DUNE PART 2 – Deutschlandstart 29.02.2024
(enthält winzigste Spuren von Mélange, äh Spoilern)
Wer das Spice beherrscht, beherrscht das Universum
Nach dem äußerst gelungenen ersten Teil der Verfilmung von Frank Herberts DUNE, eines der großen Klassiker der Science Fiction-Literatur, war man als SF-Fan und als Nerd natürlich überaus gespannt, ob Denis Villeneuve das Wunder würde vollbringen können, da noch einen draufzusetzen.
Denn wie geschrieben: einer der großen Klassiker und da ist natürlich die Gefahr groß, dass man irgendwas verkackt und sich den Grimm der Fans zuzieht; das geht heutzutage bekanntermaßen schneller, als man »Shai’Hulud« sagen kann.
Doch mit dem ersten Teil hatte Villeneuve seine Meriten verdient und gezeigt, dass die Verfilmung dieses Themas nicht nur nach eigenem Bekunden eine Herzensangelegenheit darstellt, sondern er auch der richtige Mann dafür ist.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist einfach unfassbar, was für eine epische Offenbarung dieser Film darstellt, der sich eng am Vorbild orientiert – so weit das bei einer filmischen Umsetzung eines Buches überhaupt möglich ist – und dabei dermaßen viele Gänsehautmomente abseits der offensichtlichen Schauwerte liefert, dass es eine helle Freude ist. Und der den ersten Teil nicht nur übertrifft, sondern diesem sogar durch diese Fortführung eine noch größere Tiefe verleiht.
Dabei ist Villeneuve nicht in die Falle getappt, die immerhin nicht ganz kurzen 166 Minuten ausschließlich mit überbordender Action zu füllen. Das wäre des Themas auch gar nicht angemessen gewesen.
Tatsächlich gibt es sogar viele ruhige Erzählszenen, Charakterentwicklung, Dialoge, Worldbuilding, oder in diesem Fall besser »Worlddescription«, denn das Setting kennen wir ja und ich kann mir nicht vorstellen, dass Personen ernsthaft in diesen Film gehen, die den ersten Teil nicht gesehen haben. DUNE ist für die SF, was Jacksons DER HERR DER RINGE für die Fantasy war, das geht nur als Trilogie und vollständig. Ob es einen dritten Teil geben wird, ist bislang aber offen, auch wenn Villeneuve nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er eine Trilogie möchte; seinen Worten zufolge gibt es sogar bereits »Worte auf Papier«. Stoff für Fortsetzungen wäre noch reichlich vorhanden, auch wenn die Handlung des ersten Buches mit PART 2 abgeschlossen ist: es könnte mit DUNE MESSIAH weiter gehen – und wie man die Unsympathen in der Warner Bros.-Chefetage kennt, werden die sich die Lizenz zum Geld Drucken nicht nehmen lassen.
Besonders bemerkenswert ist mir die Leistung von Timothée Chalamet aufgefallen, der eine überaus nuancierte Entwicklung vom netten Paul von nebenan, der nicht der Auserwählte sein will, hin zum geweissagten Kwisatz Haderach mit deutlichen Anzeichen von Größenwahn hinlegt, dass das Zusehen dabei eine reine Freude ist. Die Darstellung wird immer intensiver und das ist ein ganz anderes Kaliber als in so vielen anderen Darstellungen eines »Auserwählten«, die wir bereits so oft gesehen haben. Der Charakter wandelt sich von zielstrebig mit vielen leisen Tönen hin zu unaufhaltsam und nur noch das Ziel im Auge.
Ebenfalls bemerkenswert auch Zendaya die an Chalamets Seite ebenfalls eine sehr breitbandige und detailverliebte Darstellung leistet, die der des Darstellers der Hauptfigur nicht nachsteht, auch wenn Chanis Weg natürlich nicht diese epische Breite hat, wie der Pauls. Dennoch fand ich in diesem Zusammenhang die abschließende Szene des Films mehr als passend, weil sie nochmal einen sehr wichtigen und richtigen inhaltlichen Fokus setzt.
