Fantasy Filmfest Nights: ENEMY

Enemy

ENEMY – Bun­des­start 22.05.2014

Denis Ville­neuve hat zuvor PRISONERS gemacht. Einer der eigen­wil­ligs­ten Thril­ler der letz­ten Jah­re, von vie­len ver­göt­tert, und von eben­so vie­len gehasst. PRISONERS war in der Tat auch des­halb etwas Außer­ge­wöhn­li­ches, weil die Kunst des puren und effek­ti­ven Thril­lers im Kino kaum noch zu sehen ist. PRISONERS hat Ville­neuve inter­na­tio­na­le Auf­merk­sam­keit beschert und den Blick des Main­stream-Publi­kums auf ihn gelenkt. Auch wenn PRISONERS pola­ri­sier­te, war sein Nach­fol­ge­pro­jekt zumin­dest im Fokus expe­ri­men­tier­freu­di­ger Film­ver­rück­ter. ENEMY wur­de im Rah­men der Fan­ta­sy Film­fest Nights gezeigt, und war einer der am meis­ten dis­ku­tier­ten Fil­me. Auf alle Fäl­le war die Erwar­tungs­hal­tung hoch gewe­sen, in bei­den Rich­tun­gen des künst­le­ri­schen Gehal­tes. Schei­tern und Erfolg lagen bei die­sen Erwar­tun­gen dicht beieinander.

ENEMY ist die Geschich­te von Adam, einem vom Leben gelang­weil­ten Geschichts­pro­fes­sor, der sei­nem täg­li­chen Trott nach­geht. Wie Ville­neuve die­se belang­lo­se Rou­ti­ne insze­niert, setzt den schmerz­li­chen Ton eines vor­nehm­li­chen Dra­mas, wel­ches genau­so gut Thril­ler, aber auch Fan­ta­sy-Melan­cho­lie sein könn­te. Unver­mit­telt wird Adam von einem Kol­le­gen über einen bestimm­ten Film ange­spro­chen, wel­chen sich der Haupt­cha­rak­ter dann auch zu Gemü­te führt. Hier durch­bricht Ville­neuve auch sei­ne Rou­ti­ne in der Insze­nie­rung, und lei­tet den Film in eine sehr unkon­ven­tio­nel­le Struk­tur von Erzählebenen.

Pro­fes­sor Adam, trifft auf ein Alter Ego, wel­ches als unschein­ba­rer Neben­dar­stel­ler im Film­ge­schäft sein Geld ver­dient. Antho­ny heißt der Schau­spie­ler, in dem Adam sich nicht ein­fach nur optisch wider­spie­gelt, son­dern auch das sehr unan­ge­neh­me Gefühl der tie­fer gehen­den Wie­der­erken­nung ver­spürt. Wenn Adam ver­sucht, mit Antho­ny tele­fo­ni­schen Kon­takt auf­zu­neh­men, erkennt Antho­nys Frau Mary den ver­meint­li­chen Dop­pel­gän­ger sofort als ihren eige­nen Mann. An die­ser Stel­le wird ENEMY zu einem Pan­op­ti­kum von sich über­lap­pen­den Gefühls­ebe­nen. Adam und Antho­ny sind in Aus­se­hen nicht nur iden­tisch, son­dern schein­bar auch tat­säch­lich ein und die sel­be Per­son. Aber kön­nen dann bei­de real sein?

ENEMY ent­wi­ckelt sich zu einem Thril­ler, der zu glei­chen Tei­len Dra­ma bleibt. Letzt­end­lich zuord­nen lässt sich ENEMY nicht wirk­lich. Erst wenn Adam und Antho­ny die Exis­tenz ihres jewei­li­gen Gegen­übers akzep­tie­ren, begin­nen sie ihre ein­ge­fah­re­nen Lebens­wei­sen zu durch­bre­chen. Doch jen­seits ihres eigent­li­chen Weges, wer­den ihre Leben vom jeweils Ande­ren auf har­te Pro­ben gestellt. Mit einer ver­wir­ren­den Ein­stiegs­se­quenz, die spä­ter eine erklä­ren­de Wen­dung erfährt, und einem der unge­wöhn­lichs­ten Enden im  Kino der letz­ten Zeit, kann ENEMY zumin­dest jede Men­ge Gesprächs­stoff offe­rie­ren. Denis Ville­neuve wird auf alle Fäl­le einen Groß­teil sei­nes Publi­kums erst ein­mal vor den Kopf sto­ßen. ENEMY ist alles ande­re als leich­te Kost, eher eine Her­aus­for­de­rung. Eine sehr gelun­ge­ne Her­aus­for­de­rung, mit einem über­ra­gen­den Jake Gyl­len­haal, der sei­ne bei­den Figu­ren so fein nuan­ciert, dass sie unter­scheid­bar, aber als ein und die sel­be Per­son, blei­ben. Mit lan­gen ruhi­gen Ein­stel­lun­gen und aus­ge­wa­sche­nen Far­ben bekommt ENEMY einen sehr melan­cho­li­schen Cha­rak­ter, der den Zuschau­er noch stär­ker in die Geschich­te ein­bin­det. Aller­dings einen Zuschau­er der Arthouse mag und expe­ri­men­tier­freu­dig ist. Wo PRISONERS noch ein Main­stream-Publi­kum errei­chen konn­te, ist ENEMY sehr weit davon entfernt.

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ENEMY
Dar­stel­ler: Jake Gyl­len­haal, Méla­nie Lau­rent, Sarah Gadon, Isa­bel­la Ros­sel­li­ni, Joshua Peace, Tim Post Kedar Brown, Dar­ryl Dinn u.a.
Regie: Denis Villeneuve
Dreh­buch: Javier Gul­lón, nach dem Roman von José Saramago
Kame­ra: Nico­las Bolduc
Bild­schnitt: Mat­thew Hannam
Musik: Dan­ny Ben­si, Saun­der Jurriaans
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Patri­ce Vermette
90 Minuten
Kana­da – Spa­ni­en 2013
Pro­mo­fo­tos Copy­right Cape­light Pictures

AutorIn: Bandit

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