Kommentar: Der Börsenverein und Altersbeschränkung auf eBooks

FSK18 eBook

Als ich vor ein paar Tagen über die­ses The­ma auf der Online­ver­si­on des Bör­sen­blat­tes las, hat­te ich zuerst Griff­spu­ren vom Gesichts­pal­mie­ren im Gesicht und dann sofort den Gedan­ken, mal wie­der einen Rant vom Sta­pel zu las­sen. Es macht Spaß die zu ver­fas­sen und Klicks sind eben­falls gesi­chert. Ich habe aber davon abge­se­hen und lie­ber erst ein­mal ein wenig nach­ge­dacht. Die Ergeb­nis­se die­ses Den­kens möch­te ich im vor­lie­gen­den Kom­men­tar prä­sen­tie­ren, sie mögen in Tei­len etwas unge­ord­net sein, das ist dem schlicht­weg unbe­greif­li­chen The­ma abseits media­ler Rea­li­tä­ten geschul­det. Und selbst wenn das kein Rant wird, mag man Spu­ren von Sati­re, Iro­nie und mög­li­cher­wei­se auch Sar­kas­mus dar­in entdecken.

Was war pas­siert? Der Bör­sen­ver­ein des deut­schen Buch­han­dels hat­te kürz­lich eine der regel­mä­ßi­gen Sit­zun­gen ihres Ver­le­ger­aus­schus­ses. Nach dem, was man dar­über so lesen kann (und auch den Bil­dern nach zu urtei­len), dis­ku­tie­ren dort alte Män­ner mit Kugel­schrei­bern und Fax­ge­rä­ten, wie es mit der Bran­che, dem Drum­her­um und die­sem neu­mo­di­schen Schnick­schnack wei­ter zu gehen hat. Einer der Punk­te war nun, dass Chris­ti­an Sprang, Jus­ti­zi­ar des Bör­sen­ver­eins, den Anwe­sen­den eröff­ne­te, es müs­se ab 2017 zwin­gend eine Alters­kenn­zeich­nung, ähn­lich der FSK (frei­wil­li­gen Selbst­kon­trol­le) bei Fil­men, auf eBooks geben. Denn die­se sei­en Telemedien.

Das Bör­sen­blatt selbst ver­wen­de­te dazu die Formulierung:

Was zunächst wie ein ver­spä­te­ter April­scherz klingt …

Und dem ist eigent­lich schon wenig hin­zu­zu­fü­gen, ich wer­de es aber den­noch tun. Ausgiebig.

Da greift man sich an den Kopf. Alters­kenn­zeich­nung für Bücher, jenes gehei­lig­te Gut des Vol­kes der Dich­ter und Den­ker? Wie kann das sein? Das hat­ten wir doch noch nie? Und tat­säch­lich fra­ge ich mich bereits seit Jahr­zehn­ten, war­um es eine sol­che Kenn­zeich­nung zwar für ande­re Kunst­for­men wie Fil­me oder Com­pu­ter­spie­le gibt, nicht aber für das Medi­um Buch. FEUCHTGEBIETE? 50 SHADES OF GREY? Mit wel­chem Grund? Weil Bücher eine »höhe­re« und unantastbare(re) Kunst sind, als Fil­me oder Com­pu­ter­spie­le? Im Ernst? Warum?

Gemäß Jus­ti­zi­ar Sprang muss eine sol­che FSK nun also ein­ge­führt wer­den. Das könn­te ich viel­leicht auch noch nach­voll­zie­hen, aber sie gilt kei­nes­wegs für alle Bücher, son­dern aus­schließ­lich für eBooks. Denn die sind angeb­lich Telemedien.

Nein! Doch! Oh!

Mir ist kei­ne Aus­sa­ge von irgend­wel­chen nam­haf­ten (oder unbe­kann­ten) Polit-Spin­nern bekannt, die so etwas for­dert. Und gera­de aus Rich­tung der CSU mit ihren bigot­ten Bier­miss­brau­chern, die Schieß­stän­de ein­wei­hen, aber Com­pu­ter­spie­le ver­teu­feln, kommt sowas ja gern mal, um das christ­li­che Abend­land ver­meint­lich und aus ihrer eng­stir­ni­gen Welt­sicht vor dem Unter­gang zu bewah­ren. Aber selbst von da war akut nichts zu ver­neh­men. Wie kommt der Jus­ti­zi­ar also auf so etwas?