Hervorheben möchte ich zudem noch die Darstellung von Austin Butler in der Rolle des psycho- und soziopathischen Harkonnen no-Barons Feyd-Rautha. Meine Güte. Das nenne ich kraftvoll, auch hier wird viel mit detailierten, teilweise minimalistischen, Gesichtsausdrücken gespielt, zumindest abseits der testosterongeschwängerten Kämpfe und der durchaus vorhandenen Gewaltszenen (die allerdings ob der Altersfreigabe meist nur angedeutet werden. Dennoch ist gerade die Darstellung der skrupellosen, sadistischen Harkonnen-Faschos stellenweise harter Tobak).
Dass Veteran Christopher Walken als Imperator Shaddam besetzt wurde ist lange kein Geheimnis mehr. Dass der eigentlich was kann ist ebenfalls bekannt. Trotzdem spielte er hier merkwürdig zurückgenommen, ich würde es fast »uninspiriert« nennen, ich hatte mir von ihm in der Rolle deutlich mehr versprochen. Es hatte für mich fast ein wenig den Eindruck, als habe er diese SF-Rolle eben abarbeiten wollen und gut, denn er blieb hinter seinen Möglichkeiten zurück. Aber vielleicht ist das auch dem Alter geschuldet, der Mann ist über 80, und man sollte das wohlwollend sehen. Und vielleicht fiel das eben auch durch den Kontrast der äußerst kraftvoll agierenden jungen Schauspieler°Innen besonders auf.
DUNE PART 2 ist zweifelsfrei ein Film fürs Kino, für die möglichst große Leinwand. Kein heimisches Medienwiedergabegerät wird es zuwege bringen, diese epischen Landschaftsaufnahmen, Szenerien und Bauten auch nur ansatzweise adäquat wiederzugeben. Das dann auch noch unterstützt von einer äußerst druckvollen Tonspur – womit ich noch nicht die Musik meine, zu der komme ich gleich noch – die die Zuschauerin bei etlichen Szenen mit Dolby-Atmos-Wucht-Geräuscheffekten in die Sessel drückt.
Es gibt viele leise und poetische Szenen in diesem Film, der trotz seiner Laufzeit nicht zu lang ist, denn es ist einfach viel zu faszinierend, diesem Sittengemälde in einer zehntausende Jahre entfernten Zukunft zu folgen. Aber die werden immer wieder unterbrochen, nur eben nicht zwingend durch Actionsequenzen, sondern auch durch epische Schauwerte und Landschaftsaufnahmen.
Dabei fand ich es überaus bemerkenswert, wie man die episch anmutenden, gigantischen, monolithischen Szenerien auf der anderen Seite mit einer unfassbaren Menge an kleinen und kleinsten Details kontrastiert. Seien es die bis in Feinheiten ausgearbeiteten Fremen-Siedlungen oder seien es Kleinigkeiten, wie das äußerst detailreiche Antigrav-Gerät des schwebenden Baron Harkonnen oder der schiere Aufwand, der in manche Kostüme gesteckt wurde, an denen man stets neue verspielte Details erkennen kann. Das Produktionsdesignteam kontrastiert die überbordende Epik immer wieder mit erdenden Details.
Dennoch werden meiner Ansicht nach die Länge und die stellenweise äußerst gebremste und auf Fremenkultur und Charaktere fokussierte Szenenführung und Inszenierung möglicherweise den ein oder anderen Kinozuschauer, der bonbonbunte Daueraction gewohnt ist, herausfordern. Die Science Fiction-Freundin freut sich derweil über eine grandios gelungene Verfilmung eines Buches, das lange als unverfilmbar galt. Über einen Film wie eine Oper. Eine Space Opera im besten Sinne des Wortes eben.
Die dickste Gänsehaut (von diversen) stellte sich bei mir ein, als dargestellt wurde Paul zum ersten Mal auf einem Shai’Hulud reitet. Das ist geradezu perfekt und wirklich grandios durchinszeniert, dass ich nur den Hut ziehen kann. Eins der zahllosen Beispiele, wie dieser Film abseits aller CGI, Landschaften und Spezialeffekte die Zuschauerin emotional mitnimmt und zu bewegen vermag.
Selbstverständlich trägt auch der musikalische Soundtrack von Hans Zimmer zum Gesamterlebnis bei. Ich schreibe absichtlich »Soundtrack« und nicht »die Musik«, da sich das wie schon beim ersten Teil meist auf Dröhnen, Getrommel und/oder Choräle beschränkt. Das meine ich aber durchaus nicht negativ, denn auch wenn man sich das vermutlich nicht regelmäßig auf CD oder als MP3 anhören wird, so unterstützt der Soundtrack das Dargestellte immens und ist ein relevanterer Teil des Gesamtkunstwerkes als bei so manch anderem Film. Was natürlich auch an den durchgängig genutzten tiefen Frequenzen liegen dürfte. Menschen mit tiefen Frequenzen mental zu beeindrucken funktioniert auch schon seit Jahrhunderten mit großen Kirchenorgeln ziemlich gut.
Wenn ich was zu meckern hätte, dann wären es nur Kleinigkeiten, die dem Gesamterlebnis aber keinen Abbruch tun. Anfangs war mir zu wenig deutlich herausgearbeitet, wie die Zeit vergeht, während Paul bei den Fremen lernt. Das wurde subtil dargestellt durch die immer schwangerer werdende Lady Jessica, aber eben nur äußerst subtil. Das andere waren die imperialen Elitetruppen, die Sardaukar, die dann doch ein wenig zu schnell um die Ecke gebracht wurden und bei denen man sich fragt, warum die gegen die Bodentruppen keine Fluggeräte zum Einsatz bringen. Aber das ist ja eine Frage, die man sich bei SF-Filmen immer wieder stellt. Wie gesagt, das waren nur Kleinigkeiten, die für mich das Gesamtkunstwerk in keiner Weise schmälern.
DUNE PART 2 ist grandioses modernes Kino mit vielen Schauwerten und dabei auch noch mit viel Tiefgang. Für solche Filme existiert das Kino auch heute noch und ich spreche eine unbedingte Sehempfehlung aus. Denis Villeneuve hat fraglos einen modernen Kino-Klassiker des SF-Genres geschaffen. Grandios.
Zehn von zehn Känguru-Mäusen. Ich bin ehrlich unsicher, ob ich schonmal eine volle Punktzahl vergeben habe. Sollte ich das getan haben, müsste ich auf elf von zehn Känguru-Mäusen erhöhen. Kein Scherz, Usul.
Denis Villeneuve beherrscht das Spice
DUNE PART 2
Besetzung: Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson, Javier Bardem, Josh Brolin, Austin Butler, Florence Pugh, Dave Bautista, Christopher Walken, Léa Seydoux, Stellan Skarsgård, Charlotte Rampling, Souheila Yacoub, Roger Yuan u.v.a.m.
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Denis Villeneuve & Jon Spaihts
Produzenten: Cale Boyter, Patrick McCormick, Denis Villeneuve, Tanya Lapointe
Ausführende Produzenten: Herbert W. Gains, Joshua Grode, John Harrison, Brian Herbert, Kim Herbert, Byron Merritt, Richard P. Rubinstein, Jon Spaihts, Thomas Tull
Kamera: Greig Fraser
Schnitt: Joe Walker
Musik: Hans Zimmer
Produktionsdesign: Patrice Vermette
Casting: Francine Maisler
166 Minuten
USA 2024
Promofotos Copyright Warner Bros.
Ich habe Dune 2 gesehen und fand ihn wirklich gut und ich denke, dass es am Ende auf das Gesamtergebnis ankommt. Was mich anfangs irritiert hat, dass ich Parallelen zum heutigen Weltgeschehen gesehen habe. Danach hat ein Freund von mir erzählt, dass die Bücher zu Dune schon vor langer Zeit geschrieben wurden. Das fand ich irgendwie unheimlich :-D. Jetzt bin ich schon gespannt auf Dune 3 und darauf, wie die Geschichte weitergeht.