LEVIATHAN WAKES – James S. A. Corey

Cover Leviathan Wakes

Als ich las, dass SyFy eine Mini­se­rie unter dem Titel THE EXPANSE aus der gleich­na­mi­gen Buch­rei­he von James S. A. Corey (das ist ein Pseud­onym für das Autoren­team Dani­el Abra­ham und Ty Franck) machen woll­te, war ich inter­es­siert. So inter­es­siert, dass ich den ers­ten Band der Rei­he – LEVIATHAN WAKES – schnell gekauft habe und »mal eben« lesen woll­te. Doch mit »mal eben« war nichts, denn der Roman ist ein ordent­li­cher Zie­gel­stein, dem ein wenig Kür­zung nicht schlecht getan hät­te. Den­noch: Jetzt bin ich sehr gespannt, wie das als TV-Serie umge­setzt wer­den wird.

LEVIATHAN WAKES spielt in einer nicht all­zu fer­nen Zukunft, in der sich die Mensch­heit bereits seit eini­ger Zeit über das Son­nen­sys­tem aus­ge­brei­tet hat. Der Mars ist eine seit lan­gem eta­blier­te, star­ke und unab­hän­gi­ge Kolo­nie, die Ter­ra­forming betreibt; im Aste­ro­iden­gür­tel woh­nen auf ver­schie­de­nen Klein- und Kleinst­pla­ne­ten die soge­nann­ten »Bel­ter«, die sich kul­tu­rell und auch kör­per­lich (auf­grund der Gra­vi­ta­ti­ons­ver­hält­nis­se) bereits vom Erden­men­schen ent­fernt haben. Zwi­schen den Frak­tio­nen herrscht nicht unbe­dingt Frie­de, Freu­de Eier­ku­chen, denn auf der einen Sei­te schei­nen Mars und Erde trotz vor­han­de­ner Span­nun­gen zusam­men­zu­ar­bei­ten, auf der ande­ren Sei­te hält man die Bel­ter in Abhän­gig­keit von lebens­not­wen­di­gen Res­sour­cen, etwa so grund­le­gen­dem wie Atem­luft oder Wasser.

Das ist ganz grob und kurz der Hin­ter­grund der Rei­he, aller­dings ist das Geflecht an Poli­tik und Abhän­gig­kei­ten dann doch noch etwas kom­ple­xer, als hier auf die Schnel­le dar­ge­stellt. Die Beschrei­bung der Tech­nik kann man unter »Hard Sci­ence« ein­sor­tie­ren, wie sie viel­leicht ein Arthur C. Clar­ke oder Paul Preuss geschrie­ben hät­te, die Raum­schif­fe bewe­gen sich phy­si­ka­lisch nach­voll­zieh­bar und Gra­vi­ta­ti­on gibt es nur dann, wenn man beschleu­nigt. Wenn man schnell flie­gen muss, erzeugt das auch schon Mal mehr Gra­vi­ta­ti­on, als einem lieb ist. Den­noch: Trotz der durch­aus nicht unwis­sen­schaft­li­chen Her­an­ge­hens­wei­se an Raum­flug und Lebens­be­din­gun­gen im Belt ist das durch­aus kei­ne tro­cke­ne SF, son­dern ten­diert durch­aus in Rich­tung Space Ope­ra, nur halt nicht sol­che mit Bom­bast, Raum­schlach­ten und inter­ga­lak­ti­schen Krie­gen, son­dern ein wenig gebremst im Son­nen­sys­tem und ohne all­zu hane­bü­che­ne Beschrei­bun­gen. Wobei ich bei SF gar nichts gegen hane­bü­che­ne Beschrei­bun­gen gigan­ti­scher Schif­fe oder Raum­schlach­ten habe, ich fin­de nur bemer­kens­wert, wie die Autoren es schaf­fen, ein Space Ope­ra-Gefühl mit ver­gleichs­wei­se mini­ma­len tech­ni­schen Mit­teln hinzubekommen.

Und es kommt noch etwas hin­zu: Das eigent­li­che Pro­blem in die­sem Roman sind nicht die Kon­flik­te zwi­schen den ver­schie­de­nen mensch­li­chen Frak­tio­nen, son­dern etwas ganz ande­res, viel Grö­ße­res, über das ich hier nichts erzäh­le, weil ich nicht Spoi­lern und einem poten­ti­el­len Leser damit den Spaß neh­men möch­te. Dass im Son­nen­sys­tem etwas ganz und gar nicht stimmt, wird dem Leser schon im ers­ten Kapi­tel vor die Füße gewor­fen, aber danach las­sen die Autoren einen mäch­tig lan­ge zap­peln, bis man dann zu einem Aha-Erleb­nis kommt und denkt: »Das machen die nicht wirklich?«

