Melanie Vogltanz – ROAD TO OMBOS: SETH IST GEFALLEN

Über den Roman ROAD TO OMBOS erfuhr ich auf Mastodon. Die The­ma­tik hör­te sich inter­es­sant an, ich warf einen Blick auf Ama­zon und der Wasch­zet­tel klang immer noch viel­ver­spre­chend. Urban Fan­ta­sy mit zurück­ge­kehr­ten ägyp­ti­schen Göt­tern in Las Vegas, dazu ein »Road­t­rip« und »Rock&Roll«, klang genau nach mei­nem Beuteschema.

Tat­säch­lich beginnt das Gesche­hen auch sehr viel­ver­spre­chend, mit einem Gott Seth, sei­ner Kräf­te beraubt und ins moder­ne Vegas geworfen.

Nach dem Lesen muss ich aller­dings fest­stel­len: Sel­ten hat mich ein Roman so rat­los zurück­ge­las­sen, wie dieser.

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»Die Stra­ße nach Ombos ist mit schlech­ten Vor­sät­zen gepflastert!«
Seth, Herr von Ombos und abtrün­ni­ger Gott des Cha­os, fin­det sich unver­se­hens im moder­nen Las Vegas wie­der. Nie­mand fürch­tet ihn, nie­mand hul­digt ihm und sei­ne gött­li­chen Kräf­te gehor­chen ihm nicht mehr. Glück­li­cher­wei­se muss er die­se miss­li­che Lage nicht allein durch­ste­hen. Tara, Bil­ly und Fer­nan­do, eine Grup­pe von woh­nungs­su­chen­den Außen­sei­tern, neh­men den gefal­le­nen Gott unter ihre Fit­ti­che und wei­hen ihn in die Magie von Punk, Bikes und Bier ein. Fast könn­te Seth sich an die­ses Dasein gewöh­nen – doch dann begin­nen Obdach­lo­se aus der Stadt zu ver­schwin­den. Offen­bar ist Seth nicht der ein­zi­ge Gott, den es in die­se Zeit ver­schla­gen hat, und nicht alle sind den Sterb­li­chen so freund­lich gesinnt. Am Hori­zont über Vegas braut sich eine Bedro­hung tran­szen­den­ten Aus­ma­ßes zusam­men. Wird es Seth gelin­gen, ihr ohne sei­ne Kräf­te standzuhalten?
Ein rocki­ger Road­t­rip durch die ägyp­ti­sche Mythologie!

Erst ein­mal muss man fest­stel­len, dass der Roman mit 144 Sei­ten sehr kurz ist und eher als Novel­le bezeich­net wer­den könn­te. Das muss per se nichts Schlech­tes sein, das ist ein For­mat, das bei uns im Land der Dich­ter und Den­ker weit weni­ger ver­brei­tet ist, als bei­spiels­wei­se im eng­lisch­spra­chi­gen Raum, wo die »Nov­elet­te« sogar eigen­stän­di­ge Kate­go­rien bei den ein­schlä­gi­gen Phan­tas­tik-Prei­sen besitzt.

Soweit ich das erken­nen konn­te, basiert die Novel­le auf einer Kurz­ge­schich­te für eine Sto­ry­samm­lung, die für die­ses For­mat erwei­tert wurde.

Zuerst zum Posi­ti­ven: Tat­säch­lich ist der Ansatz eines gefal­le­nen Got­tes, der sich inmit­ten ame­ri­ka­ni­scher Obdach­lo­ser wie­der­fin­det, Sym­pa­thien für die­se und ihre Lage ent­wi­ckelt und ihnen bei­steht und am Ende mit einer über­na­tür­li­chen Gefahr kon­fron­tiert wird eine gute Idee. Ins­be­son­de­re die Obdach­lo­sen sind tref­fend beschrie­ben und cha­rak­te­ri­siert, man kann mit ihnen mitfühlen.