Die Wiki­pe­dia sagt zur Defi­ni­ti­on der »Tele­me­di­en« Folgendes:

»Tele­me­di­en« ist ein Rechts­be­griff für elek­tro­ni­sche Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te, ins­be­son­de­re eine Viel­zahl von Internetdiensten.

Kann das für ein Buch gel­ten? Tat­säch­lich wird das eBook ja nur über das Inter­net über­tra­gen. Ja, man kann es in einem Brow­ser lesen, die Chan­ce, dass es auf einem dedi­zier­ten Lese­ge­rät, einem Tablet oder Smart­pho­ne kon­su­miert wird, ist deut­lich grö­ßer als »wie eine Web­sei­te«. Trotz­dem: Das Inter­net ist streng genom­men nur ein Über­tra­gungs­me­di­um für die Datei, die das eBook dar­stellt (und die Datei ist wei­test­ge­hend iden­tisch mit dem Buch, dar­auf besteht der Bör­sen­ver­ein, damit die Buch­preis­bin­dung für das Medi­um eBook gilt). Das ist etwas ande­res als Tele­me­di­en, die sich auf irgend­wel­chen Ser­vern befin­den und von dort in Form von Web­sei­ten aus­ge­lie­fert wer­den – die aber defi­ni­tiv kei­ne Medi­en sind, die »Büchern wei­test­ge­hend ent­spre­chen«. Ist das Buch ein »elek­tro­ni­scher Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst«? Kei­ne Fra­ge, das könn­te man so sehen. Aber ein Tot­holz­buch ist dann, betrach­tet man es genau, eben­falls ein »Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst«, oder? Anders gesagt: Wenn ein eBook einem Buch »wei­test­ge­hend ent­spricht« und gleich­zei­tig nur eine Dienst­leis­tung ist, wie­viel Platz ist dann noch für ein Tele­me­di­um? Und noch wei­ter: Wenn ein eBook ein Tele­me­di­um und zudem eine elek­tro­ni­sche Dienst­leis­tung ist, hat es sich dann weit genug vom Print­buch ent­fernt, um nicht mehr »wei­test­ge­hend iden­tisch« damit zu sein? Wie unter­schei­den sich Web­sei­ten von eBooks? Was, beim hei­li­gen Guten­berg, ist eigent­lich die genaue Defi­ni­ti­on eines eBooks? Ist nicht eigent­lich jede Web­sei­te, jedes PDF, jeder Stream auf einem sozia­len Medi­um nicht viel­leicht auch ein eBook? Oder auf kei­nen Fall? Denkt mal drü­ber nach.

Um mal einen der wie immer hin­ken­den Ver­glei­che her­an­zu­zie­hen: Hät­ten wir kein Inter­net und hät­te sich ein umfas­sen­des Rohr­post­sys­tem als Lie­fer­dienst für Brie­fe und Bücher eta­bliert (als Steam­punk-Fan mag ich die Idee, ist als Tech­nik­kon­zept deut­lich glaub­wür­di­ger als Waren­an­lie­fe­rung mit Droh­nen), dann blie­ben die Bücher immer noch Bücher, auch wenn sie als »Tele­me­di­um« durch ein Rohr geschos­sen werden.
Oder ganz anders: Wenn ich bei Ama­zon ein Papier­buch bestel­le und es mir von einem Paket­dienst zustel­len las­sen, dann könn­te man das eben­falls als »Tele­me­di­um« bezeich­nen, wenn auch außer­halb des Inter­nets. Auf der ande­ren Sei­te: Nein, ich habe es ja über das Medi­um Inter­net bestellt. Also doch ein Tele­me­di­um übers Inter­net, via Web gekauft und ange­for­dert, aber »ana­log« gelie­fert. Der Inhalt der­sel­be – 50% Telemedium.

Dabei ist beim Papier­buch in glei­cher Wei­se nicht sicher­zu­stel­len, wer das Buch letzt­end­lich erhält, denn es gibt kei­ner­lei Alters­ve­ri­fi­ka­ti­on. Des­we­gen muss ich mich kopf­krat­zend und gesichts­pal­mie­rend fra­gen: War­um wird eine FSK nur auf eBooks pro­pa­giert, die sich in die­ser Hin­sicht aus­schließ­lich durch den Trans­port­weg von Tot­holz­bü­chern unter­schei­den? Und wenn ich mir ein eBook aus­dru­cke? Ist es noch ein Tele­me­di­um oder nicht? Fra­gen über Fra­gen. Was ist, wenn ich ein eBook direkt beim Buch­händ­ler kau­fe? Ist es dann ein Tele­me­di­um? Was ist, wenn ich mir ein eBook auf einem USB-Stick kau­fe? Ist es dann ein Tele­me­di­um? Was ist, wenn ich mir ein Buch kau­fe, es ein­scan­ne und ein eBook dar­aus mache?

Ange­sichts der Rea­li­tä­ten, was Geschäfts­fä­hig­keit und gesun­den Men­schen­ver­stand angeht, wird die­se Geschich­te mit der Alters­ein­stu­fung von eBooks immer skur­ri­ler (man könn­te auch sagen: beklopp­ter), je län­ger man dar­über nach­denkt.Und: Um ein Kon­to bei einem eBook-Ver­käu­fer rechts­gül­tig anzu­le­gen, muss man geschäfts­fä­hig sein und über irgend­ei­ne Art von Zah­lungs­mög­lich­keit ver­fü­gen. Wenn man mal von Paysafe­card und Ähn­li­chen absieht, wird bei allen ande­ren Zah­lungs­for­men Geschäfts­fä­hig­keit Grund­vor­aus­set­zung sein, um über­haupt irgend­et­was online kau­fen zu kön­nen. Denn sonst kann man nicht zah­len. Geschäfts­fä­hig ist man ab 18 Jah­ren. Die Prü­fung, ob ein Kun­de auch tat­säch­lich geschäfts­fä­hig ist, hat bei den Anbie­tern zu liegen.
Damit könn­te man beim Ver­kauf erst ein­mal davon aus­ge­hen, dass der Kun­de auf­grund sei­nes Alters jeg­li­ches Mate­ri­al erwer­ben darf. Eine FSK wäre über­flüs­sig. Damit wären auch Ver­kaufs­platt­for­men rela­tiv ein­fach in der Lage, einen Kon­to­in­ha­ber zu veri­fi­zie­ren, wer es als Anbie­ter noch rechts­si­che­rer haben möch­te, ver­an­lasst zusätz­lich einen Post­ident, um das Alter des Kun­den kon­kret festzustellen.
Danach ist die Nut­zung der gekauf­ten Medi­en genau so, wie bei DVDs oder Com­pu­ter­spie­len (aber nicht bei Print­bü­chern). Klar könn­ten Kin­der 50 SHADES OF GREY lesen, wenn Mut­ter es rum­lie­gen lässt, aber das war bis­her für nie­man­den nur ansatz­wei­se ein Grund, eine FSK auf Tot­holz­bü­cher ein­zu­füh­ren, nicht wahr? Ange­sichts der Rea­li­tä­ten, was Geschäfts­fä­hig­keit und gesun­den Men­schen­ver­stand angeht, wird die­se Geschich­te mit der Alters­ein­stu­fung von eBooks immer skur­ri­ler (man könn­te auch sagen: beklopp­ter), je län­ger man dar­über nachdenkt.

Es blei­ben die Fra­gen, was die beim Bör­sen­ver­ein rau­chen, wie die beim Bör­sen­ver­ein dar­auf kom­men, oder was sie damit bezwe­cken? Dazu fal­len mir ver­schie­de­ne The­sen ein:

Eine FSK-Ein­stu­fung kann nicht jeder her­ge­lau­fe­ne Han­sel durch­führ­ten. Die Ver­la­ge bräuch­ten Jugenschutz­be­auf­trag­te, die das machen. Gro­ße Ver­la­ge schu­len irgend­ei­nen, der nicht schnell genug auf den Baum kommt, und fer­tig. Klei­ne Ver­la­ge und Self­pu­blis­her haben ein Pro­blem, die kön­nen sich kei­nen eige­nen leis­ten. Aber das kann man natür­lich pri­ma als bezahl­te Dienst­leis­tung anbie­te, nicht wahr? Viel­leicht sogar durch irgend­ei­ne Toch­ter­fir­ma des Bör­sen­ver­eins? Und schon klin­gelt die Kasse.

Oder sind die eBooks und die übli­cher­wei­se dafür ein­ge­for­der­ten (oder zu recht­fer­ti­gen­den) Prei­se den alten Män­nern mit Kugel­schrei­bern und Faxen ein Dorn im Auge? Sei­tens der Ver­la­ge wird ja gern pro­pa­giert, dass eBooks gefäl­ligst genau­so teu­er zu sein haben, wie die Tot­holz­va­ri­an­te (selbst wenn Druck und Ver­sand­lo­gis­tik kom­plett weg­fal­len). Will man das eBook als Medi­um auf die­sem Weg der­art dis­kre­di­tie­ren und umständ­lich machen, dass alle Leser zu Kreu­ze gekro­chen kom­men, und reue­voll wie­der auf Pflan­zen­fa­ser lesen? Man könn­te die­sen Ein­druck gewin­nen, dass hier ver­sucht wird, den Sta­tus Deutsch­lands als Ent­wick­lungs­land in Sachen Inter­net und neue Medi­en zu zemen­tie­ren. #Neu­land eben.

Viel­leicht wit­tert man aber auch Mor­gen­duft, ange­lehnt an das, was ich oben bereits schrieb, und hofft, dass man sich auf die­sem Weg mehr oder weni­ger ele­gant der neu erwach­se­nen Kon­kur­renz durch die so über­aus läs­ti­gen Self­pu­blis­her (die­se mie­sen Empor­kömm­lin­ge!) mal eben ent­le­di­gen und so wie in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten wei­ter machen kann?

Wenn das mal kein Trug­schluss ist. Der Jugend­me­di­en­diens­te-Staats­ver­trag hat­te ja bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren im Inter­net für Que­re­len gesorgt. Auch dort woll­ten und wol­len fos­si­le Poli­ti­ker, die sich das Web von ihren Sekre­tä­rin­nen aus­dru­cken las­sen, und nicht wis­sen, was ein Brow­ser ist, Alter­be­schrän­kun­gen für Web­sei­ten ein­füh­ren und bestimm­te Inhal­te erst ab 22:00 Uhr zulas­sen. Wir wis­sen, was dar­aus gewor­den ist. Abseits von öffent­lich-recht­li­chen Medi­en hält sich nie­mand an die­se abstru­sen und völ­lig welt­fer­nen Vor­ga­ben, die ohne­hin ange­sichts eines welt­wei­ten Net­zes kom­plett idio­tisch sind.

Die frei­wil­li­ge Selbst­kon­trol­le wäre genau das: frei­wil­lig. War­um soll­te das bei den Self­pu­blis­hern anders sein? Die frei­wil­li­ge Selbst­kon­trol­le wäre genau das: frei­wil­lig. Ins­be­son­de­re Ein­zel­per­so­nen kön­nen nicht gezwun­gen wer­den, eben­so­we­nig wie Web­sei­ten­be­trei­ber. Sie könn­ten ihre Bücher also auf eige­nen Web­sei­ten feil­bie­ten. Und auch ob Ama­zon sich an eine sol­che Alters­frei­ga­be hält, ist erst ein­mal zwei­fel­haft. Der Hin­weis dar­auf, dass es inhalt­lich kei­ne Unter­schie­de zwi­schen Print und eBook gibt, wür­de mir als Mega­kon­zern erst­mal rei­chen, um wei­ter zu ver­kau­fen, und durch die Instan­zen zu gehen, falls es zu Kla­gen kommt. Dem­nach gäbe es also mög­li­cher­wei­se die Bücher der deut­schen Ver­la­ge nur noch mit Alters­be­schrän­kung, die der Self­pu­blis­her aber ohne. Das wäre ein der­art gigan­ti­scher Knie­schuss der Bran­che, dass ich ver­mut­lich lachend verster­ben oder fei­ernd grö­ße­re Men­gen von Alko­hol miss­brau­chen würde.

Sieht man jedoch, dass der Bör­sen­ver­ein gera­de erst ver­kün­de­te, sich auch für »neue Publi­ka­ti­ons­for­men« wie die Self­pu­blis­her öff­nen zu wol­len, und sieht man die Self­pu­blis­her-Platt­form der Toli­no-Alli­anz, dann soll­te man vor­sich­tig sein, was man tut. Mög­li­cher­wei­se kann man zukünf­tig als Indie Mit­glied des Bör­sen­ver­eins wer­den. Und damit unter­wirft man sich des­sen Regeln – also bei­spiels­wei­se einer FSK, das­sel­be dürf­te für Toli­no-Media gel­ten. Man soll­te sich gut über­le­gen, wo man sei­ne Bücher ver­kauft und wo man Mit­glied ist (dazu zählt in mei­nen Augen übri­gens auch ein »Self­pu­blis­her-Ver­band, der – so ein Zufall – in den­sel­ben Räu­men des Bör­sen­ver­eins gegrün­det wur­de, in denen auch der Ver­le­ger­aus­schuss tagte …).

Aber letzt­end­lich erkennt man in all mei­nen soeben dar­ge­leg­ten Gedan­ken hof­fent­lich, wie hane­bü­chen, völ­lig welt­fremd und fern­ab der durch die moder­nen Medi­en geschaf­fe­nen Rea­li­tät eine FSK aus­schließ­lich auf eBooks ist. Ent­we­der, es gibt eine FSK auf ALLE Bücher, Print eben­so wie eBook oder Hör­buch, oder sie gilt auf kei­nem davon.
Wenn der Bör­sen­ver­ein das ent­ge­gen allem Men­schen­ver­stand ein­füh­ren und durch­zie­hen möch­te, dann könn­te man leicht auf die Idee ver­fal­len, aku­te Hirn­er­wei­chung zu vermuten.

Tat­säch­lich glau­be ich aller­dings, dass ganz ande­re Inter­es­sen dahin­ter ste­cken (oder Dumm­heit. Dumm­heit geht geht als Erklä­rung immer).

Und ich glau­be wei­ter­hin, dass die­se rück­stän­di­ge, rea­li­täts­fer­ne und evo­lu­ti­ons­re­sis­ten­te For­de­rung nach einer FSK auf eBooks allen scha­den wird. Den Autoren, den Lesern, der Bran­che, und dem Land der »Dich­ter und Den­ker« – das sich inter­na­tio­nal wie­der ein­mal zum Affen machen wird. Und dass das Gan­ze – soll­te es tat­säch­lich so kom­men – den Pira­ten­platt­for­men einen immensen Zulauf ver­schaf­fen wird, gera­de im über­aus belieb­ten und ein­nah­me­träch­ti­gen Seg­ment »ab 18«.

Wür­de das so gesche­hen, führ­te das zu einem mas­si­ven Ein­bruch im eBook-Ver­kauf und bei ent­spre­chen­der gesetz­li­cher Umset­zungs­pflicht für jeden auch zu einer mas­si­ven Erschwer­nis für Self­pu­blis­her und mit Sicher­heit zu einem eben­so mas­si­ven Rück­gang von Indies ver­kauf­ter eBooks. Ist es wirk­lich das, was der Bör­sen­ver­ein will? Sich unlieb­sa­mer Kon­kur­renz ent­le­di­gen? Das könn­te in mehr­fa­cher Hin­sicht ins Auge gehen, wäre ein Armuts­zeug­nis und in mei­nen Augen eine fast schon mafi­ös zu nen­nen­de Aktion.

Aber: Wenn alle Stri­cke rei­ßen, könn­te man eine Medi­en­dis­kus­si­on ansto­ßen, ob es eine FSK nicht auch auf Print­bü­cher geben muss. Das lässt sich inhalt­lich völ­lig pro­blem­los ver­tre­ten, ins­be­son­de­re mit dem Ver­gleich zu ande­ren Medi­en. Die Chan­ce, dass so etwas poli­tisch ernst­ge­nom­men wird, ist in mei­nen Augen gar nicht mal schlecht. »Denkt denn kei­ner an die Kin­der???« zieht trotz Zen­sur­su­las Schei­tern mit Stopp­schil­dern immer noch sehr gut.

Und dann wäre die Bran­che so rich­tig am …

Aber so pes­si­mis­tisch bin ich in Sachen Self­pu­bli­shing nicht. Die Erfah­run­gen mit dem Inter­net zei­gen, dass sich die gesam­te Bran­che damit ver­mut­lich selbst abschafft und die Self­pu­blis­her sich nicht dar­an hal­ten wer­den (müs­sen).

p.s.: (Stellt euch mal vor, die Buch­hand­lun­gen müss­ten abge­trenn­te Ecken wie frü­her in den Video­the­ken ein­rich­ten, um »ab 18«-Bücher zu ver­kau­fen. Allein der Gedan­ke amü­siert mich königlich)

Update (11:30 Uhr): Stel­lung­nah­me des Bör­sen­ver­eins auf Face­book:

Es sind noch nicht alle Ein­zel­hei­ten geklärt. Aber vor­erst: Da E‑Books Tele­me­di­en sind, gel­ten für den Ver­trieb von E‑Books die Vor­schrif­ten des Jugend­me­di­en­schutz-Staats­ver­trags. Wir befin­den uns der­zeit in Gesprä­chen mit den Jugend­schutz­be­hör­den der Län­der, um für den Buch­be­reich eine kos­ten­spa­ren­de und res­sour­cen­scho­nen­de Umset­zung der Vor­schrif­ten des Staats­ver­trags zu errei­chen. Vor­ge­se­hen ist, auf die Zwi­schen­schal­tung einer Ein­rich­tung der Frei­wil­li­gen Selbst­kon­trol­le sowie auf Kenn­zeich­nun­gen in den E‑Book-Datei­en zu ver­zich­ten. Statt­des­sen sol­len alle Ver­la­ge, die E‑Books ins Ver­zeich­nis lie­fer­ba­rer Bücher (VLB) mel­den, vor­aus­sicht­lich ab Novem­ber 2015 in einem Pflicht­feld kenn­zeich­nen, ob deren Inhal­te nach ihrer Ein­schät­zung jugend­ge­fähr­dend sind und die Titel des­halb nur für Leser ab 16 Jah­ren zugäng­lich gemacht wer­den dür­fen. Der­ar­ti­ge E‑Books sol­len vor­aus­sicht­lich ab 2017 von allen Online-Buch­han­dels­platt­for­men nur noch in einer spe­zi­el­len Rubrik zugäng­lich gemacht wer­den, die mit einem Jugend­schutz­fil­ter ver­se­hen sein muss. E‑Books mit por­no­gra­phi­schen und ver­gleich­ba­ren Inhal­ten (also ver­gleich­bar FSK 18) dür­fen im Inter­net grund­sätz­lich nur in geschlos­se­nen Nut­zer­grup­pen und nicht auf frei zugäng­li­chen Web­sites ange­bo­ten wer­den. Die geplan­te Rege­lung gilt für Inter­net­an­bie­ter mit Sitz in Deutsch­land. Sie wird nötig, weil für Tele­me­di­en stren­ge­re Jugend­schutz­vor­schrif­ten gel­ten als für gedruck­te Bücher.

Kei­ne wirk­lich neu­en Infor­ma­tio­nen hier, die­sel­be rea­li­täts­fer­ne Her­an­ge­hens­wei­se. Aller­dings wären nur sol­che eBooks betrof­fen, die ans VLB gemel­det wer­den. Ver­mut­lich wol­len sie dann eBooks ohne VLB-Lis­tung (also die von vie­len Self­pu­blis­hern) auto­ma­tisch als »nicht jugend­frei« ein­stu­fen. Ich bin gespannt, ob Ama­zon da mitmacht.

 

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

9 Kommentare for “Kommentar: Der Börsenverein und Altersbeschränkung auf eBooks”

Daniela

sagt:

Hm, laut AGBs muss man eh 18 sein, bevor man sich ein Kon­to bei z.B. Ama­zon ein­rich­ten kann, also kann man eBooks erst kau­fen wenn man 18 ist. Und Por­no­gra­fie ist laut AGBs eh nicht erlaubt ;-). Und dann geht wie­der die schö­ne Debat­te los, was Por­no­gra­fie und was Ero­tik ist :-D. Sind wir dann jetzt prü­der als die Amis? Und wie sieht es mit gewalt­ver­herr­li­chen­den Büchern aus?

Und wenn eBooks jetzt doch Tele­me­di­en sind, dann gilt doch die Buch­preis­bin­dung nicht, da es ja kei­ne Bücher sind. Oder? Also wie jetzt? Siiiiigmaaaaarrrrr!!!!!

Ich stel­le mir das jetzt gera­de aus Leser­sicht vor. Muss man dann für jedes eBook mit FSK 18 ein Post­Ident­ver­fah­ren durch­füh­ren? Was ja auch jedes­mal Geld kostet.
Wel­ches Jahr­hun­dert haben wir noch­ein­mal? Will­kom­men nicht nur im Land der Dich­ter und Den­ker, son­dern auch im Land der Tüft­ler und Ent­wick­ler, wo jeder Fort­schritt arg­wöh­nisch beäugt und blo­ckiert wird. Und die Wirt­schaft klagt über Fachkräftemangel.

Sie soll­ten man weni­ger Faxe schi­cken. Anschei­nend haben die Dämp­fe nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf das Denkvermögen.

sagt:

Eigent­lich ist es per­fekt – weil dann wür­den die Kin­der viel­leicht mehr lesen. Denn wenn »ab 18« oder »jugend­ge­fäh­rend« drauf steht, könn­te es ja inter­es­sant sein .…

Im Ernst – was für ein Blödsinn!

Feuerkatze

sagt:

Viel­leicht wol­len Sie die Gleich­stel­lung von E‑book und Prinz vor­an trei­ben, damit Ihre Idee der Buch­preis­bin­dung mehr Unter­stüt­zung bekommt.

sagt:

War­um soll­te »ihre Idee der Buch­preis­bin­dung« mehr Unter­stüt­zung bekom­men müs­sen? Mehr »Unter­stüt­zung« als durch ein Gesetz geht wohl kaum noch.

ShoDana

sagt:

Also das eBook hat wei­test­ge­hend iden­tisch zu sein mit der Print­va­ri­an­te. Das heißt, dass in bei­den das sel­be drin steht! Muss ich als Leh­re­rin dann auf­pas­sen wel­che Lek­tü­re als nächs­tes im Unter­richt dran kommt? Es könn­te ja sein, dass Schü­ler in der Klas­se sit­zen, die noch kei­ne 16 oder 18 sind, was ja bei 13 Jah­ren Schu­le mit einem Ein­schu­lungs­al­ter von 6,5 Jah­ren auch in der Ober­stu­fe durch­aus vor­kom­men kann. Oder müs­sen dann dem­nächst die Lehr­plä­ne über­ar­bei­tet wer­den, um sicher­zu­stel­len, dass nur »jugend­freie« Bücher im Unter­richt the­ma­ti­siert wer­den? Und wie ist das mit dem Geschichts­un­ter­richt und ent­spre­chen­den Lek­tü­re­tex­ten oder Büchern, die zu Unter­richts­zwe­cken gele­sen wer­den? In der heu­ti­gen Medi­en­welt hat so ziem­lich jeder Schü­ler ein Smart­pho­ne und wird sich ent­spre­chen­de Lek­tü­re eher über die­ses zu Gemü­te füh­ren, als ein »lang­wei­li­ges« Papier­buch zu lesen. Egal, Haupt­sa­che sie lesen es.
Mal ganz ehr­lich, hat von den Nasen jemand wei­ter bis zu sei­ner Nasen­spit­ze oder sei­nem Kon­to­aus­zug gedacht und ist auf die Idee gekom­men wel­che Wei­tun­gen sowas zie­hen kann/wird?

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