Spoilerfrei
Die Macher dieses Films hatten eine schier unlösbare Aufgabe. Nicht nur hingen ihnen die zahllosen sinnlosen oder bösartigen Trollkommentare Unbelehrbarer und selbsternannter STAR WARS-Evangelisten zu THE LAST JEDI im Nacken, zusätzlich sollte Episode IX immerhin einen Handlungsbogen abschließen, der im Jahr 1977, also vor sage und schreibe 42 Jahren, begann. Da kann einem schon mal Angst und Bange werden, denn die Chance hier ordentlich zu verkacken – und das aus den verschiedensten Gründen – war von den Ausmaßen eines Todessterns, nicht zuletzt auch wegen der Darstellung von Leia Organa, der Figur der verstorbenen Carrie Fisher und eine der Ikonen der Saga.
Wenn ich ins Kino gehe um einen STAR WARS-Film zu sehen, dann will ich einen STAR WARS-Film sehen. Das mag sich an dieser Stelle profan anhören, aber es umfasst ein bestimmtes Set an Versatzstücken die vorhanden sein müssen. Gigantische und/oder exotische Szenarien, Drama, Heldinnen, Raumschlachten, Verfolgungsjagden, aber auch und weit vorne: Humor.
THE RISE OF SKYWALKER hat alles, was ein STAR WARS-Film braucht, was einen STAR WARS-Film ausmacht – und er bietet überreichlich davon. Regie und Drehbuch gönnen in Episode IX dem Zuschauer keine Pause und nur seltene und kurze Momente des Zurücklehnens und Besinnens. Eine derartige Tour de … Force hätte selbstverständlich ins Auge gehen können, aber in diesem Fall, dem Abschluss der Saga, geht das meiner Ansicht nach völlig in Ordnung, dieser Film muss beinahe zwingend episch sein und alles was man sehen will nochmal aufbieten und übertreffen. Auch das eigentlich eine unlösbar erscheinende Aufgabe.
Und so schöpfen J.J. Abrams und sein Team mit beiden Händen aus dem Vollen und werfen dem Zuschauer die erwarteten Versatzstücke und mehr in großer Zahl um die Ohren, gespickt und vor allem aufgelockert immer wieder durch lose Sprüche; insbesondere Finn und Poe sind hier Stichwortgeber und Sprücheklopfer, aber auch andere Charaktere und Umstände sorgen regelmäßig und trotz aller Epik für die dringend notwendigen Lacher.
Es geht so dermaßen ab in THE RISE OF SKYWALKER, dass ich bei dieser Episode noch viel mehr als bei den vorangegangenen das dringende Bedürfnis verspürte, mir den Film gleich noch ein paar Mal anzusehen.
Die beiden vorangegangenen Episoden haben jede Menge Fragen aufgeworfen – und sie haben zudem eine Menge Möglichkeiten geschaffen, diese bei falscher Auflösung aber mal so richtig zu verkacken. Und hier hat Abrams in meinen Augen ein paar großartige Auswege gefunden, hat es vermocht, beinahe sicher zu erwartende Peinlichkeiten und falsche Wege eben nicht zu gehen und zufriedenstellende bis großartige Auflösungen für die elementaren Fragen der vorangegangenen Handlungen zu finden. Sowohl was Umstände wie auch Charaktere angeht. Aus naheliegenden Gründen und weil »kein Spoiler« über diesem Text steht, kann und will ich darauf natürlich nicht näher eingehen, aber wie man beispielsweise das Rey/Kylo-Ding löst ist nachgerade brilliant.
Erbsenzähler werden diverse Möglichkeiten finden sich aufzuregen und an Logiklöchern abzuarbeiten. Tatsächlich finden sich ein paar Stellen, die man aus allen Filmen von Abrams kennt, an denen er und das Drehbuch sich ein wenig zu einfach aus der Affäre ziehen. Ja, es gibt diese Stellen und letztendlich sind sie eigentlich völlig wurscht, denn zum einen gab es die in allen STAR WARS-Filmen und zum anderen beschädigen sie den Rest des Films nicht wirklich, eigentlich kann man mit einem Grinsen darüber wegsehen, oder darauf warten wie sie das dann in der Romanfassung oder später nachträglich erklären, wie so oft.
Tatsächlich ist THE RISE OF SKYWALKER sehr Charakter-zentriert, die Handlung bleibt ständig äußerst dicht an den Figuren und das ist so großartig inszeniert, dass ich Abrams ein paar Drehbuchpatzer nicht übel nehme, erst recht nicht angesichts der oben bereits angerissenen Tatsache, dass er haufenweise potentielle Fettnäpfchen gezielt ausweicht. Sicher, er lässt auch ein paar Fäden komplett außen vor, die Rian Johnson aufgespannt hatte und das wird man ihm sicher vorwerfen. Sollen sie von mir aus werfen.