Beim Prot­ago­nis­ten Seth wird das schon schwie­ri­ger. Das der Cha­rak­ter äußerst ambi­va­lent ist, ver­steht sich in der Figur von selbst, aber die Moti­va­ti­on erschien mir im Ver­lauf der Lek­tü­re äußerst dünn.

Und da sind wir auch schon beim Kern­pro­blem der Novel­le: Sie ist zu kurz und die The­ma­tik wird viel zu schnell abge­han­delt, ohne in Details zu gehen. Das wäre noch zu ver­kraf­ten, wenn wenigs­tens die Hin­ter­grün­de und Moti­va­tio­nen hin­rei­chend ange­ris­sen wer­den wür­den, aber die blei­ben flach bis nonexis­tent. Hier haben wir mal ein Buch, bei dem ich mir deut­lich mehr Sei­ten gewünscht hät­te, um mehr World­buil­ding zu betreiben.

Beson­ders anti­kli­ma­tisch fand ich den Show­down. Da taucht also die­se über­mäch­ti­ge, alte Enti­tät auf, der sich Seth ent­ge­gen­stel­len muss. Aber was das für ein Wesen ist und ins­be­son­de­re des­sen Moti­va­ti­on – abge­se­hen von »ist halt irgend­wie böse oder schlimm« – fehlt kom­plett. Es hat den Ein­druck, dass hier mal eben schnell ein mäch­ti­ger End­geg­ner für Seth auf­ge­baut wer­den soll­te, der dann nach­dem er weg­ge­macht wur­de irrele­vant ist. Das ist aller­dings in mei­nen Augen der fal­sche Ansatz, denn am Ende fühlt sich das nicht nur belie­big an, es ist zudem nicht nur respekt­los gegen­über der Lese­rin, son­dern auch gegen­über dem Hauptcharakter.

Ich fin­de die­se Schlud­rig­keit in der Umset­zung scha­de. Dass man nicht erfährt, war­um Seth und ande­re in unse­re Zeit ver­setzt wur­den geht völ­lig in Ord­nung, ins­be­son­de­re falls es noch wei­te­re Erzäh­lun­gen um die Figu­ren geben soll­te. Dass aller­dings zen­tra­le Hand­lungs­punk­te uner­klärt oder unmo­ti­viert blei­ben, die es nicht hät­ten sein dür­fen, wirkt lei­der etwas belie­big und als hät­te das Ding schnell abge­schlos­sen wer­den sol­len, oder es durf­te nicht zu lang wer­den. Mit mehr Inhalt und mehr Fokus auf Hin­ter­grün­de hät­te das ein rich­tig guter Roman wer­den kön­nen, denn der Schreib­stil ist gut les­bar und rou­ti­niert. Nur beim World­buil­ding, beim Hin­ter­grund und ins­be­son­de­re bei der Erklä­rung der Ant­ago­nis­ten­mo­ti­va­ti­on des End­geg­ners hapert es lei­der. Ver­mut­lich muss man Tei­le die­ser Pro­ble­me auch dem Lek­to­rat anhän­gen, denn spä­tes­tens da hät­te auf­fal­len müs­sen, dass Hand­lung  und Hin­ter­grund stel­len­wei­se etwas dünn sind und mehr Fleisch benö­tigt hätten.

Wenn ich mir etwas wün­schen wür­de, dann eine neue, län­ge­re Fas­sung, die die­se Feh­ler behebt. Dabei wür­de ver­mut­lich ein wirk­lich guter Roman her­aus­kom­men. ROAD TO OMBOS ist weder ver­schwen­de­te Zeit, noch ver­schwen­de­tes Geld, aber scha­de um das ver­schenk­te Potential.

ROAD TO OMBOS: SETH IST GEFALLEN
Mela­nie Vogltanz
Urban Fantasy
14. Okto­ber 2020
Taschen­buch:
ISBN-13: ? 978–3945045527
144 Sei­ten, 7,00 Euro
eBook:
ASIN: ? B08B61VSH1
2,99 Euro
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AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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