THE JUNGLE BOOK

Poster Djungle Book

THE JUNGLE BOOK – Bun­des­start 14.04.2016

Die Dis­kus­sio­nen um Sinn und Unsinn von Remakes, Reboots, Sequels, oder Pre­quels wird nie­mals abrei­ßen. Aber das hat auch sei­ne guten Sei­ten. Die Stu­di­os wer­den dadurch in die Ver­pflich­tung genom­men. Einen Klas­si­ker wie DAS DSCHUNGELBUCH (1967) neu zu inter­pre­tie­ren macht das Maus-Haus aller­dings zu einer leich­ten Ziel­schei­be. Schließ­lich ist die­ser Film der füh­ren­de Klas­si­ker in Dis­neys lan­ger Ani­ma­ti­ons-Rei­he. Sicher war auf alle Fäl­le, dass man beim augen­blick­li­chen Stand der Com­pu­ter­ani­ma­ti­ons­tech­nik auf kei­nen Fall zur her­kömm­li­chen Gestal­tung von regu­lä­ren Zei­chen­trick­fil­men zurück gehen konn­te. Dazu muss­te das Stu­dio immer­hin 175 Mil­lio­nen Dol­lar inves­tie­ren. Sehr viel Geld für einen Fami­li­en­film, der in ers­ter Linie die ganz jun­gen Zuschau­er im Blick­feld hat.

Der­einst fand der Pan­ther Bag­hee­ra das Mensch­jun­ge Mow­g­li im Dschun­gel. Er brach­te das klei­ne Kind zu dem Wolfs­ru­del um Ake­la, wo er von Rak­s­ha lie­be­voll ange­nom­men und auf­ge­zo­gen wird. Doch der mäch­ti­ge Tiger She­re Khan kehrt in den Dschun­gel zurück, und nur der wegen der Dür­re aus­ge­ru­fe­ne Was­ser-Frie­de, bewahrt Mow­g­li vor dem sofor­ti­gen Tod durch den men­schen­has­sen­den Tiger. Die Zeit wird knapp, wenn man den Jun­gen in Sicher­heit brin­gen will.

Als ein­zi­ger Live-Action-Dar­stel­ler hat Neel Sethi mit sei­nem Mow­g­li eine äußerst schwie­ri­ge Auf­ga­be zu bewäl­ti­gen, will er neben den gran­di­os ani­mier­ten Tie­ren bestehen. Aber Sethi besteht die­se Auf­ga­be mit einer schein­bar fin­ger­schnip­pen­den Leich­tig­keit. Er wird eins mit den ihm eigent­lich zum Zeit­punkt der Dreh­ar­bei­ten nur ani­ma­tro­ni­schen Figu­ren um ihn her­um. Doch viel inter­es­san­ter ist, dass Sethi auch genug Poten­ti­al für sich selbst frei­set­zen kann, um als eigen­stän­di­ger Cha­rak­ter in allen Pha­sen glaub­wür­dig wahr­ge­nom­men zu werden.

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Doch ein DSCHUNGELBUCH funk­tio­niert natür­lich erst über eine ernst­zu­neh­men­de Dar­stel­lung von Tie­ren, die eben nicht über Pup­pen, oder wirk­lich leben­de Krea­tu­ren trans­por­tiert wer­den soll. Und hier setzt JUNGLE BOOK einen Mei­len­stein. Obwohl man den Tie­ren eine Hauch von Künst­lich­keit zuge­stand, aber nur einen Hauch, bleibt jedes ein­zel­ne doch auf einer über­zeu­gend rea­len Ebe­ne. Dazu ver­mensch­licht er nicht einen ein­zi­gen sei­ner künst­li­chen Krea­tio­nen über Mimik oder Bewe­gung. Die Tie­re bewe­gen sich, wie ihre ech­ten Art­ver­wand­ten. Wer­den nor­ma­ler­wei­se zuerst die Dia­lo­ge auf­ge­zeich­net, um danach die Bewe­gungs­ab­läu­fe der noch zu gene­rier­ten Figur anzu­pas­sen, muss­ten die Schau­spie­ler hier bereits gege­be­nen Bil­dern den Tie­ren mit ihren Stim­men einen Cha­rak­ter ver­lei­hen. Selbst in der deut­schen Syn­chro­ni­sa­ti­on funk­tio­niert das noch erstaun­lich über­zeu­gend. Nur bleibt es ein Rät­sel, war­um es die FFS in Ber­lin nicht fer­tig gebracht hat, die übli­chen Syn­chron­spre­cher für die Rol­len zu beset­zen. Zumin­dest die Stim­men von Mur­ray, King­s­ley und Johans­son wären als mar­kan­ter Wie­der­erken­nungs­ef­fekt per­fekt gewesen.