Ärgerlich war wieder mal die Synchronisation bei der ich an einigen Stellen ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache hatte. Mal abgesehen vom Gewürz, das sie jetzt aus irgendeinem Grund seit den unzufriedenen Gewürzschürfern von Naboo in der deutschen Übersetzung mitschleppen, statt einfach Spice zu sagen wie es sich gehört, kamen mir diverse weitere Dialoge arg holprig bis schlimm übersetzt vor. Darunter auch wirklich handlungswichtige. Hinzu kommt eine sprachliche Fehlbesetzung eines ganz zentralen Charakters über die ich mich sehr geärgert habe; wer das zu verantworten hat, der sollte in den Sarlacc geworfen werden, wo er 1000 Jahre langsam verdaut wird. Insbesondere auch deswegen, weil die völlig anders klingt als man sie von früher kennt. Ganz, ganz schlimm, ich muss mir unbedingt die Originalfassung ansehen. Die miese Synchro werden ich dem Film allerdings nicht negativ anlasten, dafür ist allein das Synchronstudio verantwortlich. Seht euch aber unbedingt eine Originalfassung an, wenn ich es irgendwie könnt, ich werde das sicher noch nachholen.
Es wird sicher Kontroversen um diesen Film geben, immerhin handelt es sich um den letzten Streifen der Skywalker-Saga mit der 1977 alles begann. Da sind Kontroversen beinahe Pflicht. Gestern morgen habe ich im SWR schon eine Kurzbesprechung einer Frau gehört, die einen völlig anderen Film gesehen haben muss als ich. Vielleicht fehlt ihr aber auch einfach der emotionelle Bezug. Ich war zwölf als ich STAR WARS im Kino sah und gestern hatte ich an ein paar Stellen Pipi in den Augen; was aber auch damit zusammenhängt, dass ich dem Universum und seinen verschiedensten Ausprägungen abseits der Filme seitdem eng verbunden blieb. Auch als Fan des Gesamt(kunst)werks STAR WARS bin ich mit THE RISE OF SKYWALKER und dem respektvollen Ende der Saga sehr zufrieden und habe gar keinen Bock an Details herumzukritteln.
Sehr geil. Nicht perfekt, aber welcher Film ist das schon. Dennoch sehr geil. Wenn Zeit ins Land gegangen ist, werde ich vielleicht nochmal in einem weiteren Text auf Details eingehen. Seht ihn euch an – aber das tut ihr ja sowieso … :)
p.s.: Und gegen Ende gab es noch ein Cameo, das man dann doch nur als perfekt bezeichnen kann.
STAR WARS – THE RISE OF SKYWALKER – DER AUFSTIEG SKYWALKERS
Besetzung: Daisy Ridley, Adam Driver, Oscar Isaac, John Boyega, Joonas Suotamo, Anthony Daniels, Billie Lourd, Keri Russell, Harrison Ford, Carrie Fisher, Mark Hamill,Billy Dee Williams, Ian McDiarmid, Kelly Marie Tran, Lupita Nyong’o, Dominic Monaghan u.v.a.m.
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Chris Terrio, J.J. Abrams nach einer Story von Terrio, Abrams, Colin Trevorrow und Derek Connolly.
Produzenten: J.J. Abrams, Michelle Rejwan, Kathleen Kennedy
Ausführende Produzenten: Tommy Gormley, Callum Greene, Jason D. McGatlin
Kamera: Dan Mindel
Schnitt: Maryann Brandon, Stefan Grube
Musik: John Williams
Produktionsdesign: Rick Carter, Kevin Jenkins
Casting: Nina Gold, April Webster, Alyssa Weisberg
141 Minuten
USA 2019
Promofotos Copyright Walt Disney Pictures

AutorIn: Stefan Holzhauer
Meist harmloser Nerd mit natürlicher Affinität zu Pixeln, Bytes, Buchstaben und Zahnrädern. Konsumiert zuviel SF und Fantasy und schreibt seit 1999 online darüber.
Ein Kommentar for “STAR WARS – THE RISE OF SKYWALKER – DER AUFSTIEG SKYWALKERS”
Crosa
sagt:Danke für diese wundervolle Rezension die mir so sehr aus der Seele spricht. Ich hatte 79 Pipi in den Augen und nach dem Kino damals war alles anders. Ich konnte nach Episode 9 zufrieden und glücklich zurückblicken auf diesen Moment. Glücklich und zufrieden. Das hatte ich im Vorfeld so nicht erwartet, schon gar nicht nach meiner Enttäuschung über Episode 7…