THE SUPER MARIO BROS. MOVIE – Deutschlandstart 05.04.2023
Was ist das nur für eine Zeit? Früher™ konnte man sich ziemlich sicher sein, dass Kinofilme zu Spielen oder gar Computerspielen schnell und billig produzierte Produktionen waren, bei denen nach Erwerb der Lizenz das Geld für Drehbuch, VFX, Darsteller oder gleich alles fehlte. Und jetzt kommen innerhalb knapp über einer Woche gleich zwei Beispiele dafür, dass diese Zeiten vorbei sind.
Der eine Streifen dreht sich um Gewölbe und Drachen, sowie Helden die darin und drumherum stolpern, der andere dreht sich um latzbehoste italienische Klempner. Und Schildkröten. Gorillas. Koopas. Goombas. Und jede Menge Pilze.
Warnung! Ich bin seit der ersten Inkarnation der Figur großer Fan, und das war im Jahr 1981 der Urvater DONKEY KONG (nach einiger Übung und vielen versenkten Münzen war das Ergebnis 45 Minuten spielen am Arcade-Automaten für eine Mark). Mein Favorit ist SUPER MARIO WORLD (1992, das bis heute eins der besten Plattform-Jump&Runs aller Zeiten ist), mit SUPER MARIO MAKER 2 (2019) ganz dicht auf. Es könnte sein, dass meine Rezension deswegen vielleicht nicht ganz neutral ist.
Wer erwartet hat, dass Klempner Mario in THE SUPER MARIO BROS. MOVIE mit einem gefaketen italienischen Akzent spricht, der wird nicht enttäuscht, denn das tun er und sein Bruder Luigi tatsächlich anfangs in einem Werbespot für ihr neues Gewerbe, allerdings nur dafür. Danach gibt es einen vermeintlich lustigen Akzent nur noch beim Rest der nach wie vor nachnamenlosen Familie (ja, wir bekommen Marios Mamma und Pappa zu sehen), was schonmal der erste prima Kunstgriff ist.
Tatsächlich handelt es sich bei THE SUPER MARIO BROS MOVIE um so etwas für eine Origin-Story, vielleicht könnte man es auch »einen Mario Bros.-Reboot im Kino« nennen. Denn er und Luigi sind anfangs tatsächlich einfach nur simple Klempner in Brooklyn (ja, Mario ist Amerikaner – und mag keine Pilze). Nach einigen schnellen Wirrungen stolpern die beiden dann allerdings in New Yorks Katakomben in eine grüne Röhre (was auch sonst) und kommen ganz woanders wieder heraus. Mario zum Beispiel im Mushroom Kingdom.
Was danach folgt ist eine Tour-de-Force durch über 40 Jahre Mario-Geschichte, an der man sich mit vollen Händen bediente. Und nicht nur dabei, auch für Donkey Kong und dessen Ablegerspiele (insbesondere das damals bahnbrechende DONKEY KONG COUNTRY, ebenfalls einer meiner Favoriten) bleibt noch Platz.
Man darf davon ausgehen, dass sich die Macher darüber im Klaren waren, dass in diesen Film nur Personinnen gehen werden, die die Figur kennen und lieben, niemand wird sich zufällig in einen Mario-Film verirren. Der Clou dabei ist natürlich, dass die Spielereihen die Generationen überspannen; Mario und den Rest der Bande kennen vom Opa bis zum Enkel mindestens drei Altersgruppen – und damit arbeiten die Macher von SUPER MARIO BROS. auch ganz offensiv, indem sie zum einen Versatzstücke aus allen Zeiten einbauen, zum anderen aber auch gern mal Musik einsetzen, die den jüngeren Kinobesuchern sehr wahrscheinlich nicht so geläufig ist. Beispielweise erklingt bei einem Jump&Run-Trainingskurs, durch den die erfreulich unprinzessinnenhafte und draufgängerische Peach den noch unbedarften Mario hetzt, im Stil einer Training-Montage aus den 80ern »Holding Out For A Hero« von Bonnie Tyler, beim Zusammenfrickeln von Karts für ein gewisses Rennen bedient man sich bei AC/DCs »Thunderstruck« und auch A‑Ha ist zu hören. Die Regisseure Aaron Horvath und Michael Jelenic wussten sehr genau, wie breitbandig hier die Zielgruppe ist, und wie man der beikommen kann, wenn die Kids sie ins Kino schleppen (ich war ohne Kids und freiwillig da).
Dass die Handlung nicht unbedingt im Mittelpunkt steht, dürfte jeder klar sein, die schon mal einen Animationsfilm oder einen Film nach einem Computerspiel gesehen hat. Die Hauptprämisse ist – und das ist angesichts zahlloser Mario-Jump&Runs sicher kein Spoiler – dass Oberbösbert und überdimensionierte Schildkröte Bowser die Prinzessin ehelichen möchte. Falls die nicht einwilligt, soll ihr Pilzkönigreich eingeebnet werden. Das kennen wir genau so natürlich aus Spielen.