 

Man hat eini­ges ver­än­dert. Es wur­de Cha­rak­te­re wei­ter aus­ge­baut, Sze­nen gestri­chen, Sequen­zen neu inter­pre­tiert. Es wur­de viel moder­ni­siert, neue Geschich­ten in den Hand­lungs­ab­lauf ein­ge­fügt, bekann­te Sze­nen  mit neu­em Aus­gang ver­se­hen. Aber her­aus­ge­kom­men ist nicht etwa eine ver­än­der­te Fas­sung des all­seits belieb­ten Klas­si­kers. Man blieb dem Ori­gi­nal treu. Auch wenn die unver­kenn­ba­re Anspie­lung auf Cop­po­las APOCALYPSE NOW den Film in eine ande­re Zeit hebt und ihm sei­ne eige­ne Sze­ne von unge­wohnt pop­kul­tu­rel­ler Anspie­lung zuspricht. Hier ent­lar­ven sich die Cine­as­ten mit einem ver­nehm­li­chen Schnau­fen im Kino, aber dies auch zu Recht, und mit viel Freu­de. Den­noch blieb man dem Ori­gi­nal treu. Puri­ta­ner könn­ten sogar behaup­ten, so als Gedan­ken­spiel, dass Wolf­gang Rei­ther­man sein DSCHUNGELBUCH im Heu­te genau­so insze­niert hät­te. Was man in Wirk­lich­keit aber nicht woll­te. Man kann von einem über­aus gelun­ge­nen Remake spre­chen, aber gleich­zei­tig von zwei völ­lig sepa­ra­ten Fil­men. Und das macht den Film wie­der zu einem beson­de­ren Erlebnis.

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Die opti­sche Umset­zung ist gran­di­os. JUNGLE BOOK ist einer der sehr sel­te­nen Live-Action (?!)-Fil­me, bei denen 3D auch die rich­ti­ge Anwen­dung erfährt. Obwohl Kame­ra­mann Bill Pope nichts aus der Lein­wand sprin­gen lässt, son­dern die Tie­fen­wir­kun­gen hin­ter der Lein­wand­gren­ze hält. Obwohl es ein Leich­tes gewe­sen wäre Kin­der mit den Kral­len von She­re Khan vor ihren Gesich­tern zu erschre­cken. Aber Pope kon­zen­triert ganz zu Recht auf Land­schaf­ten und die Dimen­sio­nen inner­halb der Sze­nen­bil­der. Zudem hat man die Dschun­gel­tie­re gegen­über Mow­g­li stets pro­por­tio­nal über­stei­gert. Der Dschun­gel ist nicht des Men­schen bes­ter Freund, und das wird durch die Gegen­über­stel­lung der Figu­ren in den Bil­dern immer wie­der deutlich.

Das Kom­po­nist John Deb­ney immer wie­der musi­ka­li­sche Moti­ve aus dem 1967er Vor­gän­ger auf­greift, sorgt beson­ders bei Fans und Cine­as­ten für ein wah­res Gän­se­haut­ge­fühl. Doch genau im musi­ka­li­schen Sin­ne, stößt die­ser Film glei­cher­ma­ßen auch an sei­ne Gren­zen. Dass man drei Lie­der der Sher­man-Bro­thers aus dem Ori­gi­nal über­nom­men und insze­niert hat, mag für den nost­al­gi­schen Touch gewollt sein. Doch lei­der pas­sen die Musi­cal-Ein­la­gen ganz und gar nicht in den Ton und die Atmo­sphä­re des Films. Natür­lich lässt man sich im ers­ten Moment hin­rei­ßen, doch hier hät­te man kon­se­quent einen Schritt zurück­tre­ten müs­sen. Dazu kann man ohne wei­te­res die Ele­fan­ten-Sequen­zen her­an zie­hen, die so über­ra­schend gelun­gen neu inter­pre­tiert wurde.

Man kann ohne Über­trei­bung behaup­ten, dass THE JUNGLE BOOK neue Maß­stä­be im Bereich der Fami­li­en­un­ter­hal­tung set­zen wird. Nicht per­fekt, aber per­fek­te Unter­hal­tung. Ein gran­dio­ser Film, der ver­deut­licht, dass in Hol­ly­wood noch sehr viel Poten­ti­al steckt, wenn man den krea­ti­ven Köp­fen ihren Spiel­raum lässt. JUNGLE BOOK geht zu Her­zen, mit gewoll­tem Pathos. Er ist durch­aus span­nend, sogar mit über­ra­schen­den Wen­dun­gen. Er ist optisch per­fekt, wenn­gleich not­wen­di­ger­wei­se am Reiß­brett ent­wor­fen. Dies ist der Film, der allen Kri­ti­kern von Remakes kräf­tig ans Schien­bein tritt. Ja, es wer­den wie­der ande­re Bei­spie­le kom­men. Doch zum Leid des Zuschau­ers wird es noch viel län­ger dau­ern, bis wie­der ein Meis­ter­werk wie THE JUNGLE BOOK dar­aus erwächst.

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THE DJUNGLE BOOK
Dar­stel­ler: Neel Sethi
mit den Stim­men von:
Baloo: Bill Mur­ray / Armin Rhode
Bag­hee­ra: Sir Ben King­s­ley / Joa­chim Król
She­re Khan: Idris Elba / Ben Becker
Rak­s­ha: Lupi­ta Nyong’o / Hei­ke Makatsch
Kaa: Scar­lett Johans­son / Jes­si­ca Schwarz
Ake­la: Gian­car­lo Espo­si­to / Jus­tus von Dohnányi
King Lou­ie: Chris­to­pher Wal­ken / Chris­ti­an Berkel
u.a.
Regie: Jon Favreau
Dreh­buch: Jus­tin Marks, nach Rudy­ard Kipling
Kame­ra: Bill Pope
Bild­schnitt: Mark Livolsi
Musik: John Debney
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Chris­to­pher Glass, Abhi­jeet Mazumder
105 Minuten
USA 2016

Pro­mo­fo­tos Copy­right Walt Dis­ney Moti­on Pic­tures Studio

AutorIn: Bandit

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