Die Haupt­cha­rak­te­re, ein Raum­ka­pi­tän und ein glück­lo­ser Bel­ter-Cop, sind viel­schich­tig und knor­rig beschrie­ben. Man mag nicht immer mit ihnen einer Mei­nung sein, aber die Autoren ver­ste­hen es äußerst geschickt, die Beweg­grün­de für ihre Hand­lun­gen nach­voll­zieh­bar zu machen. Hand­werk­lich wur­de das dadurch gelöst, dass die Kapi­tel abwech­selnd aus der Sicht des Cap­ta­ins (Hol­den) und des Cops (Mil­ler) erläu­tert wird. Die meis­ten ande­ren Cha­rak­te­re blei­ben dage­gen lei­der etwas farb­los, wer­den aber den­noch durch gezielt ein­ge­setz­te Beschrei­bun­gen und Details hin­rei­chend kate­go­ri­siert. Man merkt aber schon recht deut­lich, dass die bei­den Haupt­per­so­nen im Fokus des Gesche­hens ste­hen sol­len. Gefal­len hat mir zudem, dass bei den Haupt­prot­ago­nis­ten eine Ent­wick­lung statt­fin­det, die durch die Gescheh­nis­se begrün­det wird. Auch wenn sie sich immer wie­der dage­gen sträu­ben, weil sie eine gewis­se Welt­sicht und ein Bild von sich selbst und ande­ren haben, kon­fron­tie­ren die Autoren die Cha­rak­te­re stän­dig damit, ihre Sicht­wei­sen hin­ter­fra­gen zu müs­sen. Das ist sehr erfri­schend zu lesen und ver­leiht den Figu­ren in mei­nen Augen Tiefe.

Die Hand­lung weist etli­che über­ra­schen­de Wen­dun­gen auf, und wenn es zu einem Krieg zwi­schen den Frak­tio­nen zu kom­men scheint, beginnt man, mit den Bel­tern zu fie­bern, denn die haben am meis­ten zu ver­lie­ren. Zumin­dest anfangs. Spä­ter zeigt sich dann, dass es hier um nichts weni­ger geht, als den Fort­be­stand der Mensch­heit – und die macht trotz­dem kaum Anstal­ten, ihre Kon­flik­te des­we­gen auf­zu­ge­ben, wie man sich das ange­sichts der auf unse­rem Pla­ne­ten aktu­el­len Kri­sen und Macht­spiel­chen lei­der all­zu gut vor­stel­len kann.

LEVIATHAN WAKES ist ein wenig zu lang. Etwas Kür­zung und Straf­fung im Lek­to­rat hät­te dem Roman gut getan, auf der ande­ren Sei­te kommt wahr­lich kei­ne Lan­ge­wei­le auf, des­we­gen will ich das mal nicht zu kri­tisch betrach­ten. Im Prin­zip geht die Län­ge in Ord­nung, ins­be­son­de­re auch auf­grund der kurz­wei­li­gen und ori­gi­nel­len Sto­ry. Ich bin gespannt, ob das Autoren­team das in den Fol­ge­bän­den so auf­recht­erhal­ten kann.

Auch auf die Umset­zung in eine Fern­seh­se­rie bin ich jetzt äußerst gespannt. Das soll­te gut funk­tio­nie­ren, denn die ver­gleichs­wei­se Low­tech der Schif­fe soll­te sich eben­so  ganz gut und ver­gleichs­wei­se preis­wert in Sets umset­zen las­sen, wie die Inte­ri­eurs der Raum­sta­tio­nen im Belt. Was dann nur noch her muss, sind coo­le Dreh­bü­cher, die auf gewis­se Län­gen im Roman verzichten.

Allen SF-Fans kann ich LEVIATHAN WAKES unein­ge­schränkt ans Herz legen, es han­delt sich um eine intel­li­gen­te und den­noch kurz­wei­li­ge Hard-Sci­ence-Fic­tion Geschich­te im Space Ope­ra-Gewand mit deut­li­chen, aber nicht über­trie­be­nen Hor­ror-Ein­schlä­gen. Eine gran­dio­se Mischung, die allein auf­grund ihrer Län­ge bis­wei­len etwas klo­big im Magen liegt. Wer nicht gern in eng­li­scher Spra­che liest, greift zur deut­schen Über­set­zung, die ist bei im April 2012 bei Hey­ne erschie­nen, aber wie immer deut­lich teu­rer als die US-Version.
Ich ver­ge­be neun von zehn Pro­to­mo­le­kü­len und habe zwei Sor­gen, dass die Nach­fol­ge­bän­de nicht dün­ner sind und dass die Mini­se­rie durch zu star­ke inhalt­li­che Ände­run­gen auf­grund von Bud­get­pro­ble­men ver­saut wird.

LEVIATHAN WAKES
James S. A. Corey
SF-Roman
Taschen­buch und eBook
Juni 2011, 561 Seiten
Taschen­buch: ca. zehn Euro
ISBN-10: 1841499889
ISBN-13: 978–1841499888
eBook (Kind­le): ca. acht Euro
ISBN-10: 1841499889
ISBN-13: 978–1841499888
ASIN: B004XCGKYQ
Litt­le, Brown Book Group

Cover­ab­bil­dung Copy­right Litt­le, Brown Book Group

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3 Kommentare zu „LEVIATHAN WAKES – James S. A. Corey“

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