Was der Mario-Freundin hier feilgeboten wird ist einfach nur schön. Neben den bereits genannten zahllosen Versatzstücken aus den Spielen, gibt es zudem ein wahres Feuerwerk an wirklich witzigen, gut getimeten Gags sowie Mario-Gesichtsausdrücken und zusätzlich jeder Menge Zeugs, das im Hintergrund passiert. Das Gefühl bei einem äußerst elaborierten Mario-Spiel zuzusehen ist immer da. ich bin schon sehr gespannt, ob Nintendo ein Spiel zum Film raushauen wird. Auf der anderen Seite: Davon gibt es streng genommen schon jede Menge.
Die deutsche Synchro geht diesmal schon in Ordnung (vermutlich hatte Big N seine Finger auf den Übersetzungen um darauf zu achten, dass alles zum Franchise passt), ich wünschte mir allerdings (nicht nur) bei Bowser ständig, doch bitte mal hören zu wollen, wie Jack Black das gesprochen oder gesungen (!) hat. Die Originalfassung ist für mich mal wieder Pflichtprogramm.
Bei der Musik bedient sich Komponist Brian Tyler selbstverständlich ausgiebigst bei Koji Kondos Originalthemen, was auch sonst. Stellenweise klang das für mich ein wenig überproduziert, aber ich müsste mir den Soundtrack nochmal anhören (auch der ist für mich als Fan selbstverständlich Pflichtprogramm). Spannend auch das Sounddesign, das bisweilen allein durch ingame-Geräusche schon andeutet, was als nächstes so grob kommen könnte – und grandios das Pianoduo von Bowser und seinem Assistenten Kamek (das blaue, bebrillte Harry Potter-Vorbild), bei dem die beiden das Lavaschloss-Theme aus SUPER MARIO WORLD klimpern.
Um das Fanboi-Gejubel mal zusammenzufassen: THE SUPER MARIO BROS. MOVIE ist eine Offenbarung für Klempner-Fans jeglichen Alters, weil es aufgrund seiner Inszenierung sowohl die aktuelle Konsolenjugend anspricht, wie Jugendliche und Erwachsene aller Altersklassen, zu deren Leben Mario seit grob 40 Jahren gehört. Dabei gibt es Gags für die Jüngeren ebenso wie solche, um die Erwachsenen bei Stimmung zu halten, ohne die Kids zu überfordern (man merkt immer gut, dass der Film funktioniert, wenn Kids und Erwachsene an denselben, aber auch an unterschiedlichen stellen lachen). Wer sich auf den Spaß einlässt und mit dem Thema was anfangen kann, wird hier allerbestens und in feinster Klempner-Manier bedient.
Ich bin hin und weg und verteile volle zehn von zehn nostalgieverklärte Supersterne vom Fan. Grandios.
Ich vermisste eine der wichtigsten Figuren des Franchise, die man nur mal im Hintergrund kurz vorbeiwuseln sah. Wer allerdings bis zum Ende des Abspanns sitzen bleibt, der bekommt eine frühe Osterüberraschung und weiß schon, dass es eine Fortsetzung geben wird. Diesen Film noch zu toppen dürfte allerdings keine ganz einfach Aufgabe werden.
THE SUPER MARIO BROS. MOVIE
Besetzung (Original): Chris Pratt, Charlie Day, Jack Black, Anya Taylor-Joy, Kevin Michael Richardson, Keegan-Michael Key, Fred Armisen, Seth Rogen, Khary Payton, Sebastian Maniscalco, Eric Bauza, Jessica DiCicco, Rino Romano, John DiMaggio, u.v.a.m.
Regie: Aaron Horvath & Michael Jelenic
Drehbuch: Matthew Fogel
Produzenten: Christopher Meledandri, Shigeru Miyamoto
Schnitt: Eric E. Osmond
Musik: Brian Tyler, basierend auf Themen von Koji Kondo
Produktionsmanagement: Tifenn Philippot
92 Minuten
USA 2023
Promofotos Copyright Universal Pictures, Nintendo, Illumination Entertainment
Wir haben vier Kinder zwischen 7 und 15 Jahren im Haus. Die wollen den Film auf jeden Fall sehen. Für uns ältere bleibt da wohl nur die Nostalgie! Aber zumindest auf den ersten Blick schaut die Sache ja gut aus. Und auch der Autor ist je begeistert.
Einen besseren Familienfilm könntet ihr im Augenblick gar nicht finden…
…mit Ausnahme von DUNGEONS & DRAGONS vielleicht.
Grundsätzlich werdet ihr aber viel Spaß haben.