag in den Nach­rich­ten sehen muss.

Am Ende bleibt aber den­noch ein über­aus posi­ti­ver Ein­druck, den die­ser Roman bei mir hin­ter­las­sen hat. Er hat mich 490 Sei­ten lang fast über­wie­gend aus­ge­zeich­net unter­hal­ten, weckt jetzt schon die Neu­gier auf eine Fort­set­zung (egal, ob »sequel«, »pre­quel« oder »mit­ten­dr­inquel«…) und ist jeden Euro wert.

An die­ser Stel­le möch­te ich dar­auf hin­wei­sen, dass das Buch von der Autorin selbst ver­legt wird und durch den Ver­trieb über Ama­zon mit dem Down­load der E‑book-Ver­si­on eine wirk­lich preis­güns­ti­ge Alter­na­ti­ve zum Print­book für den klei­nen Geld­beu­tel ange­bo­ten wird!

Print­buch und eBook sind via Ama­zon erhältlich.

DAS MONDMALHEUR
Anet­te Kannenberg
Sati­ri­scher SF-Roman
Taschen­buch und eBook, 490 Seiten
Juli 2014
Taschen­buch: 14,98 Euro
eBook: 4,90 Euro
Taschen­buch: ISBN 978–1500176044
eBook: ASIN B00LXAHH3O

Cover­ab­bil­dung Copy­right Anet­te Kannenberg

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3 Kommentare zu „Anette Kannenberg – DAS MONDMALHEUR“